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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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dunkelbraunen Augen. Der Dreitagebart betont die Ähnlichkeit mit George Clooney zusätzlich. Ich darf ihn nicht so anstarren!
    Ich hacke Buchstaben in meinen Laptop, aber sie ergeben keinen Sinn. Meine Finger zittern. Ich treffe keine einzige Taste. Buchstabensalat.
    Mein Herz hämmert. Da sitzt er! Zum Greifen nah! Ich muss mir jetzt ein Herz fassen. Ich muss ihn ansprechen. Ein zweites Mal darf ich ihn nicht entwischen lassen. Die Zeit drängt! Oh, oh Gott. Ich sollte … Ich nehme meinen Schminkbeutel aus der Handtasche. Vielleicht sollte ich kurz Lippenstift auflegen? Oder zumindest meine Haare ordnen? Wieso habe ich heute nur dieses blöde alte lila T-Shirt an? Mit dem verwaschenen Saum? Was habe ich mir nur dabei gedacht, als ich es angezogen habe? Hätte ich gewusst, dass ich »Sebastian Richter« treffe, wäre ich vorher mindestens zum Friseur gegangen! Und hätte mein rotes Marc-Cain-Kleid mit den schwarzen Tupfen angezogen! Ich spähe über den Rand meiner Sonnenbrille vorsichtig zu ihm hinüber. Er liest konzentriert den Kulturteil. Soll ich … Soll ich einfach … Mein Herz holpert so merkwürdig. Ich trau mich nicht.
    Ich fühle mich wie ein dummes kleines Mädchen, das alles falsch gemacht hat. Und das habe ich ja auch! Meine Beine sind wie Pudding. Ich muss doch nur aufstehen und zwei Meter hinübergehen! Warum schaffe ich das nicht?
    Ich könnte ganz keck fragen: Ist hier noch frei? Oder: Brauchen Sie die Zeitung noch? Oder: Sind Sie nicht George Clooney?
    Während ich mir noch das Hirn zermartere, wie ich den armen Mann ansprechen kann, ohne ihn zu verschrecken,
stürmen plötzlich zwei Touristinnen mit gezückten Notizblöcken herbei. Sie haben bunte Nicki-Halstücher um, tragen Jeans, Turnschuhe und Rucksäcke. Eine von ihnen hat einen Fotoapparat in der Hand. Was wollen die denn? Die wollen doch nicht meinen heiligen, unberührbaren »Sebastian Richter« beim Zeitunglesen stören?! Hilfe! Setzen die sich jetzt etwa dazu?
    Haut ab, ihr Trampel!
    »Entschuldigung, dass wir Sie hier einfach ansprechen«, stammelt die Erste mit roten Flecken im Gesicht vor lauter Aufregung. »Aber wir hätten gern ein Autogramm.«
    Ihr Akzent ist unverwechselbar deutsch. Meine Güte, denke ich, so klinge ich auch, wenn ich den Mund aufmache. Greta hat schon recht: Ich sollte einfach stumm bleiben und lächeln.
    Richard Berkenbusch schaut ratlos, aber freundlich lächelnd von seiner Zeitung auf.
    »Meinen Sie mich?« Er zeigt fragend auf seine Brust und schaut sich suchend um.
    »Ja, natürlich«, giggelt die Erste, und die Zweite kichert: »Süüüß!«
    »Aber wieso wollen Sie von mir ein Autogramm? Ich bin doch nicht prominent!«
    Die beiden Frauen erstarren. Eine von ihnen wird so rot wie ihre Bluse.
    »Sind Sie NICHT Sebastian Richter?«
    »Nein«, sagt Richard mit ehrlichem Bedauern. »Sie müssen mich verwechseln.«
    Genau wie George Clooney in der Kaffeewerbung!
    »Oh Mann, ist das peinlich «, kreischt nun die andere, und fluchtartig trampeln beide die Wendeltreppe wieder hinunter. Dort warten andere Weiber und harren der beiden. »Isser
gar nich!«, gesteht die Vorhut, und alle brechen in hysterisches Gelächter aus. »Wie peinlich !«
    »Ich happes doch gleich gesacht«, prustet eine mit wirren Locken und übergroßer Handtasche.
    »Der sieht dem nur ähnlich !«
    »Aber sooo was von täuschend ähnlich!«, wiehert eine Zweite, die sich vor Lachen auf die Schenkel schlägt. »Mensch, ich hätte so irre gern ein Autogramm von dem gehappt!«
    Eigentlich könnte ich ein paar von der Brüstung werfen, denke ich. Ich habe sie ja griffbereit in der Handtasche. Unterschrieben sind sie auch schon.
    »Lasst uns bloß hier wech«, ruft nun die, die gefragt hat. Unter wieherndem Gelächter und Hyänengeheul setzt sich die deutsche Hausfrauentruppe in Bewegung.
    Ich beiße mir auf die Lippen. Meine Fingerknöchel, die sich an die Tischkante krallen, sind weiß. Gleich falle ich in Ohnmacht.
    Richard nimmt seine Sonnenbrille ab und schaut mich aus seinen Wahnsinnsaugen an. »Das passiert mir in letzter Zeit öfter«, sagt er mit seiner samtenen Stimme, als sei er mir eine Erklärung schuldig.
    »Was meinen Sie?«, stammle ich, während ich versuche, nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen.
    »Dass fremde Frauen mich um ein Autogramm bitten. Ich scheine da offenbar jemandem sehr ähnlich zu sehen.«
    Ich balle die Fäuste unter dem Tisch. Jetzt! Jetzt! Das ist meine Chance! Er spricht mit mir! Er hat das Thema

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