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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Erinnerungen bringen sollte. Ein Ort seiner menschlichen Vergangenheit, ein Ort seiner Wurzeln. Ein altes menschliches Wesen, das mit ihm den Ruhm teilen sollte, ein menschliches Wesen, das Mull hieß, so wie sein Name einmal Mull gewesen war, aber das machte nichts aus, denn bald würden sie eins sein.
    Als er gerade durch den Fluss watete, fiel etwas aus seiner Tasche und wurde von der Strömung mitgenommen und leuchtete im Sonnenlicht. Eine weitere Erinnerung stahl sich in sein verändertes Bewusstsein, eine vage Erinnerung an Genuss und Rauch, die von einem kurzen Moment des Bedauerns gefolgt wurde. Aber diese menschlichen Gedanken eilten dahin und wurden sofort von der grünen Rhapsodie des Shu-shaaa erstickt.
    Er machte sich in Richtung Mull-Farm auf und biss auf seinem Weg immer wieder in die verschiedenen Bäume.
     
    ###
     
    Tamara lenkte zitternd ihr Auto an den Straßenrand. Sie hatte Glück gehabt, dass ihr niemand entgegengekommen war, denn sie war mit quietschenden Reifen auf die andere Straßenseite geschlittert und dann wieder zurück auf ihre Seite. Die Kreatur, die vor ihrem Toyota die Straßenseite gewechselt hatte, hatte den buschigen, gebogenen Schwanz eines Eichhörnchens gehabt. Aber ihre Augen waren helle, wässrige Punkte gewesen und ihr Kopf war so glatt wie der eines Otters.
    Das plötzliche Auftauchen des Tieres hatte sie nicht erschreckt. Es waren die leuchtenden Augen gewesen, die sie durch die Windschutzscheibe angestarrt hatten und mit demselben Licht geblendet hatten, wie das, das sie auf der Bergspitze gesehen hatte. Das triefende Maul hatte sich geöffnet und das Wort Shu-shaa war plötzlich in ihrem Kopf und sie bis auf die Knochen erschreckt. Wenn sie nicht schon vorher fast geglaubt hatte, dass so eine Kreatur sprechen konnte, dann wäre sie wahrscheinlich mit ihrem Toyota in den Straßengraben gefahren.
    So blieb sie nur sitzen, mit laufendem Motor und mit ihrem Kopf auf dem Lenkrad. Als sie wieder ruhiger atmen konnte, blickte sie in den Rückspiegel. Kein Tier zu sehen, aber auf der Straße bewies eine dünne Spur irgendeiner Flüssigkeit, dass etwas die Straße überquert hatte. Tamara stieg aus dem Auto und ging zu der Spur. Zwei schwarze Streifen auf der Straße zeigten an, wo sie mit dem Auto eine Vollbremsung hingelegt hatte.
    »Ich höre dir nicht zu«, sagte sie. Sie schaute in die Büsche auf der anderen Straßenseite. Stacheldraht umzäunte eine Weide. Obwohl das Gras nicht sehr hoch war, konnte sich das Tier leicht darin verstecken. Vielleicht hatte es ja Tollwut.
    Sie hatte von dem komischen Blick gehört, den infizierte Tiere hatten, die einen anstarrten, als ob sie dich hassen würden. Und gleichzeitig schienen sie einen Punkt zu fixieren, der einen Kilometer weit weg war. Aber Tamara hatte noch nie von einer Krankheit gehört, bei der Tiere wie ein Auto mit einer kaputten Ölwanne eine zähe Flüssigkeit verloren. Und sie hatte sicherlich noch nie von einer Krankheit gehört, bei der Tiere eine telepathische Nachricht schicken konnten.
    Sie kniete nieder und betrachtete die leuchtende Spur, die schon auf dem warmen Asphalt eingetrocknet war, von der Nähe. Sie wollte schon die ausflockende Flüssigkeit berühren, entschied dann jedoch anders. Falls das Tier infiziert war, dann sollte sie wahrscheinlich weder seinen Speichel noch seinen Kot berühren. Während sie zusah, wurden die Flocken kleiner und durchsichtig und flogen dann in der leichten Brise davon.
    Ein Lastwagen kam näher und der Fahrer wurde langsamer. Er kurbelte sein Fenster herunter und steckte seinen Kopf, der von einem leichten Sonnenbrand gerötet war, aus dem Fenster. Der LKW hatte alte Möbel, einen Fernseher, Teppiche und volle Mülltüten geladen.
    »Haben Sie ´ne Panne?«
    »Nein, alles ok. Ich habe nur gedacht, ich hätte was gesehen.«
    Der Mann blickte sie aus seinen Augenschlitzen an. »War es etwas, das da war oder etwas, das nicht da war?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Er blickte in den Himmel. »Ich selbst habe Vögel gesehen.  Nur, dass diese nicht zu ihren Schatten passten. Und grünen Regen. Ich habe grünen Regen gesehen, der gar nicht da war.«
    Tamara ging vorsichtig zu ihrem Toyota. Sie konnte der Versuchung wegzulaufen nur mit Mühe widerstehen.
    »Oben auf dem Bear Claw«, sagte er. Er schaltete seine Scheibenwischer ein, obwohl kaum eine Wolke am Himmel stand.
    »Ich muss jetzt weiter«, sagte Tamara.
    »Wie heißen Sie?«
    Tamara sammelte sich. Vielleicht war der Mann ja

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