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Die Erpresserin

Die Erpresserin

Titel: Die Erpresserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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und ebenso wissen das zwei weitere
Leute«, sagte sie. »Ich möchte, daß Sie die beiden kennenlernen.«
    »Warum holen Sie sie nicht ab
und bringen sie auf die Polizeistation zu Lieutenant Freed ?«
schlug ich logischerweise vor. »Es ist das Zweckmäßigste, ihn zu überzeugen —
er ist der Beamte, der den Fall übernommen hat.«
    »Sie haben ihre Gründe, nicht
mit den Polypen sprechen zu wollen«, sagte sie kalt. »Aber mit Ihnen werden sie
reden, Mr. Holman. Demnach, was Harold sagte, scheinen Sie mehr auf Angies
Seite als auf der ihres alten Herrn zu sein. Sie liebte Harold, und wenn er
unschuldig ist, so können Sie sicher zwei Stunden erübrigen, um sich davon zu
überzeugen — um ihretwillen?«
    »Das kann ich vermutlich«,
sagte ich und nickte. »Wo sind also diese Leute?«
    »Ich werde Sie jetzt zu ihnen
bringen«, sagte sie. »Mein Wagen steht draußen.«
    »Soll das heißen, daß Sie mich
auch wieder nach Hause bringen?«
    Sie grinste mich an. »Warum
nicht, Mr. Holman? Der Gedanke an ein sündiges Dasein in Luxus hat mir immer
zugesagt, und dies ist das erstemal , daß ich das
Innere eines Hauses in Beverly Hills betreten habe!«
    »Irgendwie kann ich es gar
nicht erwarten, wieder nach Hause zu kommen«, murmelte ich. »Und nennen Sie
mich Rick, ja?«
    »Gern, Rick«, sagte sie
beiläufig. »Sie können mich Polly nennen, aber bitte keine Witze über Haus und
Heim — okay?«
    »Abgemacht!« versprach ich.
    Wir gingen aus dem Haus, und
Polly ging voran die Zufahrt hinunter, wo ein altertümlicher ausländischer
Sportwagen stand. Es war eines dieser ehrwürdigen, aufrechten Dinger, die einem
selbst auf der Fernstraße regelmäßig das Rückgrat ausrenken, von einer
ungeteerten Straße ganz zu schweigen. Ich kletterte auf den Mitfahrersitz und
blickte dann Polly zweifelnd an, als sie sich hinter dem Speichenlenkrad
niederließ.
    »Versprechen Sie mir, nicht
über dreißig zu fahren?« fragte ich.
    Sie grinste mir erneut zu und
ließ dann den Motor an. Er gab einen ohrenbetäubenden Jammerlaut von sich, als
beabsichtige er, den ganzen verdammten Wagen senkrecht in den Weltraum zu
befördern. Dann machte das Auto einen ruckartigen Satz, der mich hart gegen die ungepolsterte Rücklehne zurückwarf, und schoß in
einer Wendung von neunzig Grad auf die Straße hinaus. Ich warf einen schnellen
Blick über meine Schulter und sah einen Schwall dicken, fettigen schwarzen
Rauchs über der Zufahrt hängen. Ich hatte nicht die Zeit, mich zu fragen, was
die Nachbarn wohl denken würden, denn da waren wir bereits halbwegs über die
nächste Kreuzung weg, und Polly schien die Absicht zu hegen, der Abkürzung
halber zwischen den Vorder- und Hinterrädern eines Neuntonners
hindurchzufahren, der sich unmittelbar vor uns befand. Als ich die Augen wieder
öffnete, hatten wir infolge eines Wunders den Lastwagen hinter uns gelassen.
    Als wir schließlich in — wie
mir schien — West-Hollywood vor einer verfallenen Scheune hielten, war ich
nervlich ein Wrack. Polly stellte den Motor ab, und die schreckliche Stille, die
folgte, schien noch beinahe schlimmer als der Krach zuvor. Polly warf einen
Blick auf ihre Armbanduhr und lächelte mir befriedigt zu.
    »Nicht schlecht«, sagte sie.
»Fünf Minuten unter der Zeit, die ich gebraucht habe, um zu Ihrem Haus zu
fahren.«
    »Wir leben noch«, murmelte ich.
»Das ist wahrscheinlich immerhin etwas. Haben Sie mich denn nicht die ganze
Zeit schreien hören?«
    »Sicher, aber ich konnte nicht
schneller fahren.«
    »Schneller?« wimmerte ich. »Ich
habe Ihnen zugeschrien, Sie sollten langsamer fahren!«
    »Oh — na ja.« Sie zuckte
anmutig die Schultern. »Jetzt ist es ohnehin Historie.«
    Ich kletterte steif aus dem
Wagen und folgte ihr die kurze mit Unkraut überwucherte Zufahrt hinauf, bis wir
die Vorveranda erreichten, deren alter Betonboden voller Risse war, in denen
Moos wuchs. Polly fummelte erneut in der Tasche ihres Oberteils herum und zog
einen Schlüssel heraus.
    »Willkommen in Pollys
Narrenhaus!« Sie schloß die Tür auf und öffnete sie mit weit ausholender
Bewegung. »Meine alte Tante ist vor einem Jahr gestorben und hat mir das hier
hinterlassen. Das letztemal gestrichen wurde es im
Jahr achtundzwanzig, als mein Onkel die Pleite feierte, die er im folgenden
Jahr an der Börse erlebte.«
    Sie trat ein und knipste das
Licht an. Der lange Flur sah wie eine Stätte des Elends aus, mit der von den
Wänden herabblätternden Farbe und dem rissigen Linoleum, dessen Muster

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