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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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größte, süßeste und hellste Freude seines Lebens, die Kevin und Ginger zur Welt gebrachte hatte, war jetzt außer seiner Reichweite.
    Eine Sirene heulte in einiger Entfernung auf und verstummte dann in den dunklen Hügeln. Sirenen erinnerten ihn immer an seine Familie, besonders, wenn sie sich in Gefahr befand.
    Er zündete sich noch eine Zigarette an und lauschte auf den Wind und andere Dinge, die in den tiefen Ästen des Waldes seufzten. Ein Vogel flatterte den Boden entlang, kam in die Nähe des Hauses und huschte dann in die Dunkelheit zurück.
    Etwas biss in seinen Handrücken und er hielt seine Hand in das helle Rechteck, das das Küchenlicht in die Finsternis warf. Eine Spinne wackelte auf ihren dünnen Beinen und ihr plumper Körper schien das Licht aufzusaugen und wieder zurückzuwerfen wie die phosphoreszierenden Sterne auf Gingers Zimmerdecke. Er schüttelte seine Hand und die Spinne fiel auf den Boden. Er zerdrückte sie mit seinem Schuh und untersuchte die Stelle, an der er gebissen worden war. Die Bissstelle war offen und hatte spitze Ränder. Ein kleines Stückchen Haut löste sich ab, als ob die Spinne ein Raubtiergebiss gehabt hätte.
     
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    Tamara hätte wissen müssen, dass es nicht so einfach werden würde. Hatten sie erwartet, dass das Shu-shaaa einfach zulassen würde, dass sie zu seinem temporären Heim kommen, es mit Dynamit auffüllen und mit einem Abschiedskuss in tausend Stücke blasen würden?
    Tamara konnte sein gesteigertes Bewusstsein spüren, als das grüne Licht immer deutlicher zu sehen war, gerade als sie den leicht abfallenden Bergrücken hinunter marschierten, gerade als sie DeWalts absurden Gedanken stahl. Er summte gerade ein Liedchen.
    Sie konnte spüren, wie die weißen Wurzeln unter ihren Füßen immer dicker wurden, sich in Schlangen und Kabel und Schlingen verwandelten. Sie hörte, wie sich die Bäume bückten, ihre Knöchel und Knie krachten, und sie fühlte die geheime Verschwörung der Lorbeerblätter und der Farne. Der Wald wurde lebendig, bewaffnete sich mit Lanzen und Prügel.
    »Achtung!«, brüllte sie und duckte sich, als ein Eichenast plötzlich herunterkrachte. DeWalt stöhnte auf, als der dichtbewachsene Ast aus dem Nachthimmel auf ihn herabfiel. Chester rannte mit gebeugten Schultern zum Quell des Leuchtens. Blättrige Äste schlugen nach ihm.
    Emerland lief auch und hielt den Sack mit Fungiziden zum Schutz vor sein Gesicht. Bleiche Wurzeln züngelten nach seinen Füßen. Die zwei Männer erreichten die tote Zone, die den Erdmund umgab und in der die Bäume wie gebleichte Skelette standen.
    Tamaras Gedanken wanderten zu DeWalt und sie konnte das helle Brennen seines Schmerzes und die wirbelnde, schwarze Wolke seiner Panik spüren. Dann wurde ihr Verstand von dem Shu-shaaa und seinem gefrorenen, grinsenden Nebel verschluckt. Sie verscheuchte ihn wieder und half DeWalt auf.
    »Es wird immer stärker«, sagte er und sein Gesicht wirkte im Mondlicht bleich und breit.
    Sie nickte. »Wir sollten uns besser beeilen«, flüsterte sie und wusste gar nicht, warum sie flüsterte. Denn Shu-shaaa wusste es bereits. Alles und noch mehr. Es hatte ihren Verstand und ihre Seelen durchdrungen, die Größe ihrer Herzen ausgemessen und die Geheimsymbole ihrer Hoffnungen und Träume gestohlen.
    Und obwohl es nicht verstand, wusste es genug, um Angst zu haben.
    Es schickte eine dicke Wurzel aus der Erde, die ihren Fuß hinaufkroch. Die Wurzel krabbelte wie eine Made unter ihren Rock und wickelte sich dann um ihren nackten Oberschenkel. Sie rammte die Dose mit Roundup gegen die Wurzel und tat sich selbst dabei weh. Die Wurzel wand sich und versuchte, sie zu ihren Brüdern auf die Erde zu ziehen. Tamara bemühte sich, aufrecht stehen zu bleiben, öffnete die Dose, riss den Sicherheitsverschluss heraus und goss dann einen Schluck des hochkonzentrierten Gifts auf die Wurzel. Diese krümmte sich zusammen, zuckte zurück und fiel dann kraftlos auf den Boden.
    Plötzlich knallte das Gewehr und der Donnerschlag rollte durch das Unterholz und wurde vom Bergrücken als Echo zurückgeworfen. Chester stand in der Nähe des Shu-shaaa und sah im Gegenlicht des grünen Leuchtens wie ein Scherenschnitt aus schwarzem Papier aus. Emerland duckte sich wie ein Hase hinter ihm. Baumäste der wilden Kirsche, Walnuss und Birke schlangen steif um DeWalt.
    Ihre eigenen psychischen Kräfte pulsierten mit Energie geladen. Sie kämpfte sich durch den Nebel des Shu-shaaa, schob ihre Psyche wie ein

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