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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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über seine Unterredung mit dem Bartender des Papagei.
    Erst dann nahm er sich die Berichte vor, bei denen es diesmal um die Ermordung des vierten Opfers, Albert Feinberg, ging: die Eindrücke der Polizisten, die als erste am Tatort erschienen waren; ausführlichere Berichte der Kriminalbeamten und einen vorläufigen Bericht des Leichenbeschauers (wieder Dr. Sanford Ferguson); eine Aufstellung der Habseligkeiten, die das Opfer bei sich getragen hatte; das erste Gespräch mit der Witwe; Fotos von der Leiche und dem Tatort usw. usw.

    Wie Lieutenant Dorfman gesagt hatte, gab es diesmal „besondere Merkmale", die es bei den früheren Morden nicht gegeben hatte. Captain Delaney schrieb sich diese Merkmale sorgfältig auf:
    1. Kampfspuren. Von der Jackentasche des Opfers war die Patte abgerissen worden, der Schlips verrutscht, das Hemd aus der Hose gezerrt. Auf dem Bürgersteig Schleifspuren von Hacken (Gummi) und Sohlen (Leder).
    2. Drei Weihnachtspäckchen lagen herum. Eines, mit einem schwarzen Spitzenneglige, trug die Fingerabdrücke des Opfers. Die beiden anderen waren leer - Attrappen - und wiesen weder auf dem Einwickelpapier noch innen auf den Schachteln irgendwelche Fingerabdrücke auf.
    3. Blutspuren auf dem Bürgersteig, nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo das Opfer lag. Sorgsam genommene Proben hatten ergeben, daß es sich nicht um die Blutgruppe des Opfers handelte und die Spuren vermutlich vom Täter stammten. (Delaney machte sich eine Notiz. Er wollte Ferguson bitten, genau herauszufinden, um welche Blutgruppe es sich handelte.)
    4. In der Tasche des Opfers waren - offenbar unberührt - seine Brieftasche und das Etui mit seiner Kreditkarte gefunden worden. Die Ehefrau erklärte, ihres Wissens fehle kein Ausweispapier. Hinter dem Mantelrevers des Opfers festgesteckt und ein Stück aus dem Knopfloch herausschauend, hatten die Untersuchungsbeamten einen kurzen grünen Stengel gefunden. Die Gerichtsmediziner hatten ihn als zur Gattung Rosa gehörig identifiziert, aus der Familie der Rosaceae, Ordnung Rosales. Die genaue Untersuchung, zu welcher Rosenart die Blüte im Knopfloch des Opfers gehörte, dauerte noch an.
    Er las die Berichte ein zweites Mal durch, da schellte es an der Haustür. Ehe er öffnen ging, ließ er alles Material in der obersten Schreibtischschublade verschwinden und schloß sie fest zu.
    Es war Thomas Handry. Schwer ließ er sich in den lederbezogenen Klubsessel fallen und nahm den angebotenen Scotch on the Rocks.
    „Nun...?" sagte Delaney munter. „Was haben Sie für mich?"
    „Was haben Sie für mich, Captain? Vergessen Sie bitte unsere Abmachung nicht."
    Delaney sah den adrett gekleideten jungen Mann einen Augenblick an. Handry machte einen abgespannten Eindruck; die Stirn war leicht in Falten gelegt, und von den Nasenflügeln bis zu den Mundwinkeln zogen sich feine Runzeln, die früher nicht dagewesen waren. Er kaute ununterbrochen an seinem Daumennagel herum.
    „Schwer gearbeitet?" fragte Delaney ruhig.
    Handry zuckte mit den Schultern. „Das Übliche. Ich überleg, ob ich nicht kündigen soll."

    „Ach?"
    „Man wird nicht jünger. Ich komme nicht zu dem, was ich gern möchte. Aber ich bin nicht hergekommen, um mich mit Ihnen über meine Probleme zu unterhalten."
    „Probleme?" sagte der Captain verwundert. „Aber genau darum dreht sich doch alles. Mit einigen muß man fertig werden. Bei anderen kann man nichts machen. Wieder andere lösen sich von selbst, wenn man nur lange genug wartet. Mit was haben Sie sich vor fünf Jahren herumgequält?"
    „Woher, zum Teufel, soll ich das noch wissen?"
    „Eben... da haben Sie's. Also gut, ich habe folgendes..."
    Handry wußte von den freiwilligen Helfern des Captains und ihrer jeweiligen Arbeit, von der Kartei, die Monica Gilbert eingerichtet hatte, und davon, daß man die Vorstrafen der Betreffenden prüfte.
    Jetzt setzte der Captain ihn über Daniel Blank ins Bild: sprach von den alten Polizeiberichten über die beiden Zwischenfälle, die er im Keller der Polizeiwache aufgestöbert, von dem Auto, das er sich angesehen hatte, und berichtete von seiner Unterhaltung mit dem Bartender des Papagei.
    „...das ist alles, was ich habe", schloß er. „Bis jetzt."
    Handry schüttelte den Kopf. „Nicht gerade viel."
    „Ich weiß."
    „Sie sind sich noch nicht mal ganz sicher, ob dieser Mann Bergsteiger ist."
    „Richtig. Immerhin stand sein Name in der Adressenkartei von 'Camper-Glück' und die in der Straßenkarte eingezeichnete

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