Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
Vom Netzwerk:
es offenbar mit Fassung.
    Mein Dad sagte, er werde nicht lange bleiben. Er werde mich nur zu Onkel Thobys Zimmer begleiten und sich dann wieder unseren Gästen widmen, damit sie sich nicht so verloren vorkämen. Verloren, sagte ich. Einsam, sagte er. Ich glaube nicht, dass sie sich einsam fühlen.
    Warum nicht.
    Kein Kommentar. Wie man so sagt, wenn man ein Geheimnis hat. Ich hatte zwar keins, aber es konnte ja nicht schaden, schon mal zu üben.
    Wir gingen einen mit orangenem Teppich ausgelegten Gang entlang. Der orangene Teppich hatte einen Mittelscheitel. Bis zur Sohle. Plötzlich standen wir vor Nummer 203. Na los, klopf an, sagte mein Dad.
    Nein, du. Ich drückte mir Wedges Kugel an die Brust. Mein Dad klopfte an. Ich war noch nie in einem richtigen Hotel gewesen und konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Onkel Thoby, unser Onkel Thoby, tatsächlich hinter dieser Tür war. Obwohl es zum Civil Manor eigentlich nicht allzu weit war, kam ich mir vor wie in einem anderen Universum. Zum Beispiel Doreen. Wer war sie. Nur eine Frau im Ohrensessel. Und doch spielte sie in unserem Leben plötzlich eine Rolle.
    Keine Reaktion.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen und versetzte der Tür einen Tritt.
    Na also, sagte mein Dad.
    Und die Tür ging auf. Vor mir stand Onkel Thoby. Und meine Nervosität war wie weggeblasen, weil ich bei ihm war und er seinen knallgelben Pulli mit den roten Karos anhatte. Als er mich und Wedge und die Ballons sah, führte er ein kleines Freudentänzchen auf. Was wird das, eine Party, sagte er.
    Ich jubelte mit und sah mich im Zimmer um. Gott, wie klein, sagte ich. Klein, aber fein, setzte ich hinzu.
    Da ist aber jemand todtraurig, sagte mein Vater, während ich auf Erkundung ging.
     
    Unter dem Fenster von Zimmer 203 stand ein Tisch mit zwei Stühlen. Wir setzten uns. Ich legte die Füße in Onkel Thobys Schoß und machte eine Brücke. Da hörte ich das Auto anspringen. Ich sprang auf und winkte meinem Dad zum Abschied. Dann setzte ich mich wieder. Und machte eine neue Brücke.
    Da ist aber jemand nervös, sagte Onkel Thoby.
    Da ist aber jemand todtraurig, sagte ich.
    Onkel Thoby verschränkte die Hände hinterm Kopf.
    Ich tat es ihm nach.
    Fräulein Garstig kann’s nicht lassen.
    Wedge kullerte auf dem Weg ins Bad in seiner Kugel an uns vorbei. Ihm gefällt’s hier, sagte ich.
    Sieht ganz so aus.
    Und dir.
    Aber ja.
    Plötzlich gab es einen lauten Knall. Ein Ballon klatschte auf den Boden. Ich sah nach oben.
    Die Decke ist ja spitz , kreischte ich.
    Stuck, sagte Onkel Thoby. Scheiße. Er stand auf und band die anderen Ballons am Türknauf fest.
    Die Decke von Zimmer 203 fand ich doof, aber der Rest war eigentlich ganz nett. Klein, hübsch und transportabel. Nein, transportabel wohl doch nicht. Aber es erinnerte mich an meinen Traum von einem transportablen Zimmer. Das transportable Zimmer konnte man überall dranhängen, zum Beispiel an einen Truck oder Zug. Jeder hatte so ein transportables Zimmer. Mit einem Bett, einem Bad und blauem Teppich. Sonst nichts.
    Als ich Onkel Thoby von meiner Montage erzählte, sagte er: So etwas nennt man Wohnmobil, Oddly.
    Quatsch. Kein Wohnmobil. Meine Güte. Als ob ich nicht wüsste, was ein Wohnmobil ist. Nein, ein transportables Zimmer.
    Wir beschlossen, einen Ballon zu ermorden, einen weißen. Wir hatten schon des Öfteren heimlich Ballons ermordet. Wir stachen ein Loch in einen Ballon und atmeten das Helium ein. Das machten wir, seit wir bei einer Hochzeitsfeier vor einer Kirche sechs Ballons gerettet hatten. Alle Gäste hielten rosa Ballons in der Hand, und als das Brautpaar im Portal erschien, ließen sie die Ballons fliegen. Onkel Thoby und ich kamen gerade vorbei und trauten unseren Augen nicht. Heliumballons! Umsonst! Onkel Thoby sprang in die Luft wie eine Ballerina, um so viele wie möglich zu ergattern. Braut und Bräutigam machten ein verdutztes Gesicht, als ob sie sagen wollten: Wer hat denn den langarmigen Mann eingeladen.
    Wir nahmen die Ballons mit nach Hause, und Onkel Thoby zeigte mir, was Helium mit der Stimme macht. Ein Hauch von Helium, und die Stimme klingt wie Wedge. Beziehungsweise so, wie ich mir Wedges Stimme vorstelle.
    Wir sagten meinem Dad nichts davon, weil er bestimmt etwas dagegen hätte, ein Versuchstier wie Wedge mit einer Versuchssubstanz wie Helium zum Sprechen zu bringen.
    Als Wedge jetzt aus dem Bad gekullert kam, quiekte Onkel Thoby: Die Badewanne muss dringend neu verfugt werden.
    Ich kicherte.
    Wedge sah

Weitere Kostenlose Bücher