Die Erfolgsmasche
mir so etwas ja nie selbst sagt, weil sie nicht mit mir spricht. Auch, dass ich für Toni mitdecke und wieder abdecke, das Bett beziehe und morgens eine Flasche Mineralwasser, eine Packung Taschentücher, wahlweise OBs, meine Seidenpyjamahose und andere Utensilien aus ihrem Bett hole, damit ich ihre Decke aufschütteln kann.«
»Brauchst du ja nicht, Mama, verlangt ja keiner!«
Greta starrt mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Toni ist meine Freundin und …«
Ich bin noch nicht fertig.
»Es stört mich auch, dass Toni in meiner glänzenden Seidenstrumpfhose rumläuft, die sie sich ganz selbstverständlich aus meiner Wäscheschublade im Schlafzimmer geholt hat, wo sie originalverpackt lag.«
»Die war aus dem Dromarkt. Ganz billig.«
Ich fasse es nicht. Soll ich mich jetzt auch noch dafür bedanken, dass sie sich nicht die Wolford-Strümpfe geholt hat?
»Irgendwann ist Schluss!«
Schnaufend lasse ich mich auf einen Küchenstuhl fallen. Natürlich haben die Damen ihr Geschirr mitsamt den Essensresten noch nicht abgeräumt. Aber ich muss wohl froh sein, dass sie sich überhaupt etwas gekocht haben und nicht stumm verhungert sind, während ich mit meinem Traummann Händchen gehalten habe, statt mich um die Kinder zu kümmern.
»Mama, du hast gesagt, sie soll sich wie zu Hause fühlen!«
»Ja, das habe ich vor über zwei Jahren wahrscheinlich mal gesagt. Als das damals noch liebe, schüchterne Kind zum ersten
Mal bei uns auftauchte. Ich habe aber nicht gesagt: ›Zieh bei uns ein und benutze selbstverständlich alle Dinge, die du in meinem Haushalt findest. Besonders herzlich bist du dazu eingeladen, meine originalverpackten Strumpfhosen, meine Schminkutensilien und meine Nachtcreme zu benutzen.‹«
»Mama, was ich benutze, das benutzt eben auch Toni!«
Ich schiebe mit einer müden Handbewegung die schmutzigen Teller, das Besteck, die Ketchup-, die Maggiflasche und die benutzten Servietten beiseite. »Wenn ihr wenigstens aufräumen würdet! Aber ihr lasst alles stehen und liegen! Ihr lasst die Lichter an und die Fenster offen, sodass die Mücken reinkommen. Ihr lasst die Wäsche auf dem Fußboden liegen - nach jedem Handtuch muss ich mich bücken -, und überall finde ich eure langen schwarzen Haare! Sogar in meinem Bett! Als ihr noch blond wart, fiel es wenigstens nicht so auf. Ich bin nicht eure Putzfrau!«
So wollte ich nie reden, ehrlich, ich schwör’s. Diese Worte wollte ich nie über die Lippen bringen. Zum Glück habe ich nicht noch hinzugefügt: »Ihr seid meine Sargnägel, und Gott hat mich mit euch gestraft.« Das habe ich mir gerade noch verkniffen. Ich habe meine Hormone noch im Griff. Obwohl ich heute so durcheinander bin.
»Wir räumen ja auf«, setzt Greta dagegen. »Wenn Toni nach Hause kommt.«
Inzwischen ist es lange nach dreiundzwanzig Uhr. Ich habe, wie schon erwähnt, bei »Gutmütigkeit« und »Langmut« ziemlich laut »Hier!« geschrien, aber jetzt spüre ich so etwas wie nackte Wut. An der Wutbude bin ich wohl doch vorbeigekommen. Auch wenn die Wut noch originalverpackt war - eingeschweißt -, jetzt bricht sie sich Bahn!
»Toni kommt heute nicht nach Hause«, sage ich mit erstaunlich kalter Stimme. »Jedenfalls nicht in unser Haus.
Gern kann sie zu sich nach Hause gehen. Und den Rest mit ihren Eltern diskutieren. Zum Beispiel, wo sie sich um diese Zeit herumtreibt.«
»Mamaaaa!«, heult Greta plötzlich auf. »Das kannst du ihr nicht antun!«
»Und ob ich das kann«, schnaube ich. »Siehst du ja!«
»Mamaaaaa! Die kann nicht mehr nach Hause!«
»Was du nicht sagst«, entrüste ich mich. »Und zu mir auch nicht. Mir reicht’s!«
Wütend fange ich an, die schmutzigen Teller abzuräumen.
Zu meiner Überraschung springt Greta auf und reicht mir das Besteck. Als ich mit Schwung die Spülmaschine öffne, stelle ich fest, dass sie zum Bersten voll ist. Mit schmutzigem Geschirr. Das darf doch nicht wahr sein! Wütend stemme ich die Hände in die Hüften: »Hatten wir die Küchendienste nicht eindeutig verteilt? Du kümmerst dich um die Wäsche und Toni um das Geschirr? Ihr beide bringt täglich den Abfall runter? Das hatten wir genau so besprochen!«
Jetzt höre ich mich original an wie Elvira Berkenbusch.
»Die Spülmaschine spült nicht mehr richtig! Was kann Toni denn dafür!«
»Na klar, weil ihr sie mit Essensresten überlastet! So ein angetrocknetes Zeug muss vorgespült werden!«
Ich könnte platzen vor Frust, als ich das gammelige Geschirr aus der Spülmaschine
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