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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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Ernte vor dem Winter.« Mrs. Stockbridge hatte sie brieflich angefleht, in die Zivilisation zurückzukehren. Auch die Blakes hatten ihr geschrieben und Neuigkeiten aus Boston berichtet. Hier in der Wildnis war sie viel glücklicher. Das sah François ihr an. »Wohin werden Sie jetzt reiten?«, fragte sie und führte ihn ins Wohnzimmer. Hier war es kühler als draußen, weil dieser Teil des Hauses im Schatten der hohen Ulmen lag. Das hatten die Männer bei den Bauarbeiten glücklicherweise bedacht.
    »Colonel Stockbridge erwartet mich zu einer Unterredung.« Im Vorjahr hatten Freiwillige aus Kentucky mehrere Shawnee-Dörfer geplündert und niedergebrannt, was dem Kommandanten große Sorgen bereitete - ebenso wie das Fort Washington, dessen Errichtung einige Verträge mit den Indianern verletzte. Nun fürchtete er einen Vergeltungsschlag. Blue Jacket hatte bereits den Ohio überquert und Siedler in Kentucky angegriffen, um sich zu rächen. Doch der Colonel rechnete mit einer größeren Auseinandersetzung, und François teilte seine Meinung. Darüber hatten sie in der Hauptstadt gesprochen.
    Bestürzt hörte Sarah zu, als er ihr das alles erklärte. »Gibt's denn keine Möglichkeit, einen Krieg zu verhindern?«
    »Wohl kaum. Der Shawnee Blue Jacket findet, seine bisherige Revanche würde nicht ausreichen, und es ist schwierig, mit ihm zu verhandeln. Ein paarmal habe ich's versucht, ohne Erfolg. Er hasst die Irokesen fast genauso wie die Weißen. Im Augenblick können wir nur hoffen, dass er des Kampfes müde wird und die Überzeugung gewinnt, er hätte genug Skalps erbeutet, um den Verlust seiner Leute zu verschmerzen. Nur wenn andere Indianervölker in den Konflikt hineingezogen werden, ließe er sich zurückhalten, und das will niemand.« Er brachte Verständnis für die Schwierigkeiten beider Seiten auf. Aber seine Sympathie gehörte öfter den Indianern als dem weißen Mann, da sie mehr erduldet hatten. Außerdem waren sie nach François' Ansicht ehrlicher.
    »Ist es nicht gefährlich, mit Blue Jacket zu verhandeln?«, fragte Sarah beunruhigt. »Sicher sieht er einen Weißen in Ihnen - und keinen Irokesen.«
    »Für ihn spielt das nur eine geringfügige Rolle. Ich bin kein Shawnee. Und das genügt, um seinen Zorn zu erregen. Er ist ein tapferer Krieger, von Feuer und Leidenschaft erfüllt.« Offenbar bewunderte François den Häuptling. Aber er schien ihn auch zu fürchten - mit gutem Grund, da Blue Jacket nicht davor zurückschrecken würde, seinem Volk einen neuen großen Indianerkrieg aufzubürden.
    Eine Zeit lang erörterten sie die Probleme. Als sie wieder hinausgingen, war es kühler geworden, und Sarah schlug einen Spaziergang zum Wasserfall vor. Dieses tägliche Ritual versäumte sie niemals. Schweigend wanderten sie nebeneinander her. Am Ziel angelangt, nahm Sarah auf ihrem Lieblingsfelsen Platz und beobachtete die funkelnde Kaskade so hingerissen, dass François ihr Gesicht fasziniert musterte. Er wollte ihr gestehen, wie oft er an sie gedacht hatte. Doch er fand nicht die richtigen Worte. Schweigend setzte er sich, um an ihrer Seite das Naturschauspiel zu genießen. Jeder versank in seinen eigenen Gedanken. Manchmal wandte sie sich zu ihm und betrachtete sein bronzebraunes Gesicht. Es erschien ihr immer noch unglaublich, dass er kein Irokese war.
    Nach einer Stunde traten sie den Rückweg an. Hin und wieder streifte sein nackter Arm ihre Schulter. Beim Haus angekommen, fragte sie: »Bleiben Sie diesmal länger in der Garnison?«
    »Ja. Dort treffe ich einige meiner Männer.« Bereitwillig nahm er ihre Einladung zum Dinner an. Da er mit dem Colonel keinen genauen Zeitpunkt für das Treffen vereinbart hatte, konnte er im Wald oder in Sarahs Stall übernachten und am nächsten Morgen zum Fort reiten. Er erlegte drei Hasen, die sie mit Gemüsen aus ihrem Garten schmorte. Auch Patrick und John saßen am Esstisch. Überschwänglich dankten sie ihr für den köstlichen Eintopf, ehe sie ihre abendlichen Pflichten erfüllten.
    Etwas später schlenderte sie mit François in die mondhelle Nacht hinaus, und nach wenigen Minuten sahen sie einen Kometen. »Ein gutes Zeichen, sagen die Indianer«, erklärte er. »Also werden Sie hier ein segensreiches Leben führen.«
    »Das ist mir bereits gelungen«, erwiderte sie und schaute sich um. Mehr wünschte sie sich nicht.
    »Aber Sie stehen erst am Anfang. Sie müssen vorangehen, etwas tun, vielen Menschen Ihre Klugheit schenken.«
    Lächelnd wandte sie sich zu ihm und

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