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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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erwiderte Ivory, »und genau deshalb sind wir hier.«
    Er beglich die Rechnung, und wir folgten ihm auf den großen Platz. Keira achtete überhaupt nicht auf den Verkehr und wäre fast vor eine Straßenbahn gelaufen, obwohl der Fahrer mehrmals seine Glocke betätigt hatte. Ich konnte sie gerade noch am Arm packen und zurückziehen.
    Ivory führte uns über die Seitentür in die Neue Kirche, und wir durchquerten das prunkvolle Schiff bis zum Querschiff. Ich bewunderte das Grab von Admiral de Ruyter, als in der Apsis ein Mann in dunklem Anzug zu uns trat.

    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Ivory im Flüsterton, um die wenigen ins Gebet vertieften Menschen nicht zu stören.
    »Sie waren sein einziger Freund, und ich weiß, dass Herr Vackeers gewollt hätte, dass ich Ihrer Bitte Folge leiste. Ich zähle auf Ihre Diskretion. Ich bekäme ernsthafte Probleme, wenn das herauskäme.«
    »Seien Sie unbesorgt«, erwiderte Ivory und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Vackeers hat Sie sehr geschätzt. Wenn er von Ihnen sprach, dann spürte ich in seiner Stimme - wie soll ich sagen - die freundschaftlichen Gefühle, die er Ihnen entgegenbrachte.«
    »Wirklich?«, fragte der Mann gerührt.
    Er zog einen Schlüssel aus der Tasche, öffnete damit eine kleine Tür der Kapelle, und wir stiegen die Geheimtreppe dahinter hinab. Nach etwa fünfzig Stufen erreichten wir den langen Korridor, der sich vor uns erstreckte.
    »Dieser Gang führt unter dem großen Platz direkt zum Königspalast«, erklärte uns der Mann. »Es wird gleich immer finsterer. Deshalb bleiben Sie dicht hinter mir.«
    Wir hörten nur den Widerhall unserer eigenen Schritte, und je weiter wir uns voranbewegten, desto dunkler wurde es, bis gar kein Licht mehr zu uns vordrang.
    »Fünfzig Schritte, und es wird wieder heller«, sagte unser Führer. »Folgen Sie der Vertiefung des Rinnsteins, damit Sie nicht stolpern. Ich weiß, der Ort ist nicht angenehm, ich halte mich nur höchst ungern hier auf.«
    Am Ende des Korridors tat sich eine weitere Treppe vor uns auf.
    »Geben Sie acht, die Stufen sind rutschig. Halten Sie sich an dem Hanfseil fest, das an der Wand befestigt ist.«
    Oben angelangt befanden wir uns vor einer Holztür, die
mit schweren gusseisernen Riegeln versehen war. Vackeers’ Privatsekretär hantierte an zwei übereinanderliegenden runden Griffen, und ein geheimnisvoller Mechanismus löste die Verriegelung. Wir gelangten in ein Vorzimmer im Erdgeschoss des Königspalastes. Auf dem Marmorfußboden des großen Saals waren drei gewaltige Karten dargestellt, eine zeigte das Morgenland, die andere das Abendland und die dritte den Sternenhimmel. Ich trat näher, um letztere zu bewundern. Ich hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, mit einem einzigen Schritt von Kassiopeia zu Andromeda zu gelangen, und begann von Galaxie zu Galaxie zu hüpfen. Keira hüstelte, um mich zur Ordnung zu rufen. Ivory und sein Führer starrten mich entgeistert an.
    »Hier geht es lang«, sagte der Mann im dunklen Anzug.
    Er öffnete eine weitere Tür, und wir stiegen eine Treppe hinab, die ins Untergeschoss des Palastes führte. Wir brauchten eine Weile, bis sich unsere Augen erneut an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Vor uns ein Gewirr von Holzbrücken, die sich über einen unterirdischen Kanal spannten.
    »Wir befinden uns jetzt genau unterhalb des großen Saals«, erklärte der Mann. »Passen Sie auf, wohin Sie den Fuß setzen. Das Wasser ist eiskalt, und ich weiß nicht, wie tief es ist.«
    Er näherte sich einem Balken und drückte auf einen Kreuzanker, der darin steckte. Zwei Planken glitten zur Seite und gaben den Weg zur Mauer am Ende des Gangs frei. Erst als wir näher kamen, zeichnete sich in der Ziegelwand eine Tür ab. Der Mann ließ uns in einen Raum treten und machte Licht. Das Mobiliar bestand aus einem Sessel und einem Metalltisch, auf dem ein Computer mit Flachbildschirm stand.
    »Weiter kann ich Ihnen allerdings nicht helfen«, meinte Vackeers’ Sekretär. »Wie Sie feststellen können, gibt es hier nicht viel.«

    Keira schaltete den Computer ein, der Bildschirm wurde hell.
    »Der Zugang ist geschützt«, sagte sie.
    Ivory zog einen Zettel aus der Tasche und reichte ihn ihr.
    »Versuchen Sie diesen Code. Bei einer Schachpartie in seinem Haus habe ich ihn heimlich kopiert.«
    Keira gab ihn ein, drückte die Enter-Taste, und schon hatten wir Zugang zu Vackeers’ Computer.
    »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Ivory. »Prüfen

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