Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
Gesichtsausdruck.
    »Natürlich«, sagt Werner Gern und erhebt sich zu seiner vollen Größe. »Das sollten wir allerdings bei einem schönen Abendessen tun.« Er reicht mir die Hand und hilft mir galant aus dem tiefen Ohrensessel.
    Sofort stürzt wieder der gut gekleidete Kellner herbei. »Die Herrschaften möchten speisen?«
    Och ja. Das möchten die Herrschaften. Dieser Job als Agentin einer von mir erfundenen Figur gefällt mir auf einmal wieder. Innerlich balle ich die Faust. Ich schaffe das!
    »Wenn ich ins Restaurant vorgehen darf …« Der Kellner eilt davon, und Werner Gern lässt mir den Vortritt. Als ich mit hochrotem Kopf hinter dem Kellner herschreite, spüre ich Werner Gerns Blick im Nacken. Hamburg: Die Frisur sitzt! Ich muss mich zwingen, nicht mit einem lauten Jubelschrei an die Decke zu springen. Wahrscheinlich bin ich einfach nur total durchgeknallt.

15
    Das Abendessen verläuft ganz anders, als so ein Geschäftsessen normalerweise sein sollte. Schon beim ersten Glas Wein haben wir eine zündende Idee. Wir diskutieren lautstark, mit welchem Schlager wir beginnen könnten.
    »Wir verlegen die Handlung in ein Internat irgendwo auf dem Land«, sprudelt es nur so aus mir heraus. »Der junge Held wird von seinen Eltern dort abgegeben, und als er zum ersten Mal seine Mitschüler sieht, die alle viel stärker und älter sind als er, bekommt er es mit der Angst. Während seine Eltern schon wieder ins Auto steigen, steht er tränenüberströmt er am Fenster und singt ›Bleib bei mir, Papa!‹«
    Werner Gern sieht mich mit funkelnden Augen über seinem Weinglas an: »Ja, das könnte funktionieren. Dann haben wir gleich den Tom-Konrad-Megahit in der Anfangsszene.«
    Ich versuche, meine aufsteigende Röte zu verbergen. »Das ist doch wichtig!« Ich rühre energisch in meiner Spargelsauce, bevor ich sie mir, um Lässigkeit bemüht, über die Vorspeise gieße. Grüne Spargelspitzen mit Lachs.
    »Wie sagten Sie so schön: ›Die Erfolgsmasche. Das ist doch sozusagen die Visitenkarte!‹«, gebe ich zufrieden von mir. »Den Refrain singen dann natürlich alle Kinder, sie rütteln an den vergitterten Fenstern der Klosterschule, unten auf dem Parkplatz stehen die Eltern, Mütter ziehen die Väter weg, steigen in ihre Autos und fahren davon.«

    »Das wäre eine grandiose Szene für das Finale im ersten Akt«, sagt Werner Gern und schaut mich über seinem Vorspeisenteller wohlwollend an. »Moderne Gesellschaftsproblematik, verpackt in eine romantische Schnulze.«
    Eifrig fuchtle ich mit der Gabel und unterbreche ihn. »Die Eltern wollen sich trennen, der Junge soll von alldem nichts merken«, sinniere ich laut, während ich eine Spargelspitze aufspieße und genüsslich in die köstliche Sauce tunke. »Er findet dann Anschluss bei einem Mädchen, das wegen seiner roten Haare gehänselt wird.«
    Werner Gern zeigt mit seiner Gabel auf mich: »›Rote Susi, du gefällst mir so!‹ «
    »Genau«, lache ich erfreut. »Damit haben wir schon Schlager Nummer zwei untergebracht.«
    »Als er sich gerade eingelebt hat und nie wieder nach Hause will, kommt allerdings seine Großmutter und holt ihn ab. Sie bringt ihm Kuchen mit, und er singt: ›Der Kuchen von der Oma ist der beste auf der Welt!‹ «
    »Kennen Sie das etwa noch?«, meint Werner Gern erfreut. »Das war in den Fünfzigerjahren der Hit!«
    Wir singen schon wieder, und die Leute drehen sich befremdet nach uns um. Dass wir hier in einem Fünf-Sterne-Schuppen den Kuchen von der Oma besingen, ist vielleicht etwas unpassend.
    »Da er sich aber in die rote Susi verliebt hat …«, überlegt Werner Gern …, »will er gar nicht mit der Oma nach Hause.«
    »›Zu Hause ist, wo du bist!‹«, rufe ich begeistert. »Das singt dann die Oma, die volles Verständnis für ihn hat, dann passt es wieder.«
    »Keine schlechte Idee«, sagt Werner Gern und schluckt seine letzte Spargelspitze mit etwas Weißwein hinunter. »Wir
müssen die ältere Generation miteinbeziehen. Und vor allen Dingen sympathisch darstellen.«
    So diskutieren und planen wir die ganze Handlung, singen, verwerfen Ideen und beginnen wieder von vorn. Zweimal kommt der Kellner und bittet uns, ein wenig unsere Stimmen zu senken.
    »Wir brauchen im ersten Akt auch noch was aus der Elterngeneration«, überlegt der Produzent.
    »Der Vater will den Jungen nicht hergeben, die Mutter auch nicht, und ein Scheidungsanwalt singt: ›Macht, was ihr wollt, aber macht es gut‹.«
    Wir lachen begeistert. Ich freue mich wie

Weitere Kostenlose Bücher