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Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman

Titel: Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , Sophie Zeitz
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unbedeutende Information unterschlug, dass er nicht allein war, und nachdem sie unten in sein Bett gegangen waren und nachdem sie ihm das Hemd ausgezogen hatte und er ihrs und nachdem sie sich geküsst hatten, bis seine Lippen ganz taub waren, bis auf dieses kribblige Gefühl, fragte sie ihn: »Bist du wirklich traurig, dass die Schule vorbei ist?«
    »Ich weiß nicht. Wenn ich alles anders gemacht hätte – wenn ich mit zehn auf die Uni gegangen wäre oder so – keine Ahnung, wie mein Leben ausgesehen hätte. Wahrscheinlich wären wir nicht zusammen. Ich hätte Hassan nie kennengelernt. Es gibt so viele Wunderkinder, die pauken und pauken und pauken, und am Ende stehen sie noch blöder da als ich. Aber ein paar davon werden mal so jemand wie John Locke 18 oder Mozart oder so. Aber meine Chance, es noch zu Mozartruhm zu bringen, ist definitiv vorbei.«
    »Col, wir sind siebzehn.« Wieder seufzte sie. Sie seufzte viel, aber trotzdem schien alles in Ordnung zu sein, denn es fühlte sich so gut an, wie sie sich an ihn kuschelte, ihr Kopf an seiner Schulter. Er strich ihr das weiche blonde Haar aus dem Gesicht, und als er zu ihr herunterblickte, sah er den Träger ihres lila BHs.
    »Aber es ist wie beim Hasen und dem Igel, K. 19 Ich lerne schneller als die anderen, aber die andern lernen weiter. Ich werde langsamer, und sie holen auf. Ich weiß, dass wir erst siebzehn sind. Aber ich habe meinen Zenit überschritten.« Sie lachte. »Im Ernst. Darüber gibt es Studien. Wunderkinder haben mit zwölf oder dreizehn ihren Zenit. Und was habe ich getan? Ich habe vor einem Jahr bei einer bescheuerten Gameshow gewonnen. Ist das der unauslöschliche Stempel, den ich der Welt aufdrücke?«
    Sie setzte sich auf und sah zu ihm herab. Er dachte an die anderen Seufzer, die besseren, schöneren, wenn sich ihr Körper über seinen bewegte. Eine lange Zeit starrte sie ihn einfach nur an, dann biss sie sich auf die Lippe und sagte: »Colin, vielleicht liegt das Problem bei uns.«
    »O Scheibe«, sagte er. Und so fing es an.
    Das Ende vollzog sich vor allem durch ihr Flüstern und sein Schweigen – da er nicht flüstern konnte und sie seine Eltern nicht aufwecken wollten. Zum Teil schafften sie es auch deswegen, so leise zu sein, weil Colin die Luft weggeblieben war. Paradoxerweise hatte er das Gefühl, sein Sitzen-gelassen-Werden war in diesem Moment das Einzige, was auf dem ganzen dunklen schweigenden Planeten geschah, und gleichzeitig fühlte es sich so an, als ob überhaupt nichts geschah. Er spürte, wie er davonglitt, fort von der einseitigen geflüsterten Unterhaltung, und er fragte sich, ob alles Große und Herzbrechende und Unbegreifliche auf dieser Welt ein Paradoxon war.
    Er war ein Sterbender, der von der Decke des OPs den Chirurgen dabei zusieht, wie sie ihn zu retten versuchen. Aus geradezu entspannter Distanz zu allem, was passierte, dachte Colin an das Mantra der Versager: Ihr könnt mir die Knochen brechen, aber Worte tun mir nicht weh. Was für eine schmutzige Lüge. Das hier war der wahre Iwan: Es fühlte sich an, als ob sein Magen zu Eis gefror. »Ich liebe dich so, und alles, was ich will, ist, dass du mich auch so liebst, wie ich dich liebe«, sagte er, so leise er konnte.
    »Du brauchst keine Freundin, Colin. Du brauchst einen Roboter, der den ganzen Tag ›Ich liebe dich‹ sagt und sonst gar nichts.« Es fühlte sich an, als würde er aufgespießt und gesteinigt werden, und dann spürte er erst einen flatternden und danach einen schneidenden Schmerz im unteren Brustkasten, und im nächsten Moment begriff er zum ersten Mal, dass ihm ein Stück aus den Eingeweiden fehlte.
    Sie versuchte, so schnell und so schmerzlos wie möglich wegzukommen, aber als sie sagte, dass sie jetzt gehen würde, begann er zu weinen. Und so hielt sie seinen Kopf an ihr Schlüsselbein gedrückt. Und obwohl er sich armselig und lächerlich vorkam, wollte er nicht, dass der Moment aufhörte, denn er wusste, ihre Abwesenheit würde noch mehr wehtun, als jedes Schlussmachen es je vermochte.
    Irgendwann ging sie doch, und er war allein in seinem Zimmer und bildete Anagramme auf Mein fehlendes Teil , während er vergeblich versuchte einzuschlafen.

Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
     
     
    [6]    Es war immer das Gleiche: Er suchte verzweifelt nach dem Autoschlüssel, bis er die Suche irgendwann aufgab und sich sagte: Na schön, dann fahre ich eben mit dem Bus . Und dann, auf dem Weg zur Haustür,

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