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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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über Dummheiten.« Er hielt inne, als er den großen jungen Mann zurückkommen sah, mit dem er eine Weile zuvor geplaudert hatte. »Herr Guillaume Porquier«, sagte er und stellte ihn dem Abbé vor, »der Sohn von Doktor Porquier.« Als Guillaume sich gesetzt hatte, fragte er ihn grinsend: »Na! Was haben Sie da nebenan Schönes gesehen?«
    »Wahrhaftig nichts«, antwortete der junge Mann in scherzhaftem Ton. »Ich habe die Paloques gesehen. Madame Rougon bemüht sich immer, sie hinter einen Vorhang zu verstecken, um Unheil zu verhüten. Eine schwangere Frau, die sie eines Tages auf dem Cours Sauvaire erblickt hat, hätte beinahe eine Frühgeburt gehabt … Paloque läßt Präsident Rastoil nicht aus den Augen, weil er zweifellos hofft, ihn vor Angst, die nach innen schlägt, umkommen zu lassen. Sie wissen, daß dieses Scheusal Paloque damit rechnet, als Präsident zu sterben.«
    Beide erheiterten sich. Die Häßlichkeit der Paloques war in der kleinen Beamtenwelt Gegenstand ewiger Spötteleien. Die Stimme senkend, fuhr der junge Porquier fort:
    »Herrn de Bourdeu habe ich auch gesehen. Finden Sie nicht, daß der Mann seit der Wahl des Marquis de Lagrifoul noch magerer geworden ist? Bourdeu wird sich nie darüber hinwegtrösten, nicht mehr Präfekt zu sein; er hat seinen Orleanistengroll in den Dienst der Legitimisten gestellt, in der Hoffnung, das würde ihn geradewegs in die Kammer bringen, wo er die so sehr vermißte Präfektur wieder ergattern könnte … Deshalb ist er auch darüber fürchterlich gekränkt, daß man ihm den Marquis vorgezogen hat, einen Dummkopf, einen Erzdummkopf, der überhaupt nichts von Politik versteht, während er, Bourdeu, sehr tüchtig, ungemein tüchtig ist.«
    »Er ist todlangweilig, der Bourdeu, mit seinem zugeknöpften Gehrock und seinem flachen Altliberalenhut«, sagte Herr de Condamin mit einem Achselzucken. »Ließe man diese Leute gehen, machten sie aus Frankreich eine Sorbonne19 von Advokaten und Diplomaten, in der man sich gewaltig langweilen würde, versichere ich Ihnen … Ach! Ich wollte Ihnen sagen, Guillaume, man hat mir von Ihnen erzählt; Sie scheinen ein hübsches Leben zu führen.«
    »Ich?« rief der junge Mann lachend.
    »Ja, Sie, mein Bester; und ich habe diese Dinge wohlgemerkt von Ihrem Vater. Er ist untröstlich, er beschuldigt Sie zu spielen, die Nacht im Klub und anderswo zu verbringen … Stimmt es, daß Sie hinter dem Gefängnis ein anrüchiges Café entdeckt haben, wo sie mit einer ganzen Schar von Strauchdieben hingehen, um Ihr Geld zu verjuxen? Man hat mir sogar erzählt …«
    Da Herr de Condamin zwei Damen hereinkommen sah, sprach er leise weiter dicht an Guillaumes Ohr, der mit dem Kopf nickte und losprustete vor Lachen. Dieser beugte sich seinerseits nieder, um zweifellos einige Einzelheiten hinzuzufügen. Und näher aneinanderrückend, ergötzten sich beide längere Zeit mit funkelnden Augen an diesem Geschichtchen, mit dem man sich vor Damen nicht herauswagen konnte.
    Abbé Faujas war währenddessen dort geblieben. Er hörte nicht mehr zu; er verfolgte Herrn Delangres Bewegungen, der im grünen Salon hin und her lief und Liebenswürdigkeiten verschwendete. Dieses Schauspiel nahm ihn derart gefangen, daß er nicht sah, wie ihn Abbé Bourrette zu sich heranwinkte. Der Abbé mußte herkommen, ihn am Arm berühren und ihn bitten, ihm zu folgen. Er führte ihn mit den Vorsichtsmaßregeln eines Mannes, der irgendeine heikle Angelegenheit zu sagen hat, bis in das Spielzimmer.
    »Mein Freund«, flüsterte er, als sie in einer Ecke allein waren, »Sie sind zu entschuldigen, es ist das erste Mal, daß Sie hierherkommen; aber ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie sich überaus kompromittiert haben, indem Sie solange mit diesen Leuten sprachen, von denen Sie eben weggegangen sind.« Und da Abbé Faujas ihn sehr überrascht ansah, fuhr er fort: »Diese Leute sind nicht gut angesehen … Gewiß, ich beabsichtige nicht, ein Urteil über sie zu fällen, ich will an keinerlei übler Nachrede teilhaben. Aus Freundschaft für Sie mache ich Sie darauf aufmerksam, das ist alles.«
    Er wollte sich entfernen, aber der andere hielt ihn zurück und sagte lebhaft:
    »Sie beunruhigen mich, lieber Herr Bourrette. Drücken Sie sich bitte deutlich aus. Es scheint mir, daß Sie mir auch ohne üble Nachrede Aufklärung verschaffen können.«
    »Nun gut!« erwiderte der alte Priester nach einigem Zögern, »der junge Mann, Doktor Porquiers Sohn, betrübt seinen

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