Die Ernte
an einem regnerischen Nachmittag auf der Veranda sitzen. Aber für Chester war es so, als ob jemand im Inneren seines Kopfes mit Glasmurmeln spielen würde. Chester sah zu, wie die Regentropfen von der Motorhaube seines schwarzen Fords abprallten. Das Wasser, das die Reifenspur seiner Auffahrt hinunter rann, war rot vor Lehm. Wenn das so weiterging, müsste er heute sicherlich zu Hause bleiben.
Aber das machte Chester nichts weiter aus. Außerdem bedeutete das, dass auch er von niemandem gestört werden würde. Der schielende Johnny Mack würde nicht versuchen, von ihm Geld für Alkohol zu borgen und Sylvester würde ihn nicht zur Jagd auf Eichhörnchen mitnehmen wollen. Und DeWalt, der zwar einen tollen Allrad fuhr, machte nicht gerne seine zweihundert Dollar-Stiefel schmutzig. DeWalt gefiel es, wenn seine Sachen so aussahen, wie sie im Katalog abgebildet waren.
»Zeit für einen flüssigen Snack, Boomer«, sagte Chester. Boomer blickte auf, klopfte mit seinem Schwanz ein paar Mal auf den Verandaboden und furzte.
»Wie du meinst«, sagte Chester.
Der Regen begann stärker zu werden und Chester konnte durch die silbrigen Wasserwände kaum noch etwas erkennen. Aber am Waldrand, zirka zwei Meilen bergwärts, glühte noch immer das komische grüne Zeug. Sicherlich waren das nicht die fluoreszierenden Pilze, die in der Dunkelheit leuchteten und die Städter in Angst und Schrecken versetzten. Das Leuchten war jetzt schon seit ein paar Tagen da, aber Chester hatte sich noch nicht aufraffen können, in den Wald zu gehen und das zu überprüfen.
In all diesen verdammten Geschichten, die sich Chester als kleiner Junge auf Opas Knie sitzend anhören musste, hatte er noch nie etwas von einem grün leuchtenden Zeug gehört. Da waren die Geschichten von der Alten mit der Lampe, die bei der Brücke über den Brushy Fork spukte, vom Bub mit der Vogelscheuche im Stall, vom Panther, der wie eine Frau schrie, wenn er den Heuwagen auf dem Heimweg verfolgte, ja diese hatte er alle gehört. Aber nie etwas über grünes Zeug.
Natürlich wurden diese Geschichten nicht wie früher von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Chesters Vater hatte versucht, ihn zu überzeugen, dass er diese mündliche Tradition weiterführen musste, aber Chester sah nicht ein, wozu das gut sein sollte. Jetzt gab es Kinovorführungen in Windshake und fast alle hier hatten einen Fernseher zu Hause. Wer wollte da noch herumsitzen und einem alten Knacker zusehen, wie er seine zahnlosen Kiefer endlos auf und ab bewegte.
Chester streckte sich und sein Rückgrat knackte. Seine Gelenke begannen sich schon wieder zu versteifen. Er dachte nicht mehr an das grün leuchtende Zeug. Es wurde nämlich höchste Zeit für seine Medizin.
Er hob sein Glas und prostete den Wolken zu, egal welche Farbe sie auch hatten.
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Das Alien streckte seine Fühler in den Erdboden und drang langsam tiefer. Es fand einen ruhigen, feuchten Platz zwischen zwei großen Felsbrocken. Sein schleimiger Ausfluss überzog das Granitgestein und seine Zellen mutierten, bis sie zu einer perfekten Nachahmung des Humus und des Lehms wurden, die die Außenhaut dieser neuen Welt bedeckten. Seit es aus seiner Samenzelle gekeimt war, hatte das Alien die ungewohnte, weil für sie exotische chemische Mischung, die es umgab, erforscht und als Nahrung verwendet. Es hatte die Substanz des fremden Biosystems in sich aufgenommen und so die Notwendigkeit zu überleben erfüllt.
Plötzlich glitt eine heimische Lebensform aus einer Spalte im Gestein. Sie war weit komplexer als die Bakterien, die dem Alien seit seinem Aufprall auf der Erde als Nahrung gedient hatten. Diese Lebensform war so kühl wie die Luft, kriechend und entsprang einer primitiven Intelligenz. Die Lebensform glitt weiter und kam mit einem der Fühler des Aliens in Kontakt. Sie schien vor Schmerz zu schreien, als ihr Nervensystem mit dem des Alien in Berührung kam. Die Lebensform drehte und wand sich, als sich ihr Metabolismus verlangsamte, wurde dann ruhig und erkaltete schließlich.
Das Alien versuchte den Laut zu verstehen, der von der gespaltenen Zunge der Lebensform ausgegangen war.
Shhh.
Shu-shaaa.
Ein Symbol.
Ein Laut, eine leichte Fluktuation des Luftdrucks, ein variierendes System aus Vibrationen. Das Alien versuchte das Symbol noch einmal, experimentierte damit, versuchte ihm eine Bedeutung zu geben.
Shu-shaaa.
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Nettie Hartbarger schaute kurz von der Bibel auf und warf einen verstohlenen Blick auf
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