Die Erfolgsmasche
tolles Musical geschrieben, ich schreibe tolle Kolumnen, und die Frauen lieben mich!«
Nanu, was ist denn in den gefahren? So kenne ich ihn ja gar nicht!
»Ein Musical, ein Musical! Wann kommt das raus?«, zwitschern die Friedenstauben aufgeregt auf dem geharkten Parkweg.
»Also dann«, ruft Werner Gern dazwischen. »Ich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit Ihnen, Frau Kopf. Und natürlich darauf, Sebastian Richter endlich kennenzulernen! Bis nächste Woche also! Ich schicke Ihnen wieder meinen Fahrer! Ach, und noch etwas, Frau Kopf: ein Doppelzimmer oder zwei Einzelzimmer?«
Ich unterdrücke ein Glucksen. »Zwei Einzelzimmer natürlich, Herr Gern«, sage ich mit gespielter Empörung. »Ich bin seine Managerin. Habe ich das nicht deutlich gesagt?«
30
So. Endlich, endlich sind wir allein. Die Krankenschwestern haben von uns abgelassen.
»Was hat das alles zu bedeuten?«, fragt Richard. Er sieht irritiert aus. Mit einer fahrigen Bewegung streicht er sich die Haare aus dem Gesicht. Die Euphorie, die ihn so plötzlich angeflogen hat, ist schlagartig verschwunden.
»Ich glaube, du hast mir einiges zu erklären«, sagt Richard streng.
»Können wir bitte irgendwo anders hingehen?«, sage ich flehend. Ich kann diese Autogrammjägerinnen nicht mehr ertragen.
Richard packt mich fest entschlossen am Arm und führt mich zu seinem Auto. Schweigend öffnet er die Beifahrertür.
Schuldbewusst lasse ich mich auf den Sitz fallen und schaue ihn von der Seite an. Wie soll ich nur anfangen? Es kommt wirklich selten vor, dass mir die Worte fehlen. Aber jetzt fühlt sich mein Mund an, als hätte ich eine Wolldecke verschluckt.
Richard lenkt den Wagen auf die Hauptstraße und biegt am Leopoldskroner Weiher in Richtung Kommunalfriedhof ab.
»Wohin fahren wir?«, frage ich schüchtern.
Richard antwortet nicht. Seine Kiefer mahlen. Gut. Er hat zwar vorhin mitgespielt, ist aber bestimmt wahnsinnig enttäuscht von mir. Er hat sich etwas anderes vorgestellt, als er zu
mir ins Krankenhaus kam. Nicht, dass ich ihn nur für meine Zwecke benutzt habe. Er hat geglaubt und wahrscheinlich sogar gehofft, dass ich ihm meine Liebe gestehe. Und er wollte mir die seine gestehen.
Warum tue ich es dann nicht einfach? Ich liebe ihn doch! Oder bin zumindest bis über beide Ohren in ihn verknallt! Aber ich schaffe es nicht. Das ist nicht der richtige Moment. Erst muss ich alles klarstellen, darf ihn dabei aber nicht kränken. Meine Gedanken drehen sich im Kreis.
Wir sitzen schweigend im Auto, bis er endlich vor einem niedlichen kleinen Haus mit Holzschindeln, Blumenbalkon und Steinskulpturen im Garten hält. Moment mal, Steinskulpturen ?
Schüchtern schaue ich mich um: »Wohnst du hier?«
Richard öffnet ein schmiedeeisernes Tor, das leise quietscht. Irgendwie bekomme ich eine Gänsehaut bei diesem Geräusch. Wir gehen durch einen Vorgarten, und da öffnet sich auch schon die Haustür, und eine freundlich dreinblickende alte Dame streckt lächelnd die Hände aus: »Richard! Jetzt bringst du das Mädel endlich daher!«
Das ist doch … die Frau kommt mir bekannt vor! Und überhaupt! Das kleine Holzhaus! Die … Steinskulpturen!
Ist das etwa … kann sie es sein? Es ist schließlich zwanzig Jahre her, seit ich damals …
Das … Mädel? Meint sie mich? Hat Richard etwa von mir erzählt?
»Mutter, das ist Sonja Rheinfall. Sonja, das ist meine Mutter.«
Das ist Richards Mutter? Meine süße, kleine, freundliche Gastmutter von damals?
»Kommen Sie herein! Ich bin Charlotte Vital.« Die zierliche alte Dame hat ein unglaublich herzliches Lächeln.
Jetzt wird alles gut!
Bevor ich irgendetwas stammeln kann, drückt sie beherzt meine Hand und führt uns in eine Art Gartenlaube, wo schon drei Gläser und eine Karaffe Saft auf dem Tisch stehen. Fast so, als hätte sie uns bereits erwartet. Ich sehe mich heimlich um, rieche das Holz, mustere die bunten Vorhänge.
Ja. Das ist es. Hier war ich damals untergebracht, bei Mechthild, meiner Kursfreundin, auf der Matratze! Und diese Steinskulptur hat sie damals geküsst, als wir die Vermieterin rausgeklingelt haben, nachts um zwei. Und die hat nur gelacht und nicht geschimpft …
»Mein Sohn hat mir schon so viel von Ihnen erzählt«, sagt die freundliche Frau Vital.
»Von mir?« Ich lasse mich völlig verdattert auf einen dunkelgrünen Klappstuhl sinken.
»Ja, er sagt, Sie sind die schlechteste Klavierlehrerin der Welt und können noch nicht mal D-Dur vom Blatt spielen!« Sie lacht sich
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