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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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waren, hatte auch er den Tod herbeigesehnt. Damals hatte er geglaubt, er würde nie wieder eine Frau lieben. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher. Was er für Sarah empfand, obwohl sie sich erst seit kurzem kannten, erstaunte ihn. Er sprach nicht über seine Gefühle. Erst vor einem Jahr war ihr sechstes Baby gestorben, die Trauer noch lange nicht überstanden. Doch wie ihr Blick verriet, begannen die Wunden auf diesem schönen Fleckchen Erde zu heilen.
    Eine Zeit lang saßen sie noch im Sonnenschein, dachten an die Seelenqualen, die sie einander anvertraut hatten und die ihnen jetzt gemildert erschienen. Zu Sarahs maßloser Verwunderung war der Mann, der ihr vor sechs Monaten so viel Furcht eingeflößt hatte, ein guter Freund geworden. Sie bedauerte, dass er sie verlassen musste. Während sie zu ihrem Haus zurückwanderten, erklärte er ihr, seine Männer würden ihn weiter oben im Norden erwarten. Doch es gab einen anderen Grund, der ihn bewog, das Weite zu suchen. Er glaubte, er könnte sich selbst nicht trauen, wenn er zu lange bei Sarah blieb. Wie er ihren Worten entnommen hatte, war sie noch nicht bereit, ihr Herz zu verschenken. Vorerst musste er sich mit ihrer Freundschaft begnügen.
    Sie gab ihm Maisbrot und Schinken mit auf die Reise, und er ermahnte sie, Waffen und Munition zu kaufen. Seine Muskete hatte er ihr bereits geschenkt. Als er davonritt, flatterte das lange schwarze Haar im Wind hinter ihm her, und sie schaute ihm nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwand. Dann kehrte sie ins Haus zurück und sah etwas auf dem Küchentisch glänzen - die Halskette aus Bärenkrallen und die grünen Perlen, die er letzten Abend beim Dinner getragen hatte.
    Nur weil das Telefon auf dem Nachttisch läutete, legte Charlie das Tagebuch beiseite. Wie ihm der Sonnenstand verriet, war es schon Nachmittag. Er lag immer noch im Bett. Eben erst aus einem anderen Jahrhundert zurückgekehrt, fühlte er sich sekundenlang desorientiert und glaubte, die grünen Perlen zu sehen, die François in Sarahs Haus zurückgelassen hatte. Wahrscheinlich war Gladys am Apparat. Nachdem sein Telefon installiert worden war, hatte er ihr die Nummer gegeben und dem New Yorker Büro gefaxt - auch seiner Frau nach London. Doch sie hatte keinen Grund, ihn anzurufen.
    Als er den Hörer abnahm, meldete sie sich allerdings zu seiner größten Verblüffung. War sie zur Vernunft gekommen? Vermisste sie ihn endlich? Oder hatte Simon ihr etwas Schreckliches angetan? Egal, was sie zu dem Anruf bewog -es beglückte ihn, ihre Stimme zu hören. »Hi, Carole.«
    »Bist du okay?« Sie sorgte sich sehr um ihn, und er ahnte es nicht einmal.
    »O ja. Ich liege im Bett.« Entspannt streckte er sich und überlegte, wie gut ihr das Château gefallen würde. Davon wollte er ihr erzählen, sobald er erfahren hatte, warum sie ihn anrief.
    »Arbeitest du gar nichts mehr?«, erkundigte sie sich beunruhigt. Was in New York geschehen war, verstand sie nicht. Sie fürchtete, er hätte einen Nervenzusammenbruch erlitten. Es sah ihm nicht ähnlich, seinen Job hinzuschmeißen und sechs Monate Urlaub zu machen. Nun fragte sie sich misstrauisch, warum er um vier Uhr nachmittags im Bett lag.
    »Ich habe gelesen«, erwiderte er leicht gekränkt, ohne zu verraten, welche Lektüre ihn dermaßen fesselte. »Jetzt nehme ich mir einfach mal ein bisschen Zeit für mich selbst. Das habe ich mir schon sehr lange nicht mehr erlaubt.« Nach allem, was sie ihm letztes Jahr angetan hatte, müsste sie solche Bedürfnisse nachempfinden können. Aber in ihrer hektischen juristischen Welt widmeten sich normale gesunde Menschen niemals dem Müßiggang. Da gab man einen grandiosen Job nicht auf, um sechs Monate im Bett zu liegen und zu lesen.
    »Was ist los mit dir, Charlie?«, hakte sie bekümmert nach.
    »Keine Ahnung«, erwiderte er lachend. In London war es neun Uhr abends, und er glaubte, sie hätte eben erst das Büro verlassen. In Wirklichkeit saß sie noch an ihrem Schreibtisch. Simon wusste, mit wem sie telefonierte. Um zehn wollten sie sich im Annabel's treffen, und er würde fragen, wie das Gespräch verlaufen war. »Geht's dir gut?« Wie fröhlich Charlies Stimme klang … Und nun würde sie ihm die heitere Stimmung verderben. Das widerstrebte ihr, aber er sollte die Neuigkeit von
hr
erfahren, ehe ihn alte Freunde informieren könnten.
    »Sehr gut … Charlie - am besten sage ich's ohne Umschweife, statt um den heißen Brei herumzureden. Im Juni werden Simon und ich heiraten.

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