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Die Ernaehrungsfalle

Titel: Die Ernaehrungsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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werden Bezeichnungen verwendet, die geeignet sind, die Käufer irrezuführen. Sie sind indessen völlig legal, die entsprechenden Formulierungen stehen auch im Einklang mit einschlägigen Vorgaben des → Codex Alimentarius, der in Sachen Lebensmittelrecht die weltweiten Standards setzt. Dieses Gremium hat beispielsweise die Möglichkeit eröffnet, dass das → Aroma , das aus Sägespänen gewonnen wird, als »natürliches Aroma« bezeichnet werden darf, auch wenn keinerlei Erdbeere, Vanille, Himbeeren im Spiel waren.
    → Technische Hilfsstoffe und → Enzyme dürfen als Rückstände im Lebensmittel enthalten sein, ohne dass dies auf dem Etikett erwähnt ist, auch Zusatzstoffe wie der sogenannte Geschmacksverstärker → Glutamat müssen nicht ausdrücklich erwähnt werden. Eine der vielen Bezeichnungen, unter denen Glutamat auf dem Etikett erscheinen kann, ist »Würze«. Dort kann aber auch »Natriumglutamat« stehen, E 621 bis E 625, oder auch nur »Geschmacksverstärker«. Es kann auch unter vielen anderen Bezeichnungen auftauchen: Wenn »Aroma« draufsteht, können bis zu 40 Prozent reines Natriumglutamat drin sein. Auch wenn »Carrageen« angegeben ist oder »Maltodextrin«, »Weizenprotein« oder gar »Trockenmilcherzeugnis«, kann Glutamat seine Wirkung entfalten. Besonders in der → Bio-Sphäre hat die Vokabel Glutamat einen schlechten Klang, daher taucht sie dort nicht auf dem Etikett auf. Das Glutamat ist dort getarnt, in den Bio-Suppenwürfeln des Öko-Riesen Rapunzel etwa als
→ »Hefeextrakt« . Dieser ominöse Zusatz enthält Glutamat von »Natur« aus. Auch die konventionelle Nahrungsindustrie verwendet gern dieses Glutamat unterm Tarnkäpplein, häufig wird auf dem Etikett noch eigens vermerkt »Ohne Geschmacksverstärker« oder gar »Ganz ohne zugesetzte Geschmacksverstärker«.
    Der neue Trend in der Nahrungsindustrie heißt → »Clean Label«, »Sauberes Etikett«. Die Nahrungsindustrie reagiert damit auf den verbreiteten Wunsch der Verbraucher nach Essen ohne lange Listen von künstlichen Zutaten. Sie entfernt unbeliebte Etikettenvokabeln wie »Emulgator«, »Aroma« oder »Geschmacksverstärker«. Sauber wird allerdings nur das Etikett, nicht die Nahrung: Es verschwinden die Wörter mit dem schlechten Image - dafür kommen neue Chemikalien ins Essen, die aber nicht angegeben werden müssen, etwa Enzyme.

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
    Siehe EFSA

Faktorenkrankheit
    Faktorenkrankheiten sind Gesundheitsstörungen, bei denen Art und Ausmaß der Folgen nicht in erster Linie von der Gefährlichkeit der Erreger abhängen, sondern von den Umständen. Der Begriff kommt aus der → Massentierhaltung: Dort können binnen Kurzem Millionen von Tieren angesteckt werden, wobei das Ausmaß der Bedrohung nicht mit der Gefährlichkeit des Erregers steigt, sondern mit den Produktionsbedingungen - je mehr Tiere zusammenleben, desto schneller wird die Krankheit übertragen, je weiter sie transportiert werden, desto weiter kann eine Epidemie reichen.
    Gemeinhin gilt eine Krankheit als gefährlich, die von einem gefürchteten Erreger ausgelöst wird: Aids, Pest, Ebola. Gefährlich können allerdings auch die Umstände sein, die die Ausbreitung des Erregers erleichtern. Die Produktionsbedingungen in der Massentierhaltung
zählen dazu, die Art der Haltung, die Größe der Ställe, die Fütterung. Die Produktionsbedingungen der Nahrung können auch für die Menschen zum Gesundheitsrisiko werden. So hat der Stress in den Massenställen für Geflügel zur Folge, dass vermehrt Krankheitserreger gebildet werden. Dies ergab eine britische Studie. Vor allem die Bakterien vom Typ → Campylobacter vermehren sich dadurch um das Zehnfache. Dieser Erregertyp hat die bislang ungleich prominenteren → Salmonellen als Haupterreger in Deutschland abgelöst. Das Zentrum für Epidemiologie und Risikobewertung der Universität Bristol fand heraus, dass Hühner unter Stress stärker mit den Campylobakter-Bakterien belastet sind. Professor Tom Humphrey und sein Team führen das auf eine erhöhte Produktion des Stresshormons Noradrenalin zurück. Dieses verändere die → Eisenaufnahme der Tiere und fördere damit das Mikrobenwachstum, so die Veterinäre. Auch bei den neuartigen → EHEC-Bakterien , an denen weltweit vor allem Kinder sterben, stehen die Produktionsbedingungen im Hintergrund. Diese Bakterien entstehen durch artwidrige Tierhaltung: weil Rinder statt Gras getreidehaltiges → Kraftfutter fressen

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