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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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ruhig, das ist alles, worum ich dich bitte.«
    Zehn Minuten später hörte ich erneut, wie sich jemand an dem Schloss zu schaffen machte. Die Tür öffnete sich, es ertönten vier Schüsse, dann schloss sie sich wieder. Dicht aneinandergedrängt blieben wir, wo wir waren, bis Keira mir sagte, sie hätte einen Krampf im Bein und würde gleich vor Schmerzen schreien. Wir verließen unser Versteck, Keira wollte das Licht einschalten, doch ich hinderte sie daran und zog stattdessen den Vorhang ein Stück auf, damit der Mondschein das Innere erhellte. Wir erbleichten, als wir die Einschusslöcher auf unserem Lager entdeckten, genau da, wo unsere schlafenden Körper hätten liegen müssen. Jemand war in unser Abteil gekommen und hatte auf uns geschossen. Keira kniete sich vor das Bett und strich über das zerfetzte Laken.
    »Das ist grauenvoll …«, murmelte sie.
    »Ja, ich glaube auch, die Bettdecken sind ruiniert!«
    »Warum sind wir nur so verbohrt, verdammt noch mal? Wir wissen nicht einmal, was wir suchen, und noch weniger, ob wir es je finden werden …«
    »Vermutlich wissen unsere Verfolger mehr als wir. Jetzt müssen wir ruhig bleiben und einen Weg finden, um aus dieser Falle zu entkommen. Und zwar schleunigst.«
    Unser Mörder befand sich im Zug, wo er mindestens bis
zum nächsten Halt bleiben würde, es sei denn, er würde, um sich des Erfolgs seiner Mission sicher sein zu können, beschließen zu bleiben, bis man unsere Leichen entdeckt hätte. Im ersten Fall war es besser, wir hielten uns weiter in unserem Abteil versteckt, im zweiten klüger, vor ihm auszusteigen. Der Zug wurde langsamer, wir näherten uns Omsk. Der nächste Zwischenstopp wäre am frühen Morgen, wenn wir den Bahnhof von Nowosibirsk erreichten.
    Meine erste Idee war, die Tür zu sichern, was ich tat, indem ich meinen Gürtel durch den Griff schob und dann an der Leiter befestigte, die zur Gepäckablage führte. Das Leder war dick genug, um zu verhindern, dass sie noch einmal geöffnet würde. Dann sagte ich Keira, sie solle sich ducken, damit wir den Bahnsteig überwachen könnten, ohne gesehen zu werden.
    Der Zug hielt an. Aus unserer Position war schwer zu erkennen, wer ausstieg, und wir bemerkten nichts, das zu der Hoffnung berechtigt hätte, der Mörder habe den Zug verlassen.
    Während der nächsten Stunden packten wir so leise wie möglich unsere Sachen. Um sechs Uhr morgens hörte ich Schreie. Die Reisenden der Nachbarabteile stürzten auf den Gang. Keira sprang auf.
    »Ich halte es nicht mehr aus, hier drinnen eingesperrt zu sein«, sagte sie und entfernte den Gürtel.
    Sie warf ihn mir zu und öffnete die Tür.
    »Los raus hier! Bei so vielen Leuten gehen wir kein Risiko ein.«
    Ein Reisender hatte die Zugbegleiterin gefunden, die bewusstlos und mit einer hässlichen Stirnwunde vor ihrem Samowar am Boden lag. Ihre Kollegin, die die Tagschicht übernahm, schickte uns in unsere Abteile zurück, in Nowosibirsk würde die Polizei zusteigen. Inzwischen sollte sich jeder einschließen.
    »Zurück zum Ausgangspunkt«, schimpfte Keira.

    »Für den Fall, dass die Beamten die Kojen durchsuchen, sollten wir das Bettzeug verschwinden lassen«, sagte ich und legte meinen Gürtel wieder um. »Gerade jetzt dürfen wir nicht ihre Aufmerksamkeit erregen.«
    »Glaubst du, der Kerl treibt sich noch hier rum?«
    »Keine Ahnung, aber im Augenblick kann er nichts unternehmen.«
     
    Auf dem Bahnhof von Nowosibirsk wurden die Passagiere einer nach dem anderen von zwei Kommissaren befragt, niemand hatte etwas gesehen. Die verletzte Zugbegleiterin wurde im Krankenwagen weggebracht und durch eine andere Angestellte der Gesellschaft ersetzt. Es gab so viele Ausländer im Zug, dass wir bei den Beamten keinen Verdacht erweckten. Allein in unserem Wagen reisten Holländer, Italiener, Deutsche, Franzosen und ein japanisches Pärchen - und wir zwei Engländer. Die Personalien wurden aufgenommen, die Polizisten stiegen wieder aus, und der Zug fuhr weiter.
    Wir durchquerten gefrorene Sümpfe, rollten vorbei an verschneiten Bergen und dann wieder durch die sibirische Steppe. Gegen Mittag führte der Weg über eine lange Stahlbrücke, die sich über den majestätischen Jenissei spannte. Der nächste Halt dauerte eine halbe Stunde. Ich wäre lieber in unserem Abteil geblieben, doch Keira hielt es nicht mehr aus. Draußen musste es ungefähr minus zehn Grad sein. Wir nutzten unseren kleinen Ausflug, um etwas zu essen zu kaufen.
    »Ich sehe nichts Verdächtiges«,

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