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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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von dem sonst niemand weiß.« Verwirrt schaute sie zu ihm auf. Am liebsten hätte er sie umarmt und geküsst. Doch das wagte er nicht. Noch war es nicht an der Zeit, zuerst musste sie die Tagebücher lesen.
    »Was ist es denn?«, fragte sie erwartungsvoll. Sie fühlte sich so wohl in seiner Nähe, in seinem Haus, und das überraschte sie.
    Mit solchen Emotionen hatte sie nicht gerechnet.
    Er hielt ihr das Buch hin, und sie nahm es aus seiner Hand. Am Rücken stand kein Titel. Offensichtlich war es sehr, sehr alt. Behutsam strich sie über das abgegriffene Leder, und die Liebe zu antiquarischen Büchern leuchtete aus ihren Augen. Ganz vorsichtig öffnete sie den schmalen Band und las Sarah Fergusons Name auf dem Vorsatzblatt. Dieses Tagebuch hatte Sarah aus England mitgenommen, wo die früheren zweifellos zurückgeblieben waren, und an Bord der
Concord
weitergeführt.
    »Mein Gott, Charlie …« Atemlos blätterte Francesca die ersten Seiten um. »Sarah Fergusons Tagebuch …«
    »Ja«, bestätigte er fast feierlich und schilderte, wie er die Truhe auf dem Speicher gefunden hatte.
    »Unglaublich!« Francesca war genauso begeistert und aufgeregt wie er, und er freute sich darüber. »Haben Sie schon alle gelesen?«
    »Noch nicht. Es gibt sehr viele. Und sie umfassen fast ihr ganzes Leben. Von den Ereignissen, die ihre Reise nach Amerika verursachten, bis zu ihrem Tod, wie ich vermute. Eine faszinierende Lektüre. Ein paar Tage lang war ich sogar in Sarah verliebt«, gestand er grinsend. »Aber sie ist ein bisschen zu alt für mich - und ganz verrückt nach François. Da hätte ich keine Chance.«
    Ehrfürchtig hielt Francesca das Tagebuch in der Hand, als sie Charlie in die Küche folgte. Dort saß Monique am Tisch, mit den Malbüchern und dem Fernseher beschäftigt und sichtlich zufrieden.
    Nachdem Francesca und Charlie Platz genommen hatten, setzten sie das Gespräch über Sarah fort. »Am meisten beeindruckt mich ihr mutiger Entschluss, ein neues Leben zu beginnen.« Eifrig beugte er sich vor. »Ich glaube, in einer gewissen Phase war ihr genauso zumute wie uns. Zutiefst verletzt und gedemütigt, dachte sie, für sie würde es keine Zukunft geben. Verglichen mit diesem Earl muss Ihr Exmann geradezu ein Engel sein, Francesca. Unentwegt verprügelte und vergewaltigte er Sarah, zwang sie zu einer Schwangerschaft nach der anderen, und alle sechs Babys starben. Trotzdem wagte sie einen neuen Anfang und gab François eine Chance. So verrückt es auch klingen mag, immerhin ist sie seit fast zwei Jahrhunderten tot - mit ihrer Hilfe schöpfe ich wieder Hoffnung. Sie macht mir Mut. Und den möchte ich mit Ihnen teilen.«
    Francesca war so gerührt, dass sie zunächst keine Worte fand. Eine Zeit lang betrachtete sie das alte Tagebuch in ihrer Hand, dann stellte sie eine Frage und glaubte, die Antwort bereits zu kennen. »Sie haben sie gesehen, nicht wahr?«, flüsterte sie, weil Monique nichts von solchen Dinge hören durfte. Ein paar Sekunden lang erwiderte er ihren eindringlichen Blick, bevor er nickte. »O Gott, ich wusste es, Charlie! Wann?« Der zauberhafte Glanz in ihren grünen Augen beschleunigte seinen Puls.
    »Kurz nachdem ich hier einzog. Am Heiligen Abend. Damals wusste ich nicht viel über sie. Nach dem Dinner bei Mrs. Palmer kam ich hierher, und da stand Sarah in meinem Schlafzimmer. Ich dachte, eine Nachbarin würde mir einen Streich spielen, und ärgerte mich. Dann durchsuchte ich das ganze Haus, sogar den Schnee draußen. Aber ich fand keine einzige Fußspur - und erkannte die Wahrheit. Seither hoffe ich, bisher vergeblich, sie wieder zu sehen. Sie war bildschön, und sie erschien mir so - real, so menschlich.«
    Mochte sein Bericht auch verrückt klingen - Francesca hing begierig an seinen Lippen und konnte es kaum erwarten, mit der Lektüre des ersten Tagebuchs zu beginnen.
    Um zehn Uhr fuhr er seine Gäste nach Hause. Monique verkündete, es sei ein toller Abend gewesen, und Francesca strahlte vor Freude. Inständig hoffte Charlie, Sarahs Aufzeichnungen würden ihr genauso helfen wie ihm. »Rufen Sie mich an, wenn Sie das Buch zu Ende gelesen haben. Dann bekommen Sie das nächste - wenn Sie nett zu mir sind«, mahnte er scherzhaft, und sie lachte.
    »Ich fürchte schon jetzt, dass man davon süchtig wird.«
    »Seit ich im Château wohne, tue ich praktisch nichts anderes, als diese Tagebücher zu lesen. Vielleicht sollte ich eine Doktorarbeit darüber schreiben.«
    »Oder einen Roman«, schlug Francesca

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