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Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gebracht! Keine Kriege, kein Elend, keine Krankheiten, keine Widerwärtigkeiten…«
    »Das muss ein schöner Traum gewesen sein«, sagte Japp neidisch.
    Miss Carnaby sprang auf.
    »Ich muss nach Hause. Emily war so besorgt, und Augustus vermisst mich angeblich schrecklich.«
    »Er hatte vielleicht Angst, dass Sie wie er für ›Hercule Poirot sterben‹ würden«, meinte Hercule Poirot lächelnd.

Die Äpfel der Hesperiden
     
    H ercule Poirot blickte nachdenklich in das Gesicht des Mannes an dem großen Mahagonischreibtisch. Er bemerkte die hohe Stirn, den kleinlichen Zug um den Mund, die habgierige Linie des Kinns und die durchdringenden, weit blickenden Augen. Die Gesichtszüge verrieten ihm, wieso Emery Power der große Finanzmann geworden war, der er heute war.
    Und als seine Augen auf die langen, schmalen, wunderbar geformten Hände fielen, verstand er auch, wie Emery Power den Ruf eines großen Sammlers erworben hatte. Er war zu beiden Seiten des Atlantischen Ozeans als Kunstkenner berühmt. Seine Leidenschaft für Kunst ging Hand in Hand mit einer ebensolchen Leidenschaft für das Historische. Es genügte ihm nicht, dass eine Sache schön war, sie musste auch eine Geschichte haben. Emery Power sprach. Seine Stimme war ruhig – eine leise, betonte Stimme, die wirksamer war als bloßer Stimmumfang.
    »Ich weiß, dass Sie heutzutage nicht viele Fälle übernehmen, aber ich glaube, dass Sie diesen übernehmen werden.«
    »Also ist es eine Sache von großer Bedeutung.«
    »Es ist für mich von Bedeutung«, bekräftigte Emery Power.
    Poirot verharrte in abwartender Haltung, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Er sah wie ein nachdenklicher Spatz aus.
    Der andere fuhr fort:
    »Es handelt sich um die Wiedererlangung eines Kunstwerkes. Genau genommen eines goldenen, ziselierten Renaissance-Bechers. Man sagt, es ist der Becher, den Papst Alexander VI. – Rodrigo Borgia – verwendete. Er bot ihn zuweilen einem Ehrengast zum Trunk an. Dieser Gast starb gewöhnlich, Monsieur Poirot.«
    »Eine schöne Geschichte«, murmelte Poirot.
    »Die Geschichte des Bechers war immer mit Gewalttaten verbunden. Er wurde mehr als einmal gestohlen. Es wurde gemordet, um ihn zu besitzen. Er zog eine Blutspur durch die Jahrhunderte nach sich.«
    »Aufgrund seines tatsächlichen Wertes oder aus anderen Gründen?«
    »Sein tatsächlicher Wert ist gewiss ansehnlich. Die Arbeit ist wunderbar, sie wird übrigens Benvenuto Cellini zugeschrieben. Die Ziselierung stellt einen Baum dar, um den sich eine edelsteingeschmückte Schlange windet, und die Äpfel des Baumes sind aus wunderbaren Smaragden geformt.«
    Poirot murmelte mit sichtlich erhöhtem Interesse: »Äpfel?«
    »Die Smaragde sind besonders schön und die Rubine an der Schlange auch, aber der wahre Wert des Bechers liegt in seiner historischen Vergangenheit. Er wurde im Jahre 1939 vom Marchese di San Veratrino zum Verkauf angeboten. Die Sammler überboten einander, ich erwarb ihn endlich für eine Summe, die nach dem damaligen Kurs dreißigtausend Pfund betrug.«
    Poirot hob die Augenbrauen.
    »Ein fürstlicher Betrag! Der Marchese di San Veratrino hatte Glück.«
    »Wenn ich etwas wirklich will, bin ich bereit, es zu bezahlen, Monsieur Poirot«, versetzte Emery Power.
    Hercule Poirot sagte leise:
    »Sie kennen gewiss das spanische Sprichwort: ›Nimm, was du willst – und bezahle es, sagt Gott.‹«
    Einen Augenblick runzelte der Finanzmann die Stirn – ein Zornesblitz funkelte in seinen Augen.
    »Ich sehe, Sie sind auch ein Philosoph, Monsieur«, meinte er kühl.
    »Ich habe das Alter der Betrachtungen erreicht, Monsieur.«
    »Gewiss, aber Betrachtungen werden mir meinen Becher nicht wiederbringen.«
    »Sie glauben nicht?«
    »Ich glaube, es wird Taten erfordern.«
    Hercule Poirot nickte gelassen.
    »Viele Leute begehen diesen Fehler. Aber entschuldigen Sie, Mr Power, wir sind vom Thema abgekommen. Sie sagten, dass Sie den Becher dem Marchese di San Veratrino abgekauft hätten?«
    »Richtig. Was ich Ihnen nun berichten muss, ist, dass er gestohlen wurde, ehe er effektiv in meinen Besitz überging.«
    »Wie geschah das?«
    »In der Nacht nach der Auktion wurde im Palazzo des Marchese eingebrochen, und es wurden acht oder zehn wertvolle Gegenstände geraubt, einschließlich des Bechers.«
    »Was wurde in der Sache unternommen?«
    Power zuckte die Achseln.
    »Die Polizei nahm die Angelegenheit natürlich in die Hand. Der Raub wurde als das Werk einer internationalen Diebesbande

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