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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Kuckuckskind kam hinter uns hergeflattert.

    »Du bleibst zu Hause«, habe ich gerufen, aber es krabbelte einfach ins Auto. Es ist immer da, wo Greta ist. Das hätte ich langsam wissen müssen.
    Der Klon hielt das Handtuch, Greta spuckte hinein, und ich fuhr wie von der Tarantel gestochen über rote Ampeln.
    Um vier Uhr dreißig saßen wir in der Notaufnahme des Krankenhauses. Dort wurde die Blutung mithilfe einer Riesennadel, die man meinem armen Kind in den Hals jagte, vorläufig gestillt.
    Jetzt ist es halb sieben, und es waren immerhin schon drei Schwestern und ein Arzt bei uns. Letzterer war sehr jung und wirkte äußerst übernächtigt. Er stocherte mit allerlei furchterregendem Besteck in Gretas Hals herum und sagte besorgt: »Die Mandeln sind total vereitert und taubeneigroß. Sie müssen sofort raus.«
    Na prima. Ich habe ja sonst nichts vor in nächster Zeit.
    Nun sitzen wir schon eine Ewigkeit in diesem tristen Flur, neben uns Patienten, die auch nicht wirklich gute Laune ausstrahlen. Mir knurrt entsetzlich der Magen, und ich gäbe alles für eine Tasse Kaffee.
    »A bissl dauerts noch, gell?«, sagt eine rundliche Schwester im hellblauen Kittel, als sie uns sieht. »Bist nüchtern?«
    Greta nickt unter Tränen, der Klon starrt blass vor sich hin. So völlig ungeschminkt habe ich Toni noch nie gesehen. Sie kaut auf ihrem Piercing herum.
    »Rheinfall, Greta?«, wird Greta aufgerufen. »Bitte zur Anmeldung.«
    Wir springen auf. Der Klon folgt uns unauffällig. In der Anmeldung warten etwa zwanzig Personen vor einem Glasschalter.
    »Dauert jetzt a bissl«, sagt eine freundliche Frau im hellblauen Kittel. »Dürfens derweil Platz nehmen.«

    Gut. Jetzt sitzen wir also hier. Immerhin haben wir es vom überfüllten Flur in das überfüllte Wartezimmer der Anmeldung geschafft.
    Nach etwa einer halben Stunde sagt eine freundliche Schwester im hellblauen Kittel zu uns: »Dürfens schon weiterkimma.«
    Wir trippeln hinter der hellblauen Friedenstaube her und siehe da: Ein kleiner Untersuchungsraum tut sich auf. Inzwischen ist meinem Küken so schlecht, dass man es auf eine Liege bettet und ihm eine Infusion legt. Ich sitze besorgt daneben und halte Händchen. »Geil, Toni, da müssen wir heute die Matheprüfung nicht mitschreiben«, krächzt mein Kind mit letzter Kraft.
    Mo-ment. Ich kann unmöglich zulassen, dass Toni die letzte wichtige Matheprüfung nicht mitschreibt!
    »So. Du kommst jetzt mit. Ich fahre dich zur Schule«, höre ich mich mit fester Stimme sagen. »Keine Diskussion.« Ich setze einen Blick auf, unter dem Tischbeine einknicken und einem das Blut in den Adern gefriert. Und das Wunder geschieht: Toni schleicht blass und stumm hinter mir her, während ich fluchend über den überfüllten Parkplatz renne. Wo steht denn nur mein Auto? Wo habe ich es denn heute Nacht hingestellt? Ich muss mich beeilen, denn ich will wieder bei Greta sein, wenn sie endlich drankommt! Bestimmt brauchen die Ärzte eine Unterschrift von mir oder so!
    Oh. Noch ein Wunder: Aus meinem kleinen schäbigen Leasingauto ist auf einmal ein großer glänzender Kombi geworden. Mist. Als ich hier heute Nacht ankam, habe ich das Schild an der Mauer noch nicht gesehen. Es trägt die Aufschrift: »Reserviert für Chefarzt Dr. Auer«.
    Ich fluche und raufe mir die Haare. Mit plötzlicher Entschlossenheit zerre ich Toni zum Taxistand.

    »So. Da steigst du jetzt ein.« Ich renne um den Wagen herum und sage dem Fahrer: »Sie bringen mir das Mädchen bitte ins Hochbegabten-Gymnasium. Lassen Sie sich nicht davon abbringen. Sollte das Mädchen behaupten, es sei nicht hochbegabt, glauben Sie ihm kein Wort. Hier sind fünfzehn Euro. Der Rest ist für Sie.«
    Fünf Minuten später stehe ich wieder an Gretas Lagerstatt. Meine arme Kleine - täusche ich mich, oder atmet sie schwer? Hat sie nervöse Zuckungen? Was macht sie denn da? Hyperventiliert sie? Bei näherem Hinsehen erkenne ich die typische Handbewegung: Sie simst.
    Zum Glück kommt jetzt ein Arzt im weißen Kittel hereingeweht, schaut meiner armen Greta in den vereiterten Hals und sagt besorgt: »Prominente Mandeln. Die rechte dreimal so groß wie die linke.«
    Also, dass Mandeln prominent sein können, das ist mir neu. So was hat meine Tochter im Hals? Ich wusste schon immer, dass sie etwas Besonderes ist.
    Greta erträgt die Diagnose mit stoischer Gelassenheit.
    Man bringt mir eine Menge Formulare, die ich ausfüllen soll. Da Greta mit SMS-Schreiben beschäftigt ist, mache ich mich allein

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