Die Eroberung von Plassans - 4
können! – Niemand hat mich benachrichtigt! – Ach! Sehen Sie, mein Freund, Sie hatten recht, als Sie mir zu verstehen gaben, daß ich hier nichts mehr zu sagen habe; meine Güte wird mißbraucht.«
»Monsignore wissen«, sagte Abbé Faujas, »wie sehr ich Monsignore ergeben bin; ich warte nur auf ein Zeichen von Monsignore.«
Der Bischof schüttelte den Kopf und murmelte:
»Ja, ja, ich entsinne mich dessen, was Sie mir angeboten haben; Sie sind ein vortrefflicher Mann. Bloß was für ein Spektakel, wenn ich mit Fenil breche! Acht Tage lang würde man mir die Ohren vollschreien. Und doch, wenn ich ganz sicher wäre, daß Sie mir mit einem Schlag diesen Menschen vom Halse schaffen würden, wenn ich keine Angst hätte, er käme nach Ablauf einer Woche zurück, um Ihnen den Fuß auf die Kehle zu setzen …«
Abbé Faujas konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
Dem Bischof stiegen Tränen in die Augen.
»Ich habe Angst, das ist wahr«, fuhr er fort und ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. »So weit ist es mit mir gekommen. Dieser Unglückselige hat Compan umgebracht und mir seinen Todeskampf verheimlicht, damit ich ihm nicht die Augen zudrücken konnte; er ersinnt schreckliche Dinge … Aber sehen Sie, ich lebe lieber in Frieden. Fenil ist sehr rührig, er leistet mir in der Diözese große Dienste. Wenn ich nicht mehr da bin, werden sich die Dinge vielleicht weiser regeln.« Er beruhigte sich, er fand sein Lächeln wieder. »Übrigens geht augenblicklich alles gut, ich sehe keine Schwierigkeit … Man kann abwarten.«
Abbé Faujas setzte sich und sagte gelassen:
»Allerdings … Dennoch werden Sie als Ersatz für Herrn Abbé Compan einen Pfarrer für SaintSaturnin ernennen müssen.«
Monsignore Rousselot legte mit verzweifeltem Gesichtsausdruck seine Hände an die Schläfen.
»Mein Gott! Sie haben recht«, stammelte er. »Daran dachte ich nicht mehr … Der brave Compan weiß nicht, in welche Sorge er mich bringt, indem er so unvermittelt stirbt, ohne daß ich benachrichtigt war. Ich hatte Ihnen die Stelle versprochen, nicht wahr?«
Der Abbé verneigte sich.
»Nun gut, mein Freund! Sie werden mich retten; Sie werden mir mein Wort zurückgeben. Sie wissen, wie sehr Fenil Sie verabscheut; der Erfolg des Marienwerkes hat ihn vollends wütend gemacht; er schwört, daß er Sie daran hindern wird, Plassans zu erobern. Sie sehen, daß ich offenherzig zu Ihnen spreche. Als nun in den letzten Tagen von der Pfarrstelle in SaintSaturnin die Rede war, habe ich Ihren Namen ausgesprochen. Fenil ist in fürchterlichen Zorn geraten, und ich habe schwören müssen, die Pfarre einem seiner Schützlinge zu geben, dem Abbé Chardon, den Sie kennen, ein sehr ehrenwerter Mann übrigens … Mein Freund, tun Sie das für mich, verzichten Sie auf diesen Gedanken. Ich gebe Ihnen zur Entschädigung, was Sie wollen.«
Der Priester blieb ernst. Nach einem Schweigen sagte er, als sei er mit sich zu Rate gegangen:
»Sie wissen sehr gut, Monsignore, daß ich keinen persönlichen Ehrgeiz habe; ich wünsche, in der Zurückgezogenheit zu leben; für mich wäre es eine große Freude, auf diese Pfarrstelle zu verzichten. Nur bin ich nicht Herr meiner selbst; ich lege großen Wert darauf, die Gönner, die sich für mich interessieren, zufriedenzustellen … Überlegen Sie um Ihretwillen, Monsignore, ehe Sie eine Entscheidung treffen, die Sie später bedauern könnten.«
Obgleich Abbé Faujas sehr demütig gesprochen, hatte, spürte der Bischof die geheime Drohung, die diese Worte enthielten. Von einer angstvollen Ratlosigkeit gepeinigt, stand er auf, machte einige Schritte. Dann hob er die Hand:
»Nun ja, das gibt für lange Zeit Ärger … Ich hätte alle diese Erklärungen gerne vermieden; aber da Sie darauf bestehen, muß freimütig gesprochen werden … Nun, lieber Herr Abbé! Abbé Fenil wirft Ihnen vielerlei vor. Wie ich Ihnen bereits gesagt zu haben glaube, muß er wohl nach Besançon geschrieben haben, von wo er die ärgerlichen Geschichten erfahren haben wird, die Sie kennen … Gewiß, Sie haben mir das alles auseinandergesetzt, ich kenne Ihre Verdienste, Ihr reuevolles und zurückgezogenes Leben; aber was wollen Sie? Der Generalvikar hat Waffen gegen Sie, er macht furchtbaren Gebrauch davon. Oft weiß ich nicht, wie ich Sie verteidigen soll … Als der Minister mich gebeten hat, Sie in meiner Diözese aufzunehmen, habe ich ihm nicht verhehlt, daß Ihre Lage schwierig sein wurde. Er hat noch mehr darauf bestanden, er hat
Weitere Kostenlose Bücher