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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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gab es eine schmeichelhafte Ovation, ein Getuschel entzückter Frauen. Frau Delangre und Frau Rastoil warteten nicht, bis er sie begrüßen kam; sie drängten sich vor, um ihn zu seiner Ernennung zu beglückwünschen, die seit dem Morgen amtlich bekannt war. Der Bürgermeister, der Friedensrichter, sogar Herr de Bourdeu drückten ihm kräftig die Hand.
    »Na! Was für ein Kerl!« flüsterte Herr de Condamin Doktor Porquier ins Ohr. »Der wird es weit bringen. Ich habe es schon am ersten Tag gewittert … Sie wissen ja, sie lügen, daß sich die Balken biegen, die alte Rougon und er, die beiden mit ihrem heuchlerischen Getue. Ich habe ihn mehr als zehnmal gesehen, wie er bei einbrechender Nacht hierher schlich. Sie müssen beide bei netten Geschichten die Hand im Spiele haben!«
    Aber Doktor Porquier hatte eine gräßliche Angst, daß Herr de Condamin ihn bloßstellte; er beeilte sich, von ihm wegzukommen, um wie die anderen Abbé Faujas die Hand zu drücken, obgleich er nie das Wort an ihn gerichtet hatte.
    Dieser triumphale Einzug war das große Ereignis des Abends. Nachdem sich der Abbé gesetzt hatte, umringte ihn ein dreifacher Kreis von Röcken. Er plauderte mit bezaubernder Biederkeit, sprach von allerlei Dingen, wobei er es sorgfältig vermied, auf Anspielungen einzugehen. Als Félicité ihn unumwunden fragte, begnügte er sich zu sagen, daß er nicht im Pfarrhaus wohnen werde, daß er die Wohnung vorziehe, in der er seit annähernd drei Jahren so ruhig lebe. Unter den Damen war auch Marthe anwesend, die sich wie üblich sehr zurückhaltend verhielt. Sie hatte dem Abbé lediglich zugelächelt, ihn von fern angeschaut und ein wenig blaß, müde und unruhig ausgesehen. Aber als er seine Absicht zu erkennen gegeben hatte, nicht aus der Rue Balande fortzuziehen, errötete sie sehr; sie erhob sich, um in den kleinen Salon hinüberzugehen, als ersticke sie in der Hitze. Frau Paloque, neben die sich Herr de Condamin gesetzt hatte, grinste, als sie, laut genug, um verstanden zu werden, zu ihm sagte:
    »Das ist ja sauber, nicht wahr? – Sie sollte ihm wenigstens hier kein Stelldichein geben, da sie doch den ganzen Tag zu Hause für sich haben.«
    Allein Herr de Condamin fing an zu lachen. Die anderen setzten eine frostige Miene auf. Frau Paloque, die begriff, daß sie sich eben geschadet hatte, versuchte, die Sache ins Scherzhafte zu wenden. Indessen wurde in den Ecken über Abbé Fenil gesprochen. Es herrschte große Neugier, ob er kommen würde. Herr de Bourdeu, einer der Freunde des Generalvikars, erzählte gespreizt, Abbé Fenil sei leidend. Die Nachricht von dieser Unpäßlichkeit wurde mit taktvollem Lächeln aufgenommen. Jedermann war über den Umschwung auf dem laufenden, der sich in der bischöflichen Residenz vollzogen hatte. Abbé Surin teilte den Damen sehr merkwürdige Einzelheiten über den entsetzlichen Auftritt mit, zu dem es zwischen Monsignore und dem Generalvikar gekommen war. Der von Monsignore besiegte Generalvikar ließ erzählen, ein Gichtanfall fessele ihn ans Haus. Aber das war keine Lösung, und Abbé Surin fügte hinzu, »man würde noch ganz anderes erleben«. Das wurde mit leisen Ausrufen, Kopfschütteln, überraschten und zweifelnden Gesichtern von Ohr zu Ohr weitererzählt. Für den Augenblick wenigstens trug Abbé Faujas den Sieg davon. Daher wärmten sich die schönen frommen Damen sanft an dieser aufgehenden Sonne.
    Gegen Mitte des Abends trat Abbé Bourrette ein. Die Gespräche verstummten, man sah ihn neugierig an. Jeder wußte genau, daß er noch am Tag zuvor auf die Pfarre von SaintSaturnin gerechnet hatte; er hatte Abbé Compan während seiner langen Krankheit vertreten; die Stelle kam ihm zu. Ein bißchen außer Atem, blieb er mit zuckenden Lidern einen Augenblick auf der Schwelle stehen, ohne die Aufregung zu bemerken, die seine Ankunft verursachte. Als er Abbé Faujas erblickt hatte, stürzte er vor, drückte ihm überschwänglich beide Hände und rief:
    »Ah! Mein guter Freund, lassen Sie mich Ihnen Glück wünschen … Ich komme von Ihnen zu Hause, wo ich durch Ihre Mutter erfahren habe, daß Sie hier sind … Ich bin sehr glücklich, Sie zu treffen.«
    Abbé Faujas, der trotz seiner großen Kaltblütigkeit verlegen und von dieser Zärtlichkeit, die er nicht erwartete, überrascht war, hatte sich erhoben.
    »Ja«, murmelte er, »ich habe trotz meines geringen Verdienstes annehmen müssen … Ich hatte zuerst abgelehnt und Monsignore würdigere Priester genannt, Sie selbst

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