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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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mit Öl, wickelte es sorgsam in das Blatt Pergamentpapier ein und das Ganze wiederum in das Stück Alu-Folie. Er drückte die Ränder fest zusammen, damit kein Öl heraussickerte. Dieses kleine Päckchen steckte er in einen festen Briefumschlag.
    Dann legte er den Eispickel flach auf ein sauberes Blatt Papier, zog mit einem sorgfältig gespitzten Bleistift die Umrisse nach und achtete besonders darauf, daß auch die Zahnung an der Unterseite mit auf die Zeichnung kam.

    Sodann nahm er ein Lineal und vermaß die Pinne oben am Stiel, wo sie noch quadratisch war. Jede der vier Seiten maß genau 2,4 Zentimeter. Dann zeichnete er ein Quadrat mit diesen Maßen auf das Blatt mit der Silhouette des Eispickels. Er faltete es zusammen und steckte es in die Brusttasche, griff nach dem Umschlag mit dem ölgetränkten Stück Papiertuch und wollte, schon in Hut und Mantel, das Haus verlassen, als ihm der Beileidsbrief an Monica Gilbert einfiel. Er lief zurück und holte ihn und steckte ihn in den ersten Briefkasten, an dem er vorbeikam.
    „Fassen Sie sich kurz, Edward", sagte Dr. Ferguson. „In wenigen Minuten kommt einer von Broughtons Leuten, um an der Autopsie teilzunehmen. Broughton will noch vor dem schriftlichen Bericht Näheres wissen."
    „Ich fasse mich kurz", sagte Delaney und faltete den Bogen auseinander. „Meiner Meinung nach wird das Profil des Wundkanals so aussehen, Doktor. Die Zeichnung ist nicht gut, ich weiß. Oben am Schaft ist die Pinne vierkantig, je etwa zweieinhalb Zentimeter breit. Wenn meine Vermutung zutrifft, müßte der äußere, sichtbare Teil der Wunde diese Größe haben. Das Vierkant-Profil geht dann in ein Dreieck über, das sich nach unten verjüngt und in einer scharfen Spitze ausläuft."
    „Ist das ein Produkt Ihrer Phantasie, oder stammen diese Umrisse von einer echten Waffe?"
    „Von einer echten Waffe."
    „Gut. Mehr will ich gar nicht wissen. Was ist das hier?"
    „Vier kleine Sägezähne. Vielleicht finden Sie unten am Ende des Wundkanals Gewebe, das besonders zerfetzt ist."
    „Soll ich mir diese Zeichnung vielleicht neben die Leiche legen?"
    „Nein, natürlich nicht, wenn Broughtons Mann dabei ist."
    „Dachte ich mir beinahe."
    „Aber können Sie nicht doch einen Blick darauf werfen, Doktor? Nur vorsichtshalber?"
    „Mach ich", sagte Ferguson und steckte die Zeichnung ein. „Sonst noch was?"
    „In diesem Umschlag ist ein ölgetränktes Stück Papier. Leichtes Maschinenöl. Sie erwähnten, daß sich in Lombards Wunde Spuren von Öl gefunden hätten, und meinten, es sei vielleicht Haaröl, doch es sei zu wenig, um es genau zu analysieren."
    „Aber Gilbert war kahl - jedenfalls an der Stelle, wo er den Schlag bekommen hat."
    „Darum geht es ja gerade. Bei ihm könnte es kein Haaröl sein. Dennoch hoffe ich, daß Sie in Gilberts Wunde Ölspuren finden."
    Ferguson rollte mit seinem Drehstuhl ein Stück zurück und starrte den Captain an. Dann lockerte er seinen Schlips und knöpfte den Kragen seines Flanellhemds auf.
    „Sie sind ein Prachtmensch, Edward", sagte er, „und der beste Detektiv in ganz New York, aber die Wunde wurde im Krankenhaus geröntgt, sondiert und ausgewaschen."

    „Mit anderen Worten: Selbst wenn Öl darin gewesen wäre, würde jetzt keines mehr darin sein?"
    „Das habe ich nicht gesagt. Aber die Chancen sind sehr viel geringer. Dennoch: Lassen Sie mir die Probe Ihres Maschinenöls hier. Vielleicht kann man eine Geruchsanalyse durchführen."
    „Soll ich hierbleiben und warten?"
    „Das hat wenig Sinn. Eine solche Analyse dauert mindestens drei Tage, wenn nicht länger. Aber was Ihre Zeichnung betrifft, so rufe ich Sie im Laufe des Tages an. Sind Sie zu Hause?"
    „Aller Voraussicht nach. Sonst im Krankenhaus. Aber auch dort könnten Sie mich jederzeit anrufen."
    „Wie geht es Barbara?"
    „Es geht so."
    Ferguson nickte, stand auf, zog seine Tweedjacke aus, hängte sie über einen Bügel und zwängte sich in einen weißen Kittel.
    „Irgendwelche Fortschritte, Edward?" fragte er.
    „Woher zum Teufel soll ich das wissen?" brummelte Captain Delaney. „Ich mach halt weiter."
    „Tun wir das nicht alle?" fragte der große Mann lächelnd.
    Unten in der Eingangshalle betrat Delaney eine Telefonzelle und rief Ivar Thorsen an. Wenige Minuten später rief der Auftragsdienst zurück und bestellte, Mr. Thorsen sei im Moment nicht zu sprechen, der Captain möge bitte gegen drei Uhr noch einmal anrufen.
    Es war das erste Mal, daß Thorsen nicht zurückrief, und

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