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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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entfernt gestanden hatte, wieder zwischen ihre beiden Töchter setzte, um sie gleichsam unter ihre Fittiche zu nehmen und vor seiner Berührung zu beschirmen. Er stützte sich mit dem Ellbogen auf das Klavier, das er hinter sich entdeckte; er blieb da, erhobenen Hauptes, das Gesicht hart und stumm wie ein Gesicht aus Stein. Sicherlich bestand eine Verschwörung; man behandelte ihn als Ausgestoßenen.
    In seiner Reglosigkeit machte der Priester, dessen Blicke unter seinen halbgeschlossenen Lidern den Salon durchwühlten, eine sogleich wieder unterdrückte Gebärde. Er hatte hinter einer wahren Barrikade von Röcken Abbé Fenil erkannt, der in einem Sessel ausgestreckt lag und taktvoll lächelte. Als sich ihre Augen begegneten, sahen sie sich einige Sekunden mit der schrecklichen Miene zweier Duellanten an, die einen Kampf auf Leben und Tod beginnen. Dann entstand ein Rauschen von Stoff, und der Generalvikar verschwand wieder in den Spitzen der Damen.
    Unterdessen hatte es Félicité geschickt bewerkstelligt, sich dem Klavier zu nähern. Sie stellte die Ältere der beiden Fräulein Rastoil dort auf, die recht nett Romanzen sang. Als sie dann sprechen konnte, ohne gehört zu werden, zog sie Abbé Faujas in eine Fensternische.
    »Was haben Sie denn Abbé Fenil getan?« fragte sie ihn.
    Sie sprachen sehr leise weiter. Der Priester hatte zuerst Überraschung geheuchelt; aber als Frau Rougon einige Worte geflüstert hatte, die sie mit einem Achselzucken begleitete, schien er mitteilsam zu werden, plauderte er. Sie lächelten beide, schienen Höflichkeiten auszutauschen, während das Aufblitzen ihrer Augen diese gespielte Banalität Lügen strafte. Das Klavier verstummte, und die Ältere der beiden Fräulein Rastoil mußte »Die Taube des Soldaten« singen, die damals großen Erfolg hatte.
    »Ihr erstes Auftreten ist ganz und gar mißlungen«, flüsterte Félicité, »Sie haben sich unmöglich gemacht, ich rate Ihnen, für einige Zeit nicht wieder hierherzukommen … Sie müssen sich beliebt machen, verstehen Sie? Gewaltstreiche würden Ihr Verderben sein.«
    Abbé Faujas verharrte sinnend.
    »Sie meinen, diese häßlichen Geschichten sollen von Abbé Fenil erzählt worden sein?« fragte er.
    »Oh! Er ist zu schlau, um sich so herauszustellen; er wird diese Dinge seinen Beichtkindern in die Ohren geblasen haben. Ich weiß nicht, ob er Sie durchschaut hat, aber er hat Angst vor Ihnen, das ist sicher; er wird Sie mit allen denkbaren Waffen bekämpfen … Das Schlimme ist, daß er den vornehmsten Leuten der Stadt die Beichte abnimmt. Er hat Marquis de Lagrifoul bei der Wahl aufstellen lassen.«
    »Es war falsch von mir, zu dieser Abendgesellschaft zu kommen«, ließ sich der Priester entschlüpfen.
    Félicité kniff die Lippen zusammen. Sie entgegnete rasch:
    »Es war falsch von Ihnen, sich mit einem Menschen wie diesem Condamin zu kompromittieren. Ich habe mein möglichstes getan. Als die Ihnen bekannte Person mir aus Paris geschrieben hat, habe ich geglaubt, Ihnen nützlich zu sein, indem ich Sie einlud. Ich bildete mir ein, Sie würden es verstehen, sich hier Freunde zu schaffen. Das war ein erster Schritt. Aber statt daß Sie zu gefallen suchen, bringen Sie alle Welt gegen mich auf … Warten Sie! Entschuldigen Sie meine Offenheit, ich finde, daß Sie dem Erfolg den Rücken zukehren. Sie haben nichts als Fehler begangen, indem Sie sich bei meinem Schwiegersohn einmieteten, indem Sie sich zu Hause verkriechen, indem Sie eine Soutane tragen, die den Bengels auf der Straße Freude macht.«
    Abbé Faujas konnte eine ungeduldige Handbewegung nicht zurückhalten. Er begnügte sich zu antworten:
    »Ich werde aus Ihren guten Ratschlägen Nutzen ziehen. Nur helfen Sie mir nicht, das würde alles verderben.«
    »Ja, diese Taktik ist klug«, sagte die alte Dame. »Kehren Sie in diesen Salon nur siegreich zurück … Ein letztes Wort, lieber Herr. Diese Person in Paris legt großen Wert auf Ihren Erfolg, und darum interessiere ich mich für Sie. Nun ja! Glauben Sie mir, spielen Sie nicht den schwarzen Mann; seien Sie liebenswürdig, gefallen Sie den Frauen. Merken Sie sich das gut, gefallen Sie den Frauen, wenn Sie wollen, daß Plassans Ihnen gehört.«
    Die Ältere der beiden Fräulein Rastoil beendete ihre Romanze und schlug einen letzten Akkord an. Man klatschte zurückhaltend Beifall. Frau Rougon hatte Abbé Faujas verlassen, um die Sängerin zu beglückwünschen. Darauf hielt sie sich in der Mitte des Salons und drückte den

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