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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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hierher. Wir plaudern doch nur. Das eine hat mit dem anderen nicht das Geringste zu tun. Aha.
     
    Im Labor gibt es ein Gehirn. Ein menschliches Gehirn. Es steht in einem Regal in einem Tupperware-Behälter mit Formaldehyd. Nicht auszudenken: Da steht ein Mensch im Regal!
    Wer ist das. Wie heißt er.
    Ich habe nicht den leisesten Schimmer.
    Könntest du es rausfinden.
    Mein Dad macht keinen besonders begeisterten Eindruck.
    Kann ich ihm einen Namen geben.
    Nein.
    Kann ich es auf den Schoß nehmen, ich lasse auch den Deckel zu.
    Na schön.
    Hallo, da drinnen, Blumenkohlgehirn. Mr. Blumenkohl. Du bist so klein und kompakt. Und trotzdem ein Mensch. Ich weiß nicht, ob ich dich lieb haben kann, hässlich, wie du bist. Obwohl. Doch, ich glaube schon …
    Wie ein Gehirn so klein sein kann, ist mir ein Rätsel.
    Im Gehirn von meinem Dad liegen Mäuse und Menschen weit auseinander. Ziemlich weit sogar. Und dazwischen liegen meilenweise Wörter. Dazu braucht man sich nur mal einen seiner Artikel anzuschauen. Das Wort Maus werden Sie darin vergeblich suchen. Trotzdem kommen die Mäuse darin vor. Genau wie die Menschen. Und das Wort Maus führt, gut getarnt, früher oder später zu dem ebenfalls gut getarnten Wörtchen Mensch . Trotzdem sind Mäuse und Menschen niemals gleich. Mein Dad würde niemals schreiben: Die Maus konnte Schwimmen auf den Tod nicht ausstehen und sehnte sich nach ihrem Hotelzimmer.
    Er würde schreiben … Ich weiß auch nicht, was er schreiben würde. Wahrscheinlich, wie viel das Versuchstier hinterher getrunken hat. In Gramm.
    Mein Dad kann es nicht leiden, wenn ich so tue, als ob Mäuse und Menschen gleich wären. Oder wenn in einer Geschichte so getan wird. Wie zum Beispiel in den Beatrix-Potter-Büchern, die meine Großmutter mir geschickt hatte und die ich wegwerfen musste, weil mein Dad seine Stimme nicht leiden konnte, wenn er mir daraus vorlas. Bei Beatrix Potter sind Mäuse und Menschen nämlich immer gleich. Beatrix Potters Gehirn ist wahrscheinlich klein und dumm.
    Jetzt lesen wir nur noch Bücher mit echten Menschen. Richtige Bücher, bei denen mein Dad seine Stimme nicht verstellen und lügen muss.
    Ich verrate Ihnen mal ein Geheimnis über das Gehirn von meinem Dad. Sagen wir, Sie gehen den ganzen Weg von dem Wort Maus zu dem Wort Mensch . Der ist ziemlich weit. Sagen wir, Sie sind schon seit Tagen unterwegs. Schließlich kommen Sie bei Mensch an, und Sie sehen, dass der Weg hier nicht zu Ende ist, sondern noch weitergeht. Er wird schmaler und schmaler, bis er so schmal ist wie ein Mäuseschwanz. Sie gehen weiter, bis ganz ans Ende, und was finden Sie da. Sie finden das Wort Audrey .
    Angenommen, das Leben würde ewig währen. Will sagen: dein Leben.
     
    Das Buch, das am Tag der unfreiwilligen Freischwimmerprüfung zu Hause auf uns wartet, ist eine Biografie von Andrew Toti, dem Erfinder der Schwimmweste. Er hat auch die Hühnerrupfmaschine erfunden. Mein Dad sagt, die Hühnerrupfmaschine sei eine genauso bedeutende Erfindung wie die Schwimmweste und werde viel zu wenig gewürdigt. Weshalb wir die HRM jetzt immer, wenn wir Hühnchen essen, gebührend würdigen müssen. Was ich ziemlich eklig finde.
    Jedenfalls denke ich mir während der UFSP eine Schwimmweste für Mäuse aus. Mit kleinen Haken vor jeder Hotelzimmertür, wo sie die Schwimmweste zum Trocknen aufhängen können. Man könnte den Mäusen beibringen, die Westen selber anzuziehen. Sie haben so geschickte Finger. Stellen Sie sich vor, wie die Mäuse nach unten gucken, wenn sie die Schwimmwesten anlegen. Stellen Sie sich vor, wie goldig sie von hinten aussehen würden.
    Obacht, Audrey.
    ’tschuldigung.
    Mein Dad trocknet die Mäuse ab. Und wenn er damit fertig ist, trage ich sie in ihre Hotelzimmer zurück. Sie sind feucht und zittern am ganzen Körper, aber ich kreische nicht, und ich lasse sie auch nicht fallen. Ich setze sie hinein und mache die kleinen Gittertüren zu. Ihre rosafarbenen Händchen drücken sich gegen das Glas. Ihre kleinen Lungen rasseln.
    Trockne mich noch ein bisschen ab.
    Sie werden für ihr Leben gern abgetrocknet. Mein Dad hat ein superweiches, supersaugfähiges Handtuch, davon werden sie ganz verträumt und schließen die Augen.
    Jetzt ist die letzte Runde dran, Nummer 16 bis 20. Die Stoppuhr läuft. Und rein mit ihnen, im Minutenabstand. Sie müssen möglichst schnell ins Wasser, sonst laufen sie meinem Dad am Arm hoch. Einmal hat es eine Maus bis auf seine Schulter geschafft.
    Im Wasser sieht es aus, als

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