Die Erfolgsmasche
zeigst, wie man so was macht?«
Schon schleppen zwei aus Gretas Gefolge das sperrige Bügelbrett herbei, der Klon zückt das Bügeleisen, und Greta steckt den Stecker ein. Partystimmung.
»So. Und jetzt?« Alle versammeln sich um das Bügelbrett wie Pathologen um einen Seziertisch und verschränken die Arme vor der Brust.
»Da muss destilliertes Wasser rein«, befindet Siegfried. »Habt ihr so was?«
Dienstbeflissen latsche ich ins Badezimmer und hole die Flasche, die auf dem Bord neben der Waschmaschine vor sich hin destilliert.
»So, junger Mann. Und jetzt schaust du mir mal genau
zu!« Ich kann es kaum fassen! Siegfried krempelt die Ärmel hoch, putzt sich erneut die Brille, die schon wieder beschlagen ist, und bügelt mit geübten Griffen die beknopfte Vorderseite des weißen Hemdes. Dann dreht er es geschickt, zupft es über dem Bügelbrett zurecht und reicht dem verblüfft zuschauenden Alex das zischend heiße Eisen: »Jetzt bist du an der Reihe.«
»Ja, äh, aber ich weiß doch nicht, wie ich das Ding anfassen soll. Oh, heiß, das dampft ja vielleicht … scheiße eh, ist das heiß!«
Alex streicht mit dem heißen Eisen über die Rückseite seines Hemdes und lacht verlegen. Die andere Hand zuckt panisch zurück, sobald er sich zu verbrennen droht.
Das Hemd ist ein einziger Faltenwurf. Ein verknubbelter Haufen heiße Falten. Alex lacht hilflos und schaut mich fragend an. Ich lächle und verschränke meinerseits die Arme vor der Brust.
Siegfried zeigt und hilft, führt Alex die Hand. Das blonde Gift lehnt abwartend am Kühlschrank und trinkt ein Bier aus der Flasche. Ihre wasserblauen Augen folgen jeder seiner Bewegungen, so als kontrolliere sie, ob der Mann eines Tages alltagstauglich sein wird oder nicht.
Die anderen haben einen Halbkreis um das Bügelbrett gebildet und rufen im Sprechchor »A-lex, A-lex, A-lex!« und klatschen anfeuernd.
Ich werfe Siegfried einen anerkennenden Blick zu und ertappe mich schon wieder bei dem Gefühl, wir wären ein altes Ehepaar.
»Äh Mama, kannst du hier mal weitermachen?«, quietscht Alex hilflos.
»Du schaffst das schon«, sagt Siegfried und schiebt mich aus der Küche. »Ich gehe jetzt mit deiner Mutter einen Laptop
kaufen. Und vergesst nicht, den Stecker zu ziehen, wenn ihr fertig seid!«
Meine nächste Kolumne steht. Sebastian Richter bringt seinem Sohn das Bügeln bei.
24
Jetzt habe ich einen Laptop! Ein schneeweißes, kleines, handliches, flaches (!!!) Teil, das im Grunde alles kann, was mein inzwischen aufs Wort gehorchender Äppel zu Hause auch kann. Nur, dass diese Miniaturausgabe seines häuslichen Vorbildes auch noch gern Gassi geht! Superstolz trage ich das elegante Ding in einer gepolsterten knallroten Tasche mit mir herum und komme mir wahnsinnig cool und busy vor.
Siegfried war gestern geschlagene vier Stunden hier, um mir das Notebook genau so einzurichten, dass ich wirklich nur den USB-Stick vom Haushund auf den Straßenköter umstecken muss. Und selbst das haben wir ungefähr dreißigmal geübt.
Nun sitze ich wie eine wahnsinnig beschäftigte Geschäftsfrau im Café Bazar unter einer blühenden Kastanie und sauge den Duft aus weißen Blütenkelchen begierig ein. Mensch, ist das schön hier! Und das habe ich mir alles entgehen lassen, nur um für Sebastian Richter in meiner fensterlosen Mansarde ein Musical zu schreiben?!
Die Kinder sind in der Schule, ich habe mein Joggingpensum hinter mir und dabei neue Ideen gesammelt. Nun weiß ich auch, wie ich die letzten beiden Schlager unterbringe. Ich habe wieder mal eine Figur rausgeworfen und eine andere eingesetzt. So passt der Text. So wird es glaubhaft. Schon
freue ich mich auf das nächste Telefonat mit Werner Gern. Ich werde ihm meine neue Idee - Sebastians neue Idee - brühwarm mitteilen. Bei der Gelegenheit kann ich ja auch schon mal einfließen lassen, dass Sebastian sich in letzter Zeit gar nicht so wohlfühlt und ein paar Tage vom Bett aus arbeiten musste. Er hustet auch so komisch, und ich wollte mich nicht anstecken.
Ja, das könnte funktionieren. Zufrieden greife ich zu meinem Milchkaffee. Während ich einen großen Schluck nehme und mir verstohlen den Schaum von der Lippe wische, schaue ich mich unauffällig um: Alle Tische auf der schattigen Terrasse sind besetzt. Die üblichen Zeitung lesenden Anwälte, Banker, Juweliere und Geschäftsleute sitzen hier. Früher habe ich hier nur mein voll beladenes Fahrrad vorbeigeschoben und fühlte mich den taxierenden Blicken dieser
Weitere Kostenlose Bücher