Die erste Todsuende
diese persönlichen Dinge berücksichtigen, die menschlichen Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Damit kann man doch unmöglich einen Computer füttern."
Daniel Blank nickte verständnisvoll. Eine Stunde nach dem Essen legte er eine saubere Kopie seines Plans dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden vor.
Einen Monat später vernahm die Vertriebsabteilung bekümmert, daß der liebe Bob in den Ruhestand getreten war. Daniel Blank wurde zum Vertriebsdirektor ernannt - den Titel wählte er selbst - und erhielt freie Hand.
Innerhalb eines Jahres waren alle „alten Weiber" fort, hatte Blank sich mit einem Stab von blassen Technikern umgeben und nahmen die Schränke von AMROK II die Hälfte vom dreißigsten Stockwerk des Javis-Bircham-Gebäudes ein. Wie Blank vorausgesagt hatte, wurde die EDV nicht nur mit den Aufgaben der Vertriebsabteilung - Abonnenten-Belieferung und Auflagenschätzung - fertig, sondern erledigte diese so schnell, daß sie auch für die Lohnabrechnung, die Speicherung der Personalunterlagen und des Pensionsprogramms eingesetzt werden konnte. Die Folge davon war, daß Javis-Bircham mehr als fünfhundert Angestellte entlassen konnte; außerdem ließ sich, wie Blank in seinem Plan dargetan hatte, die Jahresmiete des außerordentlich kostspieligen AMROK II von der Steuer absetzen.
Daniel Blank verdiente augenblicklich 55000 Dollar im Jahr; sein Spesenkonto war unbegrenzt, er hatte Aussicht auf eine vorteilhafte Altersversorgung und konnte Aktien von Javis-Bircham zum Vorzugspreis erwerben. Er war jetzt sechsunddreißig Jahre alt.
Etwa einen Monat, nachdem er den Vertrieb übernommen hatte, erhielt er eine höchst sonderbare Postkarte von Bob White, auf der nichts weiter stand als: „Womit füttern Sie den Computer? Ha-ha."
Blank zerbrach sich den Kopf darüber. Was man in den Computer eingegeben hatte, waren selbstverständlich die bisherigen Auflagenziffern, die Anzeigeneinnahmen und Gewinn- und Verlustsummen sämtlicher von Javis-Bircham veröffentlichten Periodica. Zugegebenermaßen stammten die meisten dieser Daten noch aus der Ära White mit seinem Rechenschieber, und daher konnte man sagen, daß eigentlich White es war, der den Computer programmierte. Trotzdem, die Postkarte gab nicht viel her, und Daniel Blank überlegte, warum sein früherer Boss sich wohl die Mühe gemacht hatte, sie ihm zu schicken.
Es erfüllte ihn mit Genugtuung, wenn er den livrierten Pförtner sagen hörte: „Guten Morgen, Mr. Blank", und es war auch ein angenehmes Gefühl, allein im komfortablen Direktorenaufzug in den dreißigsten Stock hinaufzufahren. Sein Büro war ein Eckzimmer mit Auslegeteppich, eigener Toilette und einer gewaltigen knorrigen Walnußplatte auf schmiedeeisernen Beinen. Diese Dinge zählten.
Ganz bewußt und mit voller Absicht wählte er als Sekretärin eine knochige, achtundzwanzigjährige Witwe, eine Mrs. Cleek, die auf diesen Job dringend angewiesen war und dankbar sein würde. Wie sich herausstellte, war sie tüchtig und farblos, ganz wie er gehofft hatte. Über kleine Eigenheiten sah er gern hinweg: Zimmer- und Schranktüren mußten stets geschlossen sein; Aschenbecher und Papiere haarscharf mit den Tischrändern abschneiden oder genau im rechten Winkel dazu liegen. Ein schief hängendes Bild brachte sie zur Verzweiflung. Aber das waren geringfügige Ticks.
Wenn er sein Büro betrat, stand sie bereit, seinen Mantel und seinen Hut wegzuhängen. Schwarzer Kaffee erwartete ihn dampfend auf einem kleinen Plastiktablett, das aus der Kantine im zwanzigsten Stock heraufgebracht worden war.
„Guten Morgen, Mr. Blank", sagte sie mit farbloser Stimme und schaute auf den Stenoblock, den sie in der Hand hielt. „Um halb elf haben Sie eine Besprechung mit dem Pensions-Ausschuß. Danach, um zwölf Uhr dreißig, Lunch mit Acme im Plaza-Hotel; es geht dabei um den Dienstleistungs-Vertrag. Ich habe versucht, die Verabredung bestätigt zu bekommen, aber es ist noch niemand da. Ich werde selbstverständlich dort später noch einmal anrufen."
„Vielen Dank", sagte er. „Ihr Kleid gefällt mir. Ist es neu?"
„Nein", entgegnete sie.
„Bis zur Besprechung bin ich im Computer-Raum, falls Sie mich brauchen."
Die peinliche Wahrheit war - und das wußte Mrs. Cleek vermutlich -, daß er nichts zu tun hatte. Zwar führte er die Oberaufsicht über eine außerordentlich wichtige Abteilung — vielleicht die wichtigste Abteilung des riesigen Unternehmens überhaupt -, doch fiel es ihm nicht leicht,
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