Die Erscheinung
sind schon ganz besessen von Sarah.«
Trotz ihres sanften Spotts stand sein Entschluss fest. Er hoffte, er würde keinen Fehler begehen. Doch er vertraute ihr, und sie brauchte diese Lektüre mindestens genauso dringend wie er. »Ich möchte Ihnen was zu lesen geben.«
»Klar«, stimmte sie lachend zu. »Das habe ich im ersten Jahr auch getan. Ich las all die Psycho-Bücher. Wie erholt man sich von einer Scheidung? Wie befreit man sich von der Vergangenheit? Wie hört man auf, den Exmann zu hassen? Aber wie soll man wieder Vertrauen zu einem Mann fassen - jemanden finden, der einem das alles nicht noch einmal antut, oder neuen Mut aufbringen? Dafür gibt's keine Rezepte.«
»Vielleicht habe ich eins«, entgegnete er geheimnisvoll und lud sie für Mittwochabend mit ihrer Tochter zum Dinner ins Château ein. Skeptisch runzelte sie die Stirn, und er erklärte, er würde ihr gern das alte Haus zeigen. Ja, das wollte sie sehen. »Außerdem würde sich Monique wahnsinnig freuen.«
Nach langem Zögern stimmte Francesca zu.
Zwei Tage lang machte er im Château sauber, saugte und wischte Staub, dann kaufte er Wein, Zutaten für das geplante Dinner und backte Kekse für Monique. Er fand nicht einmal Zeit, Sarahs Tagebücher zu lesen. Aber er wollte sich keine Blöße geben.
Als er seine Gäste am Mittwochabend abholte und ins Château führte, war Francesca sichtlich begeistert - von dem schönen alten Gebäude und der Mühe, die er sich gemacht hatte. So wie Charlie war auch sie tief bewegt von der Atmosphäre, die sie in diesen Mauern spürte. Selbst wenn man nichts über Sarah wusste, glaubte man, die Liebe früherer Bewohner würde einem das Herz erwärmen.
Sogar das Kind wurde von eigenartigen Gefühlen erfasst und schaute sich interessiert um. »Wem gehört das Haus?«
»Einer netten alten Freundin in Shelburne Falls«, erklärte Charlie, und vor langer Zeit habe eine Engländerin namens Sarah darin gewohnt - eine ganz besondere Frau.
»Ist sie jetzt ein Geist?«, fragte Monique, und Charlie schüttelte lachend den Kopf, weil er ihr keine Angst einjagen wollte. Er hatte Malbücher und Buntstifte für sie gekauft, und er bot ihr an, den Fernseher einzuschalten, falls ihre Mutter nichts dagegen habe. Damit war Francesca einverstanden. Er führte sie durch das ganze Haus und zeigte ihr alles - bis auf die Tagebücher.
Ebenso entzückt wie er selbst am ersten Tag, stand sie am Fenster des Salons und blickte über das Tal hinweg. »Einfach wundervoll … Jetzt verstehe ich, warum Sie sich in das Château verliebt haben.«
Dankbar lächelte sie ihn an. Sie freute sich über die vielen kleinen Aufmerksamkeiten - die Malbücher für Monique, die selbst gebackenen Kekse, ihren Lieblingswein, den er gekauft hatte, die Pasta, die ihre Tochter besonders gern mochte.
Bei einem gemütlichen Dinner in der Küche erzählte er alles, was er über Sarah Ferguson wusste. Bald verlor Monique das Interesse - im Gegensatz zu Francesca. Beiläufig bemerkte sie: »Nun würde ich gern das Material über die Countess sehen, das Sie gefunden haben, Charlie. Wahrscheinlich wird sich manches mit meiner Indianerforschung überschneiden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hat François de Pellerin einige Friedensverträge ausgehandelt. Deshalb würde ich Ihre Informationsquellen gern sehen.«
Er wartete, bis Monique in eine Fernsehsendung vertieft war. Dann ging er in das kleine Arbeitszimmer hinauf, wo er die Tagebücher verwahrte, und nahm das erste aus der alten Ledertruhe. Liebevoll strich er über den Einband. Seit er die Bücher gefunden hatte, waren sie immer wichtiger für ihn geworden. Sie erfüllten sein Leben mit hilfreichen neuen Erkenntnissen. Nur diesen Aufzeichnungen verdankte er den Mut, in die Zukunft zu blicken, Francesca näher kennen zu lernen und Carole in die Vergangenheit zu verbannen. Er wusste, auch Francesca würde neue Kraft aus den Tagebüchern schöpfen. Sie waren ein Geschenk von Sarah. Nicht von ihm.
Langsam stieg er die Treppe hinab. Francesca stand im halbdunklen Salon und bewunderte den Parkettboden, die Stuckatur an der Decke, die hohen Glastüren. Lächelnd wandte sie sich zu Charlie, und er merkte ihr an, wie intensiv sie die Magie des Châteaus wahrnahm. Die Liebe zwischen Sarah und François war so stark gewesen, dass sie auch noch nach zwei Jahrhunderten in der Luft vibrierte.
Im Mondlicht erwiderte er ihr Lächeln. »Ich habe ein Geschenk für Sie. Eigentlich eine Leihgabe. Etwas ganz Besonderes,
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