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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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abgeschmirgelt und es mit dünnem schwarzem Stoff ausgekleidet. Er war wunderschön, genau das, was er sich gewünscht hatte. Zum selben Geburtstag erhielt er von seiner Mutter Taschentücher und Unterwäsche und von seinem Vater festverzinsliche Wertpapiere.
    Auch im College war er ein Einzelgänger geblieben. In seinem zweiten Jahr verlor er in einem der Bordelle des College-Städtchens seine Jungfräulichkeit, und während der letzten beiden Jahre hatte er eine tröstliche Affäre mit einem jüdischen Mädchen aus Boston. Sie war zwar häßlich, doch sie hatte irre Augen und einen Körper, der überhaupt kein Ende nahm. Außer für Vögeln hatte sie für nichts Interesse, und das war ihm ganz recht.
    Er fand ein Stück Sardonyx, das er in seiner Gesteinstrommel und auf einem Schleifstein polierte. Zwar war es kein kostbarer Stein, aber er fand ihn schön. Das jüdische Mädchen lachte, als er ihn ihr zum bestandenen Examen schenkte. „Scheiß-Goy", „Scheiß-Goy", sagte sie.
    Er selbst bekam zum Abgang vom College von seinen Eltern eine Europareise geschenkt, eine grand tour durch ein Dutzend Länder und genug Zeit, in der Schweiz Berge zu besteigen und in Südfrankreich archäologische Grabungen zu besuchen. In der Nacht vor dem Abflug lag er mit dem jüdischen Mädchen, das eigens für eine letzte Nummer aus Boston gekommen war, im Bett, als der Rechtsanwalt der Familie ihm telefonisch mitteilte, seine Eltern seien auf der Heimfahrt von einer Party von der Fahrbahn abgekommen und im Wagen verbrannt.
    Daniel Blank überlegte eine Minute, dann trug er dem Anwalt auf, das Haus zu verkaufen, den Nachlaß zu ordnen und seine Eltern zu begraben. Er selbst werde erst nach der Europareise nach Hause kommen. Das Mädchen aus Boston hörte alles, was er ins Telefon sagte. Als er auflegte, war sie schon angezogen und marschierte, ihr Louis Vuitton-Köfferchen in der Hand, zum Hotelzimmer hinaus. Er sah sie nie wieder. Aber es war ein herrlicher Sommer.
    Als er Ende August wieder in seine Heimatstadt zurückkehrte, wollte außer dem Anwalt kein Mensch mehr mit ihm reden - und auch der so wenig wie möglich. Daniel Blank hätte das nicht kälter lassen können. In New York trug er seine Erbschaft auf die Bank. Später studierte er Geologie und Archäologie. Im zweiten Studienjahr lernte er Gilda kennen, die Frau, die er später heiratete.
    Zwei Monate vor dem Examen kam er zu der Ansicht, daß das alles Unfug sei; schließlich wollte er nicht den Rest seines Lebens im Dreck wühlen. Den besten Stein aus seiner Sammlung (ein schönes Stück Jade) verehrte er Gilda, vermachte die noch verbleibenden Gesteinsproben der Universität und flog nach New York. Etwa ein halbes Jahr lang spielte er dort den in bescheidenem Wohlstand lebenden Junggesellen. Danach war der größte Teil seines Barvermögens futsch; allerdings hatte er seine Wertpapiere und Aktien noch nicht angerührt. Er bekam einen Job in der Vertriebsabteilung einer größeren Zeitschrift und stellte zu seiner Belustigung fest, daß er auf diesem Gebiet etwas konnte. Er merkte, daß er ehrgeizig war, ja, geradezu bedenkenlos. Gilda kam nach New York, und sie heirateten.
    Dumm war er nicht; er war sich im klaren darüber, daß die gekachelten Emotionen seiner Kindheit und Jugend ihn abgestumpft hatten. Das Haus, das nach Sagrotan und Gin roch... die Küsse auf die Wange... das Lalique-Glas. Andere Menschen verliebten sich und weinten; er sammelte Steine und blieb trotzig der Beerdigung seiner Eltern fern.
    Was Celia Montfort für ihn getan hatte, zu dem Schluß kam er, war ein Freilegen dessen, was immer in ihm gesteckt hatte und nur niemals zum Vorschein gekommen war. Jetzt war er tiefer Gefühlsregungen fähig und konnte auf sie reagieren. Er war fähig, Celia zu lieben, Opfer für sie zu bringen. Das war Leidenschaft, so wärmend wie Kognak an einem trüben Novembernachmittag. Es war ein Feuer in den Adern, ein aus wilden Hoffnungen und furchtsamer Erwartung zusammengesetztes Verlangen. Er suchte es und folgte dabei demselben Instinkt, der ihn dazu gebracht hatte, seine Gesteinssammlung abzustoßen, jene Andenken an eine tote Vergangenheit.
    Als er sich an den Abstieg machte, dachte er immer noch an seine Liebe zu Celia, daran, wie sie nackt und mit den Masken vor dem Gesicht in der Dachkammer lagen, und daran, wie schnell sie es gelernt hatte, ihre Hand in seine Manteltasche mit dem Schlitz zu stecken und ihn zu streicheln, wenn sie mitten unter anderen Menschen

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