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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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uns ist. Und dabei sehr höflich, sehr gebildet … Sie wissen nicht, man hat mir versichert, er sei ein hervorragender Geist, ein Geschenk, das man der Diözese machen wollte.«
    Und als sie sich mitten auf dem Place de la Sous Préfecture befanden, blieb Mouret unversehens stehen und sah Abbé Bourrette fest an.
    »Ach! Wahrhaftig«, begnügte sich dieser mit erstaunter Miene zu antworten.
    »Man hat es mir versichert … Unser Bischof hätte mit ihm für später seine Absichten. Unterdessen würde sich der neue Vikar im Schatten halten, um keine Eifersüchteleien zu erregen.«
    Abbé Bourrette hatte sich wieder in Bewegung gesetzt und ging um die Ecke der Rue de la Banne. Er sagte gelassen: »Sie überraschen mich sehr … Faujas ist ein einfacher Mensch, er hat sogar zuviel Demut. So übernimmt er in der Kirche die kleinen Arbeiten, die wir gewöhnlich den Pfarrgehilfen überlassen. Er ist ein Heiliger, aber er ist kein gewandter Bursche. Ich habe ihn kaum einmal flüchtig bei Monsignore gesehen. Vom ersten Tag an hat er mit Abbé Fenil nicht besonders gestanden. Ich hatte ihm doch erklärt, daß man der Freund des Generalvikars werden müsse, wenn man in der bischöflichen Residenz gut aufgenommen sein wolle. Er hat nichts verstanden; ich fürchte, er hat ein etwas beschränktes Urteil … Sehen Sie, das ist wie mit seinen ständigen Besuchen bei Abbé Compan, unserem armen Pfarrer, der seit vierzehn Tagen das Bett hütet und den wir sicherlich verlieren werden. Nun ja! Sie sind unangebracht, sie werden ihm unermeßlichen Schaden einbringen. Compan hat sich nie mit Fenil verstehen können; man muß wahrhaftig aus Besançon kommen, um einen Umstand, der in der ganzen Diözese bekannt ist, nicht zu wissen.« Er wurde lebhaft. Er blieb seinerseits am Eingang zur Rue Canquoin stehen, pflanzte sich vor Mouret auf. »Nein, mein lieber Herr, man hat Sie getäuscht: Faujas ist unschuldig wie ein neugeborenes Kind … Ich habe keinen Ehrgeiz, nicht wahr? Und Gott weiß, wie ich Compan liebe, ein goldenes Herz! Das hindert nicht, daß ich nur heimlich hingehe, um ihm die Hand zu drücken. Er selbst hat es mir gesagt: ›Bourrette, ich mache nicht mehr lange, mein alter Freund, Wenn du nach mir Pfarrer werden willst, dann trachte danach, daß man dich nicht zu oft an meiner Tür läuten sieht. Komme nachts und klopfe dreimal, meine Schwester wird dir öffnen.‹ Nun warte ich bis zur Nacht, verstehen Sie … Es ist unnütz, sich Mißhelligkeiten im Leben zu machen. Man hat schon so viel Kummer!« Seine Stimme war rührselig geworden. Er faltete die Hände über dem Bauch, er ging weiter und war von einem naiven Egoismus bewegt, der ihn über sich selbst weinen ließ, während er murmelte: »Der arme Compan, der arme Compan …«
    Mouret war verdutzt. Aus Abbé Faujas wurde er schließlich überhaupt nicht mehr schlau.
    »Man hatte mir doch ganz genaue Einzelheiten gegeben«, versuchte er noch zu sagen. »So war davon die Rede, für ihn eine bedeutende Stellung ausfindig zu machen.«
    »Ach was! Nein, ich versichere Ihnen, nein!« rief der Priester. »Faujas hat keine Zukunft … Eine andere Sache, Sie wissen, daß ich jeden Dienstag beim Herrn Präsidenten speise. Letzte Woche hatte er mich inständig gebeten, Faujas mitzubringen. Er wollte ihn kennenlernen, sich zweifellos ein Urteil über ihn bilden … Nun! Sie würden niemals erraten, was Faujas getan hat. Er hat die Einladung abgelehnt, mein lieber Herr, er hat rundweg abgelehnt. Ich habe ihm vergeblich gesagt, daß er sich sein Leben in Plassans unmöglich macht, daß er sich mit Fenil vollends überwirft, wenn er Herrn Rastoil gegenüber eine solche Unhöflichkeit begeht; er ist halsstarrig geblieben, er hat nichts hören wollen … Ich glaube sogar – Gott verzeihe mir! –, er hat mir in einem Augenblick des Zornes gesagt, daß er es nicht nötig habe, sich auf diese Weise durch die Annahme eines Abendessens zu verpflichten.« Abbé Bourrette begann zu lachen. Er war vor der Kirche SaintSaturnin angekommen; er hielt Mouret einen Augenblick an der kleinen Kirchenpforte zurück. »Er ist ein Kind, ein großes Kind«, fuhr er fort. »Ich bitte Sie, wie kann er glauben, ein Abendessen bei Herrn Rastoil könne ihn ins Gerede bringen! – Als mich daher Ihre Schwiegermutter, die gute Madame Rougon, gestern mit einer Einladung für Faujas beauftragte, habe ich ihr nicht verheimlicht, daß ich fürchte, sehr schlecht bei ihm damit anzukommen.«
    Mouret spitzte die

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