Die Erlösung der Frauen (German Edition)
offensichtlich die ersten Gäste an diesem noch recht frühen Abend und die ganze Stimmung erinnerte an einen gerade erst geöffneten Burgunder , wie Johann vermerkte, den man eigentlich erst mal noch eine Weile stehen lassen müsse. Trotzdem kam er gleich direkt zur Sache, denn man sei ja nicht hier, um sich mit Präliminarien aufzuhalten. Zunächst erkundigte er sich beim Barmann nach der Champagner-Auswahl. Der vermutlich homosexuelle, äußerst reservierte Herr um die fünfzig trug einen Schnauzbart und einen Anzug mit Fliege. Er war die Karikatur eines englischen Butlers, förmlich, aufmerksam und kultiviert, doch mit dem Charme eines Wurstverkäufers im Supermarkt. Johann war auch nicht sonderlich zufrieden mit dem Angebot, es gab nur die gewöhnlichen Bruts und keine besonderen Jahrgänge. Schon wieder deutlich missmutiger gestimmt, bestellte er drei Flaschen Veuve Cliquot und schien sich an dieser Stelle sogar für einen Moment über den vollkommen überhöhten Preis zu ärgern. Dann trug er der Geschäftsführerin auf, den Whirlpool bereit zu machen und alle fünf Mädchen dort zu versammeln, was diese freundlich quittierte, allerdings hinzufügte, dass man zunächst das Finanzielle regeln müsse. Johann musste also wieder zurück zur Theke am Eingang, wo er zunächst die Poolgebühr bezahlte. Danach standen die fünf Mädchen mit ihren Kartenterminals Schlange, auf denen die Namen Jenny, Nana, Aria, Svetlana und Lolita standen. Nach dieser nervtötenden Prozedur war Johanns gute Laune endgültig wieder verflogen.
So eine Bürokratenscheiße! Da kann ich beim nächsten Mal gleich meinen Steuerberater mitnehmen. Das ärgert mich immer wieder, dass Niveau einfach nicht käuflich ist. Es ist sogar so, dass allein die Käuflichkeit einer Sache ihr schon jegliches Niveau nimmt. Und dann kommt noch dazu, dass die Reichen heute alle Proleten sind, vor allem in Deutschland. Die freie Marktwirtschaft hat das Geld plebejisiert, genau wie im alten Rom. Und dann kommt sowas dabei raus. Ein vollkommen stupider Materialismus ohne Geist und ohne Größe. Eklektizismus, Nachahmung, sinnlos, leer, erkünstelt, ohne innere Form, ohne Würde!
Was hast du denn erwartet?
Dass wenigstens der Versuch gemacht wird, das zu kaschieren. Der Versuch einer Illusion, die funktioniert, weil sich jemand was dabei gedacht hat. Im Kino funktioniert das doch auch.
Bei dem Wort Kino musste Donald ganz unverhofft an Alexia denken und er fragte sich, wo sie wohl gerade war. Inmitten dieser Kunstwelt und Johanns Scheinproblemen erfasste ihn ein regelrecht romantisches Gefühl, ganz so als ob ihre Affäre etwas höheres und würdevolleres sei – ein Gefühl, wie es normalerweise nur verliebte Männer verspüren und Donald war sich darüber im Klaren. Aber er war nicht verliebt. Das war lediglich ein Anflug von Sentimentalität im Angesicht der allgewaltigen Trübseligkeit in diesem Bordell.
Er folgte Johann nach unten in einen großen mit römischen Säulen und Venusstatuen verkitschten runden Saal. In der Mitte befand sich ein riesiger Jakuzi und außerhalb des Rondells kreisförmig angeordnet mehrere mit rotem Samt verkleidete Separées. Die Mädchen waren ausgiebig damit beschäftigt, irgendwelche Handtücher bereit zu legen, den Champagner angemessen am Pool zu platzieren oder Johann umständlich aus seiner Jacke zu helfen, so dass sie eher an Heinzelmännchen erinnerten als an Nymphen oder Mänaden. Als sie sich entkleideten und nackt in den Pool stiegen, bemerkte Donald wie unglaublich sauber sie aussahen, geradezu klinisch. Das Ganze war von einer grotesken Spießigkeit, unwirklich, abstrakt und albern, wie ein Softporno.
Assistiert von der Blondine hatte sich Johann inzwischen gänzlich entkleidet und wurde nun zur Dusche geleitet. Es war das erste Mal, dass Donald ihn nackt sah und auch, wenn es ihn nicht weiter hätte verwundern sollen, war er doch verblüfft über die unglaubliche Eleganz, in der sich Johann auch ohne seine feinen Anzüge zu bewegen wusste. Er war penibel gepflegt, am ganzen Körper rasiert und ausgesprochen athletisch. Manche Leute (vor allem Frauen) hätten vielleicht Mitleid verspürt beim Gedanken, wie er diese aufwändige Körperpflege und sein Fitnesstraining täglich versah, ohne jemals die stolze Anerkennung einer liebenden Frau dafür zu erhalten. Aber Donald wusste, dass Johann all dies nur für sich selbst tat, genau so wie er auch für sich selbst fünfgängige Menüs kochte – nichts anderes erhielt
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