Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
Vom Netzwerk:
Flughafen. Sie zeigt auf ein klitzekleines Gebäude.
    Heiliger Lada.
    Sag nicht immer Heiliger Lada, du freche souris .
    Wir warten auf ein Flugzeug. Schließlich kommt eins. Rambo spitzt die Ohren. Das Flugzeug ist ein Punkt, der immer größer wird. Es sinkt und wird größer, sinkt und wird größer, bis es so groß ist, dass Menschen darinsitzen können. Ich schiele unter meinem schwarzen Samtschirm hervor und starre wie gebannt auf die Maschine.
    Bald, sagt Verlaine. Sitzt auch Walter in so einer.
     
    In der Nacht, bevor mein Dad nach Hause kommt, kann ich nicht schlafen. Mir tun die Beine weh. Verlaine sagt, das kommt vom Wachsen, aber das stimmt nicht. Es kommt vom Warten. Gegen die Schmerzen in den Beinen hilft nur eins: Ich muss zum Flughafen und die Rollbahn rauf- und runterrennen, bis das Flugzeug von meinem Dad endlich landet.
    Kommt nicht in Frage, sagt Verlaine beim Frühstück. Sie mustert mich einen Augenblick. Du bist dépeignée . Was. Ungekämmt. Eine Haarnetz sei kein Ersatz fürs Haarekämmen.
    Ich finde schon.
    Ich finde, du könntest dich zur Feier von Walters Rückkehr ruhig ein wenig hübsch machen.
    Na schön, lenke ich ein. Wenn’s sein muss.
    Als kleiner Willkommensgruß für meinen Dad habe ich gestern Folgendes getan:
    1. ein verschwitztes Foto von Sylvester Stallone ausgeschnitten und über sein Bett geklebt (eigentlich war es für Verlaine gedacht, aber die sagte nur: Non, merci , und empfahl mir, es dort aufzuhängen, wo es jetzt hängt).
    2. ein neues Lesezeichen für Zwischenleben gebastelt und daraufgeschrieben: LESER, WALTER DEINES AMTES!
    3. aus den Alphabetmagneten am Kühlschrank die Worte gebildet: BLINDES HUHN SUCHT KÖRNCHEN – DIE JIM-RYAN-STORY (neuer Arbeitstitel).
    4. Wedge gekämmt und ihm den Pony toupiert.
    Wir verdrücken unsere Eiscremesandwiches. Zum ersten Mal bin ich genauso schnell wie sie. Drei Bissen und fertig. Auf zum Flughafen!
    Sie sieht auf die Uhr. Wir haben noch fünf Stunden Zeit.
    Fünf Stunden! Aber ich dachte, wie nehmen vorher im IM BISS noch einen kleinen Imbiss zu uns.
    Verlaine weist mich nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass wir gerade erst einen Imbiss zu uns genommen haben. Du hast da Eis, sagt sie. Ich wische mir den Mund mit einem Leonel-de-Tigrel-Artikel ab. Auch das tue ich nur für meinen Dad: Ich benutze seinen Erzfeind als Serviette. Darüber freut er sich bestimmt.
    Sie sagt, sie habe im Obacht-Gebäude noch etwas zu erledigen, bevor wir zum Flughafen fahren. Okay.
    Okay. Meinetwegen.
    Und so springen wir in den Lada, und ich strecke den Kopf aus dem Fenster. Der Himmel ist knallblau.
    Was machst du da.
    Ausschau halten.
    Aber er kommt erst in ein paar Stunden an, Audrey.
    Und wenn er Rückenwind hat.
    Was weißt du schon von Rückenwind.
    Ich weiß alles über Rückenwind.
    Ich halte es für wesentlich wahrscheinlicher, dass er Verspätung hat, sagt sie.
    Ihre Worte sind wie ein Stich ins Herz. Entmutigt sinke ich in meinen Pappsitz.
    Sie sieht mich an. So war das nicht gemeint, sagt sie.
    Normalerweise nimmt Verlaine mich mit, wenn sie ihre Runde macht. Ich fülle die Wasserf laschen nach und plaudere mit dem Blumenkohlgehirn von meinem Dad. Aber heute sagt sie, damit es schneller gehe, solle ich in ihrem Büro auf sie warten. Ich würde sie nur unnötig aufhalten, sagt sie.
    Das ist zwar nicht sehr nett, aber meinetwegen. Heute muss alles schnell gehen. Schnell, schnell.
    Ich setze mich auf ihren Stuhl und rolle kreuz und quer durch das Büro. Ich blättere in ihrem Kalender und suche das heutige Datum. Sie hat es nicht umkringelt. Ich zeichne ein winziges Bild von einem Flugzeug mit meinem Dad darin. Er winkt.
    Die Zeit vergeht. Mir tun die Beine weh. Wo bleibt sie nur.
    Ihr Autoschlüssel liegt auf dem Schreibtisch.
    Die Sache ist die. Selbst wenn ich sie suchen wollte, um ihr zu sagen, dass sie sich beeilen soll, könnte ich es nicht, weil man für die Tierpflegestation einen Spezialschlüssel braucht, und diesen Schlüssel hat sie bei sich. Was, wenn sie meinen Dad und mich vergessen hat. Was, wenn eine der Tauben entwischt ist und es Stunden dauert, bis sie das Vieh wieder eingefangen hat.
    Ich gehe in die Hocke. Springe auf. Schnappe mir den Schlüssel. Renne los. Das tut gut. Pitsch, patsch, machen meine Turnschuhe auf dem gebohnerten Fußboden. Die Treppe hoch. Draußen laufe ich zum Auto. Bleibe stehen. Schaue in den Himmel. Ein Flugzeug. Ob mein Dad in diesem Flugzeug sitzt. Dad! Ich winke riesengroß. Mit beiden

Weitere Kostenlose Bücher