Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
verlieh ihm zusätzliche Würde.
    Sein Lächeln war anziehend, fast kindlich - eine vollkommene Tarnung für die harte, komplexe und scharfsichtige Intelligenz, die ihn, wie Delaney sehr wohl wußte, auszeichnete. Ein Schwarzer erreichte nicht Johnsons Stellung und genoß nicht seinen Ruf, bloß weil er schön lachen konnte und ein blendendes Gebiß hatte.
    „Bitte" - Thorsen hob beschwichtigend die Hände - „ihr beiden könntet euch ja mal einen Abend zusammensetzen und den Streit bei einem Steak oder schwarzer Hausmannskost austragen."
    „Ich bin für Steak", sagte Johnson.
    „Und ich für die echte Negerküche." Delaney lächelte.
    „Kommen wir zur Sache", mahnte Thorsen. „Vorher möchte ich noch wissen, wie es Barbara geht, Edward?"
    Delaney kehrte in die Wirklichkeit zurück.
    „Barbara geht es nicht besonders", sagte er ruhig. „Sie hat sich von der Operation nicht so erholt, wie es wohl sein sollte — oder zumindest, wie ich es erhofft hatte. Man behandelt sie mit Antibiotika. Beim erstenmal hat das nichts gefruchtet. Jetzt versuchen sie's mit einem anderen Mittel. Man wird wohl eins nach dem andern ausprobieren."
    „Es hat mir sehr leid getan, als ich hörte, daß Ihre Frau krank ist, Edward", sagte Johnson leise. „Was genau fehlt ihr eigentlich?"
    „Die Sache nennt sich Proteusinfektion. In ihrem Fall ist es eine Infektion des Urogenitaltrakts. Aber die Ärzte wollen mir ums Verrecken nicht sagen, wie krank sie wirklich ist und was für Aussichten sie hat."
    „Ich kenn das." Johnson nickte verständnisvoll. „Was ich bei diesen Ärzten am meisten hasse, ist, daß sie mir, wenn ich mit Bauchgrimmen zu ihnen gehe und ihnen genau erkläre, was für Symptome ich habe, sagen: 'Das beunruhigt uns nicht!' Dann sag ich: 'Verdammt noch mal, ich weiß selbst, daß es meine Schmerzen sind; warum sollte das Sie beunruhigen?'"
    Delaney lächelte zaghaft; er wußte, daß Johnson versuchte, ihn aufzuheitern.
    „Also, Edward", sagte Thorsen, „ich habe Ihren Antrag auf Versetzung in den Ruhestand vorliegen. Lassen Sie mich gleich sagen, daß ich bis jetzt noch überhaupt nichts unternommen habe. Der Antrag ist in Ordnung. Sie haben das Recht, sich pensionieren zu lassen, wenn Sie das wollen. Aber wir wollten zuvor noch mit Ihnen sprechen. Ben, wollen Sie jetzt das Reden übernehmen?"
    „Nein." Johnson schüttelte den mächtigen Kopf. „Sie sind am Ball."
    „Edward, es geht um den Mord an Lombard, der in Ihrem Revier passiert ist. Ich weiß, Sie kennen den Ruf dieses Mannes und wissen, wie populär er war und wie wichtig es für die Polizei ist, den Fall rasch aufzuklären und jemand zu verhaften. Unseligerweise muß das gerade jetzt passieren, während der Reorganisation der Kriminalpolizei. Haben Sie die Aktennotiz über den Sonderstab 'Kommission Lombard' gesehen, den der Stellvertretende Commissioner Broughton leitet?"
    Delaney zögerte einen Moment mit der Antwort und überlegte, wieviel er sagen sollte. Aber Broughton war ein Widerling, und was konnte der Kerl ihm schon anhaben, wo er ja ohnehin aus dem aktiven Dienst schied?
    „Ja, ich weiß." Er nickte. „Tatsächlich habe ich nach dem Mord Broughton die Bildung eines Sonderstabes vorgeschlagen. Wir haben uns in seinem Wagen unter vier Augen unterhalten."
    Thorsen sah Johnson an. Einen Moment starrten die beiden Männer einander in die Augen. Dann ließ der Inspector seine mächtige Pranke auf die Lehne seines Sessels sausen.
    „Ich hab's ja gesagt", entfuhr es ihm zornig, „ich hab's Ihnen ja gesagt, daß diese Idee nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen ist. Soviel Grips hat dieser Scheißrassist einfach nicht! Sie also waren es, Edward?"
    „Ja."
    „Hm, erwarten Sie bloß kein Dankeschön von diesem Lumpen. Bei dem heißt es: 'Erst komme ich - alle anderen beißen die Hunde!' Der bläst sich jetzt ganz schön auf!"
    „Deshalb haben wir Sie heute hergebeten, Edward", sagte Thorsen leise. „Broughton spuckt große Töne, und die würden wir ihm gern abgewöhnen."
    Delaney blickte von einem zum anderen und begriff, daß er in etwas hineingezogen werden sollte, das er von Herzen verabscheute: die Cliquenwirtschaft und Intrigen, die in den höheren Rängen der Polizei blühten - genauso wie auf allen Ebenen der Verwaltung, beim Militär und in den Großbetrieben, kurz, in jeder menschlichen Organisation, die aus mehr als zwei Mitgliedern besteht.
    „Wer ist ,wir'?" fragte er vorsichtig.
    „Inspector Johnson und ich natürlich. Und

Weitere Kostenlose Bücher