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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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denen wir in den letzten Monaten gereist
sind - altersschwache Flugzeuge, Schrottautos, klapprige Busse und, nicht zu vergessen, der Gepäckwagen, auf dem ich zwischen zwei Samsonite-Koffern eingeklemmt war. Und während Sie uns durch die Weltgeschichte geschickt haben, saßen Sie bestimmt in Ihrer gemütlichen Wohnung und haben gewartet, dass wir die Drecksarbeit für Sie erledigen. Haben Sie mich gleich von unserer ersten Begegnung an zum Narren gehalten, oder erst etwas später?«
    »Keira«, erwiderte Ivory in schulmeisterlichem Tonfall, »wir haben dieses Gespräch schon vorgestern am Telefon geführt. Sie täuschen sich, ich hatte vielleicht noch nicht die Gelegenheit, Ihnen alles zu erklären, aber eines steht fest: Ich habe Sie nie manipuliert. Im Gegenteil, ich habe Sie stets beschützt. Sie selbst haben beschlossen, diese Recherchen zu unternehmen. Ich habe Sie nicht überreden müssen, sondern Sie nur auf gewisse Fakten aufmerksam gemacht. Nun zu den Risiken, die Sie beide eingegangen sind … Um Adrian aus China und Sie, Keira, aus dem Gefängnis zurückzuholen, bin ich auch einige eingegangen. Und ich habe einen sehr guten Freund verloren, der für Ihre Befreiung mit seinem Leben bezahlt hat.«
    »Welchen Freund?«
    »Sein Büro befand sich im Königspalast auf der anderen Seite des Platzes«, sagte Ivory mit trauriger Stimme. »Das ist auch der Grund, weshalb ich Sie hierhergebeten habe … Haben Sie wirklich ein drittes Fragment aus Russland mitgebracht?«
    »Nichts ohne Gegenleistung«, erwiderte Keira. »Ich sagte bereits, dass ich es Ihnen zeige, wenn Sie mir alles über das in Amazonien gefundene Exemplar erzählt haben. Sie wissen, wo es sich befindet. Versuchen Sie also erst gar nicht, mich vom Gegenteil zu überzeugen!«
    »Es befindet sich vor Ihnen«, entgegnete Ivory und seufzte.
    »Hören Sie auf mit Ihren Ratespielen, ich habe genug davon. Ich sehe kein Fragment auf diesem Tisch.«
    »Schauen Sie einfach geradeaus.«
    Unsere Blicke trafen auf den Palast auf der anderen Seite des Dam-Platzes.
    »Es soll sich in diesem Gebäude befinden?«, fragte Keira.
    »Ja, ich habe allen Grund, dies zu glauben, weiß aber nicht genau, wo. Mein verstorbener Freund hatte es in seiner Obhut, doch er hat die Schlüssel des Geheimnisses mit ins Grab genommen.«
    »Wie können Sie sich da so sicher sein?«, mischte ich mich nun in das Gespräch ein.
    Ivory beugte sich zu der Ledertasche, die er am Boden abgestellt hatte, und zog ein dickes Buch heraus, das er auf den Tisch legte. Der Einband erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Es handelte sich um ein sehr altes Handbuch der Astronomie. Ich griff danach und begann, darin zu blättern.
    »Das ist ein beachtenswertes Werk.«
    »Ja, es handelt sich um eine Erstausgabe. Es ist ein Geschenk von ebendiesem Freund, aber sehen Sie sich vor allem die Widmung an.«
    Ich blätterte zum Vorsatzblatt zurück und las laut den handgeschriebenen Text.
    Ich weiß, dass Ihnen dieses Werk gefallen wird, es fehlt nichts, alles ist enthalten, sogar der Beweis für unsere Freundschaft.
    Ihr ergebener Schachpartner
    Vackeers
    »Die Lösung des Rätsels verbirgt sich in diesen wenigen Zeilen. Ich weiß, dass Vackeers mir damit etwas sagen wollte. Es handelt
sich nicht um einen zufälligen Satz. Aber was sich dahinter verbirgt, kann ich nicht erkennen.«
    »Wie könnten wir Ihnen helfen? Wir sind diesem Vackeers nie begegnet.«
    »Und das bedauere ich sehr! Sie hätten ihn sicher geschätzt, denn er war ein Mensch von außergewöhnlicher Intelligenz. Da dieses Buch eine astronomische Abhandlung ist, dachte ich, dass Sie, Adrian, vielleicht verstehen, worum es geht.«
    »Es besteht aus sechshundert Seiten«, gab ich zu bedenken. »Wenn ich etwas darin finden soll, ist das keine Sache von ein paar Stunden. Eine erste gründliche Lektüre nimmt mehrere Tage in Anspruch. Haben Sie denn kein Indiz, nichts, was uns einen Hinweis geben könnte? Wir wissen ja nicht einmal, nach was wir in diesem Buch suchen sollen.«
    »Kommen Sie mit«, sagte Ivory und erhob sich. »Ich werde Sie an einen Ort führen, zu dem niemand Zugang hat, das heißt fast niemand. Nur Vackeers, sein Privatsekretär und ich wissen von seiner Existenz. Vackeers war sich darüber im Klaren, dass ich sein Versteck entdeckt hatte, er tat aber so, als hätte er es nicht bemerkt, und dieses Taktgefühl war, so glaube ich, ein Freundschaftsbeweis seinerseits.«
    »Steht es nicht in dieser Widmung?«, fragte Keira.
    »Ja«,

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