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Die Erpresserin

Die Erpresserin

Titel: Die Erpresserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Widerstandskraft.«
    Lisa öffnete die oberste
Schublade eines mitgenommen aussehenden Schranks neben dem Ausguß, nahm ein
häßlich aussehendes Schustermesser heraus und kam dann zu mir
zurückgeschlendert, wobei sie die Schärfe des Messers dadurch prüfte, daß sie
damit in ihren eigenen Daumenballen stach, bis Blut herausfloß .
    »Ich glaube, mit dem hier
geht’s prima«, sagte sie mit ihrer Kleinmädchenstimme. » Marv ?
Sei ein Schatz und hole mir meine Zigaretten! Ich habe sie im Zimmer
liegenlassen, und ich kann mich immer besser konzentrieren, wenn ich rauche.«
    »Okay«, sagte er zögernd. »Aber
fang’ schon an, ja. Wir verschwenden im Augenblick nur Zeit.«
    »Mach’ keinen Wirbel,
Herzchen«, gurrte sie. »Ich fange ja schon an.«
    Sie trat aus meiner Sichtweite
hinter meinen Stuhl, und im nächsten Augenblick jaulte ich laut auf, als sich
die Messerspitze bösartig in meinen Nacken bohrte. Marvin brummte zustimmend
und verließ das Zimmer.
    »Sie sind doch recht gerissen,
Süßer«, flüsterte die hohe Stimme in mein Ohr. »Und Sie sind doch sicher auch
groß genug, um es mit Marv aufzunehmen?«
    »Lisa«, sagte Polly in scharfem
Ton, »was flüsterst du da?«
    »Ach, Süße«, kicherte Lisa,
»ich erzähle ihm nur gerade, wohin ich das kleine alte Messer demnächst stecke.
Ich möchte ihm ein bißchen Vorfreude gönnen, verstehst du?«
    »Gut«, sagte Polly zweifelnd.
»Solange du nicht auf eine deiner verrückten Ideen kommst.«
    »Laß dich nicht rausbringen,
Süße«, sagte Lisa. »Du wirst gleich sehen, wie er zu schwitzen beginnen wird,
wenn ich ihm noch ein paar weitere erfreuliche Aussichten zuflüstere!« Ihre
Stimme senkte sich erneut, und ihre Lippen berührten mein Ohr. »Ich werde Ihre
Hände befreien, Großer, also schreien Sie ein paarmal laut auf, als ob Sie
verletzt worden wären, ja?«
    Ich tat wie geheißen und
hoffte, es klänge überzeugend. Polly beobachtete uns die ganze Zeit über, und
ihr Blick war noch immer mißtrauisch. Dann gab der Strick, mit dem meine Hände
zusammengebunden waren, nach, und Lisa kicherte erneut.
    »Das hier ist ein ganz
raffinierter Trick, Süße. Komm her und sieh, was ich mache, ja?«
    Polly trat näher, und ich mußte
fünf quälende Sekunden warten, bis sie ausreichend nahe war, so daß ich sie
packen konnte. Ich zog sie auf meinen Schoß, den einen Arm eng um sie
geschlungen, die eine Hand fest auf ihrem Mund. Sie wand sich verzweifelt und
gab erstickte Laute von sich, versuchte auch dazwischen, in meine Hand zu beißen,
aber es dauerte nicht lang, bis Lisa meine Beine befreit hatte. Ich stand auf,
zerrte Polly mit mir hoch, wobei ich bei dem Gedanken, Marv könnte jeden Augenblick zurückkehren, in Schweiß ausbrach. Ritterlichkeit
spielte in Holmans Vokabular in dieser Sekunde keine
Rolle, ich verpaßte Polly einen Nackenschlag und ließ ihren schlaffen Körper zu
Boden sinken.
    Mein Kopf pochte noch immer
schmerzhaft; ich spürte, wie mir das Blut von dem geschwollenen Mund
herabtröpfelte, und meine Schläfe, gegen die Marv mit
solcher Gewalt getrommelt hatte, fühlte sich wie ein trockengelegter Sumpf an.
Der Gedanke, es mit dem großen Burschen vom Land aufnehmen zu müssen, reizte
mich etwa ebenso sehr wie der Gedanke an Selbstmord, und meiner Ansicht nach
kam es auch weitgehend auf dasselbe heraus. Dann hörte ich Lisas schrilles
Gekicher der Vorfreude, als sich die Tür öffnete und Marv eintrat.
    Ich nahm den Stuhl, auf dem ich
gesessen hatte, und warf ihn nach ihm. Die Entfernung war sehr kurz — knapp
zwei Meter —, was sehr angenehm war, denn es bedeutete, daß ich ihn nicht
verfehlen konnte. Die eine Kante des hölzernen Stuhls schlug ihm mit
zufriedenstellend dumpfem Laut gegen das Nasenbein. Dann fiel der Stuhl auf den
Boden, und Marvin folgte ihm etwa eine Sekunde später. Ich verpaßte ihm einen
schnellen Tritt in die Rippen, um zu sehen, ob er den laufenden Ereignissen
noch zu folgen vermochte, aber er stöhnte nicht einmal; er rollte ein Stück
weiter und blieb auf dem Rücken liegen, mit leerem Blick zur Decke starrend.
    »Das war aber kein gewaltiger
Kampf.« Lisas Kleinmädchenstimme klang enttäuscht. »Sie haben mich ’reingelegt,
Großer. Dadurch, daß Sie diesen Stuhl benutzt haben, ist der alte Marv um die Hälfte seiner Chancen gebracht worden.«
    »Wenn er auch nur halb die
Chance gehabt hätte, so hätte er mich aller Wahrscheinlichkeit nach
umgebracht«, brummte ich. »Und — oh, nein!«
    Sie kam mit einem

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