Die Ernaehrungsfalle
Tier aber nicht verdaut und verwertet werden kann, werden spezielle Enzyme zugesetzt. Das ist etwa so, als ob die Menschen Holz plus Enzyme im Frühstücksmüsli bekämen. Ein Stoff namens »Rovabio PHY AP/LC« beispielsweise soll einen wichtigen Nährstoff aus → Soja , Mais, Weizen oder Sonnenblumen herauslösen: Phosphor. Er wird von einem Kleinstlebewesen namens »Penicillium funiculosum« produziert - ein Pilz, der für schimmlige Wände in Wohnungen sorgt, aber für die Enzymproduktion umgeschult wurde.
Manche Enzyme werden auch mithilfe der → Gentechnik hergestellt, von ingenieursmäßig optimierten Kleinstlebewesen. So etwa das Enzym »Phytase SP 1002«: Dieses Enzym wird von der Firma DSM Nutritional Products in Basel hergestellt (früher: Hoffmann-La Roche) und an Schweine und Geflügel verfüttert. Als Hersteller für dieses Enzym wählten die Biotechniker eine Bazille vom Typ »Hansenula polymorpha«. Sie musste für ihren neuen Einsatzbereich aufwendig umgerüstet werden: Aus 19 anderen Kleinstlebewesen lösten die Gen-Ingenieure einzelne Gensequenzen heraus, fügten sie in die »Hansenula« ein, nahmen schließlich noch Teile von »Escherichia coli«
(→ EHEC ) und »Saccharomyces cerevisiae« und vollendeten schließlich ihr Werk. Die umgerüstete »Hansenula« produziert seither die »Phytase SP 1002«. Diese wird im Stall verfüttert und lässt die zukünftigen Grillhähnchen in Rekordzeit anschwellen.
BASF lässt für die Produktion von »Natuphos®« den Schimmelpilz Aspergillus niger schuften. Der kommt ursprünglich aus der Dusche, produziert dort unangenehme schwarze Flecken, ist aber seit Jahrzehnten auch erfolgreich bei der Produktion von → Zitronensäure tätig. Für die Enzymproduktion indessen reichten seine natürlichen Begabungen nicht. Da waren bei BASF einige gentechnische Manipulationen nötig. Der optimierte Gen-Schimmel hört dann auch auf den Namen »Aspergillus niger CBS 101.672« (NPH54) und produziert einen Stoff namens »3-phytase«. So ein Enzym habe, wie BASF in einem Prospekt schreibt, »eine ganze Reihe von Vorteilen« für die Geflügelproduzenten und die Mischfutterindustrie: So könne »preiswerteres Getreide in höherem Umfang eingesetzt werden«.
Über die mithilfe der Gentechnik hergestellten Enzyme gelangt Gentechnik nicht nur in den Futtertrog, sondern auch unerkannt in die → Supermarktregale . Diese Enzyme müssen prinzipiell nicht deklariert werden, die Produktionsweise und die Herkunft des Fleisches natürlich erst recht nicht. Die Enzyme müssen auch kein förmliches Zulassungsverfahren durchlaufen, bei dem die gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft wird. In Deutschland sind alle Enzyme, auch diejenigen, die künftig eingesetzt werden, pauschal zur Verwendung bei der Lebensmittelproduktion zugelassen.
Erdgasschnitzel
Ein internationales Konsortium aus verschiedenen Konzernen hat ein Verfahren entwickelt, mit dem aus Erdgas und verschiedenen Bakterien ein Fleischersatz gewonnen werden kann. Das mutet wie Satire oder Science-Fiction an, ist aber schon Realität: Für die Tierfütterung ist das Produkt offiziell zugelassen, als sogenanntes »Eiweißfermentationserzeugnis«.
Für die menschliche Nahrung wollten die beteiligten Konzerne ihre Innovation auch anbieten, doch die europäischen Behörden hatten bislang Bedenken. So bleibt wenigstens den Menschen das Erdgasschnitzel einstweilen noch erspart.
Laut Futtermittelverordnung ist das Produkt für Mastschweine, Kälber und Lachse zugelassen. Auf der Verpackung des Futtermittels muss es deklariert werden als »Auf Erdgas durch Bakterienfermentation gezüchtetes Eiweißerzeugnis«. Nach Angaben der europäischen Lebensmittelsicherheitsagentur → EFSA wird es eingesetzt im Futter für Schweine, Masthähnchen und auch Katzen und Hunde. Vorgestellt als → Heimtierfuttermittel wurde das Gasfleisch 2001 auf einem Symposion der Futterforschungsfirma Waltham International (forscht für: Whiskas, Pedigree, Trill, Royal Canin und andere). Forscher hatten ihr Erdgas-Gulasch an Hunde verfüttert, die haben das offenbar gut vertragen.
Für Laien ist es eine absonderliche Vorstellung, aus Gas einen Fleischersatz zu entwickeln, für Chemiker ist es nicht allzu abwegig. Beim verwendeten Gas sollte man allerdings, raten Experten, auf die richtige Mischung achten: 91 Prozent Methan, fünf Prozent Ethan, zwei Prozent Propan, 0,5 Prozent n-Butan. Das Verfahren bietet den Vorteil, Gase, die bisher auf Ölfeldern
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