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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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möglich ist. Sie verdanken Ihr Leben der Geistesgegenwart einer Stewardess. Eine Stunde nach dem Start Ihrer Maschine überkam Sie plötzlich ein heftiges Unwohlsein. Vermutlich haben Sie sich bei Ihrer Tauchpartie im Gelben Fluss ein Bakterium eingefangen, das zu einer gepfefferten Lungeninfektion geführt hat. Aber kehren wir zu diesem Flug nach Beijing zurück. Sie erweckten den Eindruck, friedlich auf Ihrem Sitz zu schlafen. Als die Stewardess aber das Essenstablett brachte, fiel ihr auf, dass Sie kreidebleich waren und Schweißperlen auf der Stirn hatten. Sie versuchte, Sie zu wecken - ohne Erfolg. Sie atmeten schwer, und Ihr Puls war sehr schwach. Die Lage war so ernst, dass der Pilot beschloss umzukehren. Daraufhin brachte man Sie auf schnellstem Weg hierher. Als ich gerade einen Tag in London war, habe ich davon erfahren und bin sofort nach Athen zurückgeflogen.«
    »Ich war also gar nicht in China?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Und Keira, wo ist sie?«
    »Sie wurde von den Mönchen gerettet, die Sie in der Nähe dieses Berges beherbergt hatten, sein Name ist mir entfallen.«
    »Hua Shan!«
    »Wenn Sie es sagen! Sie wurde gesund gepflegt, dann jedoch kurz nach ihrer Genesung von den Behörden festgenommen. Acht Tage nach ihrer Verhaftung fand ihr Prozess statt. Sie
wurde verurteilt, weil sie sich ohne Papiere und somit ohne Erlaubnis der Regierung auf chinesischem Territorium befand.«
    »Aber sie konnte ja gar keine Papiere dabeihaben, die waren in dem Wagen am Grund des Flusses!«
    »Darin sind wir uns einig. Leider hat sich der Pflichtverteidiger während seines Plädoyers mit solchen Details nicht aufgehalten. Keira wurde zu achtzehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Sie sitzt in Garther ein, einem ehemaligen Kloster, das in eine Haftanstalt umgewandelt wurde. Diese liegt in der Provinz Sichuan, nicht weit von der tibetischen Grenze entfernt.«
    »Achtzehn Monate?«
    »Ja, und unserem konsularischen Dienst zufolge, mit dem ich gesprochen habe, hätte es viel schlimmer kommen können.«
    »Schlimmer? Achtzehn Monate, Walter! Ist Ihnen klar, was es bedeutet, achtzehn Monate in einem chinesischen Knast zu hocken?«
    »Ein Gefängnis ist ein Gefängnis, aber im Grunde gebe ich Ihnen recht.«
    »Man hat versucht, uns umzubringen, und jetzt ist sie hinter Gittern?«
    »Für die chinesischen Behörden ist sie schuldig. Wir werden uns bei den Botschaften für sie einsetzen und alles Menschenmögliche tun. Und ich helfe Ihnen, so gut ich kann.«
    »Glauben Sie wirklich, unsere Botschaften werden ein Risiko eingehen und wirtschaftliche Interessen aufs Spiel setzen, um sie zu befreien?«
    Walter drehte sich zum Fenster um.
    »Weder Keiras Leid noch das Ihre wird jemanden sonderlich interessieren. Ich fürchte, dass wir uns in Geduld üben und beten müssen, dass sie die Verbüßung ihrer Strafe möglichst gut verkraftet. Es tut mir unendlich leid, Adrian, ich weiß, wie
schrecklich diese Situation ist, aber … Was machen Sie da gerade mit Ihrer Infusion?«
    »Ich verschwinde von hier. Ich muss zu diesem Gefängnis nach Garther. Sie soll wissen, dass ich für ihre Befreiung kämpfe.«
    Walter stürzte sich auf mich und hielt mich mit einer Kraft fest, gegen die ich in meinem Zustand nichts auszurichten wusste.
    »Hören Sie mir gut zu, Adrian. Als Sie hierherkamen, war Ihre Immunabwehr gleich null, die Infektion verbreitete sich Stunde für Stunde auf beängstigende Weise. Sie lagen tagelang im Delirium mit Fieberphasen, in denen Sie mehrmals dem Tod nahe waren. Die Ärzte mussten Sie für einige Zeit in ein künstliches Koma versetzen, um Ihr Gehirn zu schützen. Ich habe an Ihrem Bett gewacht und mich mit Ihrer Mutter und Ihrer reizenden Tante Elena abgelöst. Ihre Mutter ist in zehn Tagen um zehn Jahre gealtert, also hören Sie auf mit Ihren Kindereien und verhalten Sie sich wie ein Erwachsener!«
    »Schon gut, Walter, ich habe die Lektion verstanden. Sie können mich loslassen.«
    »Ich warne Sie, wenn ich sehe, wie sich Ihre Hand dem Tropf nähert, bekommen Sie die meine, zur Faust geballt, mitten ins Gesicht!«
    »Ich verspreche Ihnen, mich nicht zu rühren.«
    »Das klingt schon besser, ich habe nämlich genug von Ihren Wahnvorstellungen der letzten Wochen.«
    »Wenn Sie wüssten, was für sonderbare Träume ich hatte.«
    »Glauben Sie mir, zwischen der Überwachung Ihrer Fieberkurve und dem grässlichen Essen in der Cafeteria hatte ich genügend Zeit, mir Ihr wirres Zeug anzuhören. Der

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