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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Nachtluft hergetragen wurden, während in der Ferne die letzten Geräusche von Plassans erstarben.
    »Da«, flüsterte er und lauschte, die Ohren spitzend, in Richtung der Unterpräfektur, »das sind die Stimmen von Herrn de Condamin und Doktor Porquier. Sie müssen sich wohl über die Paloques lustig machen … Haben Sie die Fistelstimme von Herrn Delangre gehört, der gesagt hat: ›Meine Damen, Sie sollten hineingehen; die Luft wird kühl.‹ Finden Sie nicht, daß er immer den Eindruck macht, als habe er eine Rohrflöte verschluckt, der kleine Delangre?« Und er drehte sich zu Rastoils Garten um.
    »Es ist niemand bei ihnen«, fing er wieder an. »Ich höre nichts … Ah, doch! Die dummen Gänse, die Töchter, sind vor dem Wasserfall. Man möchte meinen, die Ältere kaut Kieselsteine beim Sprechen. Jeden Abend haben sie eine gute Stunde zu schwatzen. Wenn sie sich die Liebeserklärungen anvertrauen, die man ihnen macht, dürfte das doch nicht lange dauern … Aha! Sie sind alle da. Da ist Abbé Surin, der eine Flötenstimme hat, und Abbé Fenil, der am Karfreitag als Klapper dienen könnte. In diesem Garten pferchen sich manchmal zwanzig Leute zusammen, ohne nur einen Finger zu rühren. Ich glaube, daß sie sich dort hinsetzen, um zuzuhören, was wir sagen.«
    Auf alle diese Schwätzereien antworteten Abbé Faujas und Marthe mit kurzen Sätzen, wenn er sie unmittelbar fragte. Für gewöhnlich waren sie beide mit erhobenem Gesicht, verlorenen Augen anderswo, weiter, höher. Eines Abends schlief Mouret ein. Da begannen sie sacht zu plaudern; sie senkten die Stimmen, steckten ihre Köpfe zusammen. Und einige Schritte entfernt saß Frau Faujas, die die Hände auf den Knien hielt, die Ohren und die Augen aufsperrte, ohne etwas zu hören, ohne etwas zu sehen, und sie zu bewachen schien.
     

Kapitel X
    Der Sommer verging. Abbé Faujas schien es keineswegs eilig zu haben, aus seiner wachsenden Beliebtheit Vorteile zu ziehen. Er schloß sich weiterhin bei den Mourets ein, war glücklich über die Einsamkeit des Gartens, in den er schließlich sogar tagsüber hinunterging. Hinten unter dem Laubengang las er sein Brevier, wandelte gesenkten Hauptes langsam an der Einfriedungsmauer entlang. Zuweilen machte er das Buch zu, verlangsamte den Schritt noch, gleichsam in einer tiefen Träumerei versunken; und Mouret, der ihn belauerte, wurde schließlich von einer dumpfen Ungeduld ergriffen, wenn er diese schwarze Gestalt stundenlang hinter seinen Obstbäumen auf und ab gehen sah.
    »Man fühlt sich nicht mehr wie zu Hause«, murrte er. »Ich kann jetzt nicht aufsehen, ohne diese Soutane zu erblicken … Er ist wie ein Rabe, dieser Kerl da; er hat runde Augen, die auf irgend etwas zu lauern und zu warten scheinen. Ich traue seinem großartigen Uneigennützigkeitsgetue nicht.«
    Das Gebäude des Marienwerkes wurde erst gegen Anfang September fertig. In der Provinz dauern Arbeiten ewig. Es muß gesagt werden, daß die Wohltätigkeitsdamen Herrn Lieutauds Pläne zweimal durch eigene Einfälle umgestoßen hatten. Als das Komitee die Anstalt in Besitz nahm, entschädigten sie den Architekten mit den liebenswürdigsten Lobsprüchen für seine entgegenkommende Bereitwilligkeit. Alles schien ihnen zweckentsprechend: geräumige Zimmer, ausgezeichnete Nebengelasse, ein mit Bäumen bestandener und mit zwei kleinen Springbrunnen geschmückter Hof. Frau de Condamin war über die Fassade, einen ihrer Einfälle, entzückt. Über der Tür war auf einer schwarzen Marmorplatte mit goldenen Buchstaben das Wort »Marienwerk« eingemeißelt.
    Die Einweihung gab Anlaß zu einer sehr ergreifenden Feier. Der Bischof kam persönlich mit dem Domkapitel, um die SanktJosephsSchwestern, die bevollmächtigt waren, den Dienst in der Anstalt zu versehen, in ihr Amt einzuführen. Man hatte etwa fünfzig in den Straßen des alten Viertels aufgelesene Mädchen von acht bis fünfzehn Jahren zusammengeholt. Damit sie zugelassen wurden, hatten die Eltern lediglich zu erklären brauchen, daß ihre Arbeit sie zwinge, den ganzen Tag über von Hause abwesend zu sein. Herr Delangre hielt eine mit großem Beifall aufgenommene Rede; in würdevollem Stil erläuterte er ausführlich diesen neuartigen Kinderhort; er nannte ihn »die Schule der guten Sitten und der Arbeit, in dem junge und bemitleidenswerte Geschöpfe den üblen Verlockungen entgehen würden«. Sehr beachtet wurde gegen Ende der Rede eine feine Anspielung auf den wahren Urheber des Werkes, auf Abbé Faujas. Er

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