Die Ernaehrungsfalle
mit bestimmten Inhaltsstoffen der Nahrung einhergehen, als Folge der »Ernährung«, mithin der Nahrungsauswahl, betrachtet werden. Die Verantwortung hierfür obliegt dem Individuum, den Nahrungsherstellern und -verkäufern kommt in diesem Verständnis keine Schuld zu. Nach angloamerikanischem Verständnis haftet der Anbieter auch für die Folgen: Wie bei Schäden durchs Rauchen die Tabakindustrie ins Visier gerät und mit Schadensersatz in Millionenhöhe bestraft wird, gilt auch die Nahrungsindustrie als schadensersatzpflichtig, wenn Menschen durch fortgesetzten Verzehr der angebotenen Waren zu Schaden kommen.
Das Lebensmittelangebot auf der Welt indessen hat sich gravierend verändert, ein immer größerer Anteil der Nahrung ist industriell verändert. Zudem werden die meisten Nahrungsmittel in →Supermärkten verkauft; ein immer größerer Anteil ist daher den Gesetzen der Supermärkte unterworfen, was Haltbarkeit und Transportfähigkeit anbelangt. Die Qualität der Nahrung wird damit grundlegend verändert, die Frische wird eingeschränkt, die Auswahl reduziert sich auf haltbare Ware, chemische →Zusatzstoffe sorgen für Haltbarkeit (→Shelf Life). Damit wird die individuelle Ernährung auf eine bestimmte Auswahl festgelegt; die Experten sprechen von der »westlichen Ernährungsweise« (→Western Diet), die als Ursache für zahlreiche Zivilisationskrankheiten
gilt, wie etwa Übergewicht, Herz-Kreislauf-Probleme, Schlaganfall, die Zuckerkrankheit →Diabetes. Dieser »westliche Lebensstil« ist mithin keine Frage privater Neigungen, sondern in erster Linie eine Frage des veränderten Nahrungsangebotes. Wenn jemand etwa in einer Stadt im Mittleren Westen der USA aufwächst, dann kann er sich lange nach Sushi und Miso-Suppe und Bio-Möhren verzehren - wenn es das dort nicht gibt, muss er eben zum Sandwich und zum →Hamburger greifen. Ähnlich eingeschränkt ist das Angebot in ländlichen Regionen Europas. Zudem breiten sich Zonen mit noch weiter eingeschränktem Angebot aus, die sogenannten Lebensmittelwüsten (→Food Deserts), in denen es etwa Obst und Gemüse überhaupt nicht mehr zu kaufen gibt.
Nahrungsergänzung
Nahrungsergänzungsmittel sind ein Wachstumsmarkt, weil sich immer mehr Menschen um ihre Gesundheit sorgen. Sie vermuten zu Recht, dass die Nahrung eine tragende Rolle bei Gesundheit und Schönheit spielt. Unabhängige Fachleute warnen indessen vor Nebenwirkungen der Nahrungsergänzungsmittel: Diese können zwar Vitamine und Mineralstoffe enthalten, aber auch zahlreiche andere Substanzen, wie zum Beispiel →Omega-3-Fettsäuren, →Aminosäuren, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe oder Kieselerde.
Rechtlich gesehen sind Nahrungsergänzungsmittel keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel. Ihre Aufgabe liegt in der Lieferung zusätzlicher Nährstoffe bei unausgewogener Ernährung etwa von Senioren und Jugendlichen oder bei einem erhöhten Nährstoffbedarf (zum Beispiel von Schwangeren und Stillenden oder in der Pubertät). Spezielle Kinderpräparate sind in ihrer Zusammensetzung den Anforderungen dieser Gruppe angepasst. Der ernährungsphysiologische Wert von Nahrungsergänzungsmitteln ist indes umstritten. Grundsätzlich sind sie nicht notwendig, wenn eine vielseitige pflanzlich orientierte Ernährung praktiziert wird.
Das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln floriert, weil viele der teuren Zusatz-Substanzen extrem billig herzustellen sind, Vitamine beispielsweise. Die Gewinnspannen sind entsprechend üppig. Die gesundheitlichen Wirkungen sind dabei keineswegs immer erfreulich; viele künstliche Vitamine beispielsweise können das Leben nicht verlängern, sondern sogar verkürzen. Hinzu kommt: Da die Nahrungsergänzungsmittel zumeist rein synthetische Erzeugnisse sind, die mit den üblichen Mitteln der industriellen Parallelwelt haltbar, schmackhaft und ansehnlich gemacht werden müssen, kommt zumeist auch noch eine Fülle von →Farbstoffen, →Aromen und →Konservierungs mitteln dazu.
Vorsicht ist auch bei Metallen, wie Kupfer, Zink, Chrom oder →Eisen, geboten, meinte Professor Giuseppe Rotilio vom Nationalen Ernährungsinstitut in Rom auf einer →Nestlé-Konferenz: »Ich persönlich bin gegen den Zusatz jeglicher Metalle, weil meine persönliche wissenschaftliche Erfahrung sagt, dass die Ergebnisse nicht vorhersehbar sind. Die Welt der Metalle ist so komplex, dass wir nicht vorhersagen können, welche Wechselwirkungen da stattfinden.« So kann zu viel Eisen zu Zinkmangel
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