Die Ernaehrungsfalle
Karlsruhe (heute Max-Rubner-Institut), seit 2008 Vorsitzender des Gremiums für Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, Enzyme, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe (CEF) in der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde → EFSA.
Äußerst schwierig ist die Haftungsfrage. Sie ist nicht nur bedeutsam für den nächsten Nachbarn, sondern für den ganzen Globus - und auch für die zukünftigen Generationen. Zwar gibt es seit 2008 in der Bundesrepublik Deutschland das Gentechnik-Gesetz, das die Haftung von Gen-Landwirten regelt - allerdings nur gegenüber den Nachbarn, bei denen es zu einer Verunreinigung ihrer Ernte durch genverändertes Material kommt. Offen ist, wer bei Gen-Verschmutzung länder-übergreifend
haftet. Vor allem für Versicherungen sind die Haftungsrisiken nahezu unkalkulierbar, weil die Folgen von Handlungen und auch Verfehlungen nahezu unübersehbar sind. Denn es gibt bei der Gentechnik mitunter völlig überraschende Effekte und Verbindungen. So wunderten sich Wissenschaftler der Universität von Verona und des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung in Köln selbst über das Ergebnis ihrer gentechnischen Schöpfungen: Sie wollten eine kernlose Aubergine züchten und bauten ihr dafür ein Gen aus dem Bakterium Pseudomonas syringe ein. Das Experiment gelang, die Aubergine wuchs heran. Doch die Frucht wuchs weiter und weiter, schließlich war sie viermal so groß wie ihre normalen Artgenossen. Die Genforscher konnten sich diesen Effekt auch nicht so recht erklären, freuten sich aber umso mehr darüber, dass die Monsterpflanzen - ebenfalls unerklärlicherweise - für ihr überdimensionales Wachstum nur eine Temperatur von 17 Grad benötigten.
Solch überraschende Effekte können auch unangenehme Folgen haben: Berühmt wurde der Fall des Genforschers Arpad → Pusztai , der vom Gentechnik-Befürworter zum Kritiker wurde, nachdem er bei Ratten, die genveränderte → Kartoffeln verspeist hatten, unerklärliche Organver-änderungen und ein geschädigtes Immunsystem beobachtet hatte. Solche Veränderungen zeigten sich auch bei Ratten, die Monsantos Gen-Mais MON 863 gefressen hatten. Pusztai, der dazu eine Risikobewertung für die deutsche Regierung erstellt hatte, warnte vor einer Marktzulassung. »Es ist nicht anzunehmen, dass die Schäden an den inneren Organen der Ratten und dem Blutbild der Tiere auf Zufall beruhen. Die Akten zeigen zudem, dass der Versuchsaufbau ungenügend und die Datenauswertung fehlerhaft war.« Monsanto hält seinerseits den Mais für sicher. Die Ergebnisse der Versuche bewegten sich im üblichen Rahmen, es gebe keine unnatürlichen Veränderungen.
Besorgt sind Mediziner, weil die Manipulationen der Gentechniker dazu führen können, dass Arzneien nicht mehr wirken. Patienten, die bestimmte Medikamente nehmen müssen, sollten daher beim Verzehr von Gen-Nahrung aufpassen: Dazu riet sogar ein Hersteller von
Gen-Nahrung, die US-Firma Calgene. Sie hatte eine matschfeste Tomate entwickelt. Die Firma riet jenen 76 000 Amerikanern, die ein bestimmtes → Antibiotikum einnehmen (»Kanamycion«), vom Verzehr der Gen-Tomaten ab - die Arznei könnte sonst versagen. Ob die Gen-Pflanzen die Wirksamkeit von Medikamenten behindern können, ist umstritten. Die Hersteller wie der Schweizer Agro-Konzern Syngenta bestreiten es seit Langem. Auch amtliche Stellen wie das Berliner Robert-Koch-Institut sahen früher »kein nennenswertes Risiko«. Mittlerweile gibt es allerdings auch Bedenken amtlicher Stellen. Die europäische Lebensmittelsicherheits-Agentur EFSA hat eine differenzierte Haltung: Sie sieht zwar kein grundsätzliches Risiko, dass sich Antibiotika-Resistenzen auf diesem Wege ausbreiten, allerdings gebe es auch Antibiotika-Resistenzgene, bei denen dies anders aussieht. Sie sollten nur zu Forschungszwecken angebaut und nicht vermarktet werden.
Geschlechtshormone
Die Nahrung enthält überraschend viele hormonell wirksame Stoffe. Viele sind von Natur aus enthalten, können sogar positive Wirkungen im Körper haben, andere werden im Produktionsprozess zugesetzt und können die natürlichen Abläufe manipulieren. Diese sogenannten → Hormonstörer (engl. Endocrine Disruptors) können die Geschlechtsentwicklung stören, aber auch zu → Übergewicht führen. Manche kommen aus Kunststoffen in der → Verpackung , andere werden als → Pestizide versprüht. Auch → Zusatzstoffe gehören dazu, etwa → Farbstoffe , die in vielen → Süßigkeiten für Kinder
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