Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
sitzen auf Stangen und sonnen sich; bei Nacht und wenn Regenwetter ist, hocken sie in gedeckten Winkeln. Gefüttert werden sie mit Hühnern.
Im Erdgeschoß desselbigen Hauses findet man lange Säle mit vergitterten Käfigen aus starkem Holz, darinnen Löwen Tiger, Wölfe, Füchse und alle Arten von Katzen gehalten werden, alle in großer Anzahl. Auch sie werden mit Hühnern gefüttert und von wiederum 300 Wärtern gepflegt.
In einem anderen Hause wohnen Zwerge, Bucklige und allerlei andere Mißgeburten und Ungestalten, Männer wie Weiber, jedes in einem abgesonderten Raume. Auch sie haben ihre Wärter. Wieder besonders werden seltsame Menschen gehalten: Männer, Weiber und Kinder, die von Geburt an Angesicht, Leib, Haar, Augenlider und Brauen ganz weiß haben.
Ich übergehe die Menge weiterer Häuser, die zu Belustigungen aller Art dienen, und will nun etliches vom Hofhalt des Herrn Montezuma erzählen.
Wenn der Tag anbricht, stellen sich an die 600 Standespersonen im Schlosse ein, um in den Sälen und Hallen zu sitzen oder hin und her zu wandeln, bis die Sonne untergeht, ohne in die Gemächer zu gehen, wo sich der König in Person aufhält. Die Dienerschaft all dieser Herren füllt allein zwei oder drei große Höfe. Wenn Herr Montezuma Tafel hält, werden die Edelleute ebenso gespeist wie er; auch die Diener bekommen ihr Teil. Kücheund Keller stehen jedermann offen. Die Gerichte, die zahllos sind, werden von mehr denn 3OO Edelknaben aufgetragen. Früh, mittags und abends gibt es allerlei Fleisch, Fische, Früchte und Gemüse. Jede Platte und Schüssel steht auf einer Wärmpfanne voll glühender Kohlen, da die Luft hierzulande häufig kalt ist. Die Mahlzeiten finden in einem großen Saale statt, der mit kostbaren Matten ausgelegt ist. Herr Montezuma sitzt auf einem kleinen Ledersofa, umgeben von einer beweglichen Wand aus geschnitztem und vergoldetem Holz. Nicht weit von ihm sitzen an einem Tisch fünf oder sechs vornehme alte Würdenträger, denen er von den Speisen seines Tisches hinüberreicht. Dem Edelknaben, der ihn bei Tisch bedient, wird von anderen Edelknaben gereicht, was nötig ist; ebenso gibt dieser ihnen zurück, was nicht mehr gebraucht wird, ohne sich selbst von der Stelle zu entfernen. Vor und nach der Tafel wäscht sich Herr Montezuma die Hände. Kein Handtuch wird von ihm mehr denn einmal benutzt. Auch pflegt er jedes Gericht auf einem ganz neuen Teller zu essen.
Herr Montezuma kleidet sich viermal am Tage um, wobei jedes Stück Kleid immer neu ist. Wer sein Schloß betritt, muß dies in bloßen Füßen tun. Wer zu ihm gerufen wird, nähert sich ihm, Haupt und Augen gesenkt und in demütiger Haltung. Auch wenn jemand von ihm angeredet wird, darf der ihm nicht ins Angesicht sehen; dies erfordert die Ehrfurcht und Achtung. Viele mexikanische Edelleute haben sich mir gegenüber verwundert, daß meine Hispanier geradestehen und mir in die Augen schauen, wenn ich mit ihnen rede, was wenig ehrfurchtsvoll und untertänig erscheine.
Wenn Herr Montezuma ausgeht, was selten geschieht, so verharren alle seine Begleiter in untertänigster Haltung. Wer ihm begegnet, bleibt stehen und blickt unbeweglich zu Boden, bis der Herrscher vorüber ist. Vor selbigem schreitet stets ein Kammerherr mit drei dünnen, hohen Stäben, was, wie ich vermeine, ein Zeichen für das Volk ist, daß Herr Montezumain Person gegenwärtig ist. Meistens läßt er sich in einer Sänfte tragen. Die am mexikanischen Hof üblichen Gebräuche sind vielfach, prunkvoll und umständlich wie kaum am Hofe morgenländischer Fürsten.
Das neunzehnte Kapitel
Vom 8. November 1519 bis zum Anfang des Mai laufenden Jahres 1520 hab ich zu Eurer Kaiserlichen Majestät Nutz und Frommen in der Hauptstadt, die friedlich und ruhig war, gar mancherlei Dienst und Geschäft verrichtet. Insbesondere sandte ich viele Hispanier in die verschiedenen Gegenden, gewann weitere Orte und gründete neue Siedelungen, legte Bergwerke an und erkundete die Geheimnisse des Landes sowie der nachbarlichen Gebiete. Alles das geschah im Einverständnis des Herrn Montezuma. Mit großem Verlangen wartete ich dabei immer auf das Schiff, das mir auf meinen ersten Bericht von Eurer Kaiserlichen Majestät Antwort brächte und hernach dieses neue Schreiben mitnehmen sollte, dazu das Gold und die Schätze, die ich für Eure Kaiserliche Majestät aufbewahrte.
Da sind eines Tages zu mir gekommen etliche Edelleute des Herrn Montezuma, deren Lehen nah am Meere liegen, und brachten mir
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