Die Erfolgsmasche
Managerin ausgegeben und es mit der Verzögerungstaktik versucht. Eine Zeit lang hat das ziemlich gut geklappt.«
Richard sieht überrascht auf. »Du bist also meine Managerin!
Ach, deshalb hattest du die Autogrammkarten in der Tasche! Du spielst also schon länger mit mir wie mit einer Marionette und führst mich der deutschen Öffentlichkeit vor, ohne dass ich etwas davon weiß!« Richard stößt ein schnaubendes Lachen aus.
Mit voller Wucht erkenne ich, wie ausgenutzt er sich fühlen muss. Erst von Elvira, die ihn für ihre versponnene Tiertherapie einspannen wollte, und jetzt … von mir.
Mir wird heiß. Ich muss das klarstellen! Meine Hände krallen sich in den Saum meines Kleides.
Ich gebe mir einen Ruck.
»Ich wollte nicht mit dir spielen, Richard! Ich habe nur dein Bild benutzt! Für mein Phantom, Sebastian Richter! Ich dachte, das reicht. Aber jetzt musst du nach Hamburg auf eine Pressekonferenz, weil du ein tolles Musical geschrieben hast.«
»Habe ich aber nicht.«
»Nicht du , sondern Sebastian Richter!«
»Den es gar nicht gibt«, unterbricht Richard mich trocken. » Du hast das Musical geschrieben. Und die Kolumnen.«
Er klingt vorwurfsvoll, richtig verbittert.
»Es tut mir leid, wirklich! Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass du mich nicht hängen lässt. Ohne dich komme ich aus dieser Nummer nicht mehr raus!« Ich sehe ihn flehentlich an, doch er weicht meinem Blick aus.
Seine Mutter mustert mich besorgt. Sie sieht mich verständnisvoll an und zwinkert mir unmerklich zu. Ich zupfe an meinem Kleid herum, weiß gar nicht, wie ich sitzen soll. Plötzlich fühle ich mich, als hätte ich ein schreckliches Verbrechen begangen.
Und das habe ich ja auch! Im Grunde ist das alles vorsätzlicher Betrug.
»Warum sollte ich da mitspielen?«, fragt Richard kühl. »Mich weiterhin zum Hampelmann machen lassen?«
Ich öffne automatisch den Mund, um etwas zu antworten, aber plötzlich fällt mir nichts mehr ein.
»Zeigen Sie mal her, Sonja.« Die Mutter streckt fordernd die Hand nach den Autogrammkarten aus und betrachtet schmunzelnd das Bild: »Das hat Elvira vor Jahren in Auftrag gegeben. Sie wollte, dass Richard auf ihrem Gnadenhof Konzerte gibt, für die Tiere.« Sie legt ihrem Sohn die Hand auf den Arm: »Aber Richard wollte nicht vor Schweinen und Eseln spielen. Und das kann ich auch verstehen.«
»Jedenfalls hat Elvira das Foto nicht mehr abgeholt, als ich mich weigerte, im wahrsten Sinne des Wortes Perlen vor die Säue zu werfen«, sagt Richard. »Und damit ging unsere Ehe dann auch endgültig den Bach hinunter.«
In das plötzliche Schweigen hinein sagt Richards Mutter: »Neulich, im Supermarkt an der Kasse. Da hielt mir eine Frau so ein Blättchen unter die Nase und fragte: ›Ist das nicht Ihr Sohn?‹«
Ich erstarre. »Und? Was haben Sie gesagt?«
»›Mein Sohn spielt nicht Klavier für Ziegen und Gänse, und er schreibt auch keine Kolumnen für sie.‹ Das habe ich gesagt. Ich hatte aber meine Brille nicht dabei.«
»Und wie soll dieses Spiel jetzt weitergehen?« Richard schaut mich abwartend an. Seine Augen sind fast schwarz.
»Tja«, sage ich verlegen. »Das Problem ist …« Ich drehe das Glas so nervös in meinen Händen hin und her, dass es mit fettigen Fingerabdrücken übersät ist. »Also, das größte Problem besteht darin, dass sie eine Homestory wollen. In vier Tagen. Mit Kindern. Und Hund. In Sebastian Richters Haus.« Ich stelle das Glas verlegen ab und knete meine Finger. Ich weiß nicht, wo ich hinschauen soll. »Ich habe nämlich ein
nettes kleines Einfamilienhaus beschrieben. Mit Garten. Und Kamin.« Ich schlucke. »Und … mit Steinskulpturen.«
Richard lässt mich nicht mehr aus den Augen.
»Dann nehmt doch meins«, ruft die Mutter froh. »Endlich kommt hier mal Leben in die Bude! Stimmt’s, Richard? Du bist ein schöner Mann. Das sollen ruhig alle sehen!«
Mir bleibt der Mund offen stehen. »Das würden Sie machen?«, frage ich fassungslos. »Das würden Sie wirklich machen?«
»Kommt in Ihren Kolumnen auch eine Oma vor?«, fragt sie hoffnungsfroh.
»Leider nein …« Ich hebe entschuldigend die Hände. »Sebastian ist komplett alleinerziehend.«
Richard schaut mich nur fassungslos an und schüttelt den Kopf. Mein Mund ist ganz trocken. Oh Gott. Wenn er mich jetzt rauswirft! Wenn er jetzt sagt, er spielt nicht mit!
Er verschränkt die Arme vor der Brust und wirft den Kopf in den Nacken. Er starrt an die Decke der Gartenlaube. »Das begreife ich nicht«,
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