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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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endlich.“
    „Sie meint aber, wir müssen uns beeilen. Es gibt Ärger. Da draußen ist irgendwas Großes, oder vielleicht auch nur was Ekliges. Egal was, Melissa kriegt davon echte Kopfschmerzen.“
    Dess hielt sich die Radkappe dicht an den Mund.
    „Hypochlorämie“, flüsterte sie ihr zu.
    „Bist du fertig?“, fragte Rex.
    „Klar. Das Zeug hier ist komplett gerüstet.“
    „Dann lass uns gehen.“
    Sie stand auf, schnappte sich mit der einen Hand die Radkappe und ließ die kleineren Metallteile in ihre Taschen gleiten. Rex kehrte um und joggte zur anderen Seite des Schrottplatzes, wo sie ihre Fahrräder versteckt hatten. Er sprang auf sein Rad und fuhr hinter Melissa her, die auf der Straße bereits in Richtung Innenstadt radelte. Logo, dachte Dess. Jessica Day war ein Stadtkind. Ihre Eltern konnten sich eine Wohnung im Zentrum leisten, weit weg von den Badlands und dem Gestank nach Bohrinseln und überfahrenen Tieren.
    Dess ging gelassen hinterher und stellte ihr Rad auf, stieg auf und strampelte hinter den beiden her. Sie hatte keine Eile. Melissa musste ihr Ziel an zittrigen Fäden entlang im zarten übersinnlichen Spinnennetz um Mitternacht vorsichtig verfolgen. Und Dess würde die beiden mit ihrem beschissenen Rad ohne Gangschaltung immer noch in jedem Rennen schlagen. Sie würde sie problemlos einholen, bevor das Feuerwerk losging.
    Sie hoffte nur, dass diese Jagd nicht vergeblich war, das Ergebnis von Rex’ paranoiden Anfällen zum Schuljahresbeginn. Na klar, es gab einen neuen Midnighter in der Stadt, aber das hatte es schon mal gegeben, und damals war auch nichts Weltbewegendes passiert.
    Rex hatte sich am Telefon allerdings ziemlich ängstlich angehört. Also hatte Dess vernünftige Schuhe angezogen. Ihre Joggingschuhe.
    Die Radkappe klapperte fröhlich in ihrem Fahrradkorb. Sie lächelte. Egal, was da draußen war, sie brauchte nicht gleich loszurennen. Beruhigend klimperte das Metall unter seinem Gewicht in ihren Taschen, und Dess wusste, ohne zu zählen, wie viele Waffen sie heute Nacht produziert hatte.
    „Glückliche dreizehn“, sagte sie.
    Sie näherten sich der Stadt, die freien Flächen der verlassenen Parkplätze und Erschließungsgebiete wichen Einkaufszentren und Tankstellen und, natürlich, ihrem Lieblingskaufhaus: 7-Eleven, ein Bruch, aus dem man auch 0,636363 Periode machen konnte.
    Vor ihr fuhr Melissa inzwischen schneller, offensichtlich erspürte sie ihren Weg nicht mehr, sie war sich sicher, wohin sie wollte. Irgendwas machte einen heute Nacht echt fertig. Dess trat ein bisschen fester in die Pedale, wich mit ihrem Rad reglosen Autos aus, die gelegentlich die Straße blockierten.
    Rex fuhr dicht hinter Melissa, um dafür zu sorgen, dass sie nicht in ein Auto raste, wenn sie die Nase nach oben hielt. Melissa funktionierte hier in der blauen Zeit wesentlich besser, trotzdem hielt sich Rex in ihrer Nähe. Nach acht Jahren war es nicht leicht, sich den Babysitter abzugewöhnen.
    Dess sah eine Gestalt am Himmel. Lautlos und schwebend – ein Gleiter mit Flügeln. Vor dem fast vollen Mond konnte sie die Zacken an seinen Flügeln erkennen. Wie bei einer Fledermaus waren die Flügel des Gleiters eigentlich eine Hand: Vier lange, gegliederte Fingerknochen spreizten sich wie Drachenstreben, zwischen denen sich papierdünne Haut spannte.
    Der Gleiter gab ein Quieken von sich, einen leisen, erstickten Laut, ungefähr wie der letzte Schrei einer totgetretenen Ratte.
    Es wurde geantwortet. Da oben waren noch mehr, ein ganzer Schwarm mit zwölf Gleitern. Sie flogen in die gleiche Richtung wie Dess und ihre Freunde.
    Dess schluckte. Vielleicht war das Zufall. Vielleicht kamen die kleinen Kerle auch nur auf einem Ausflug vorbei. Ein paar waren immer unterwegs, aus Neugier auf die kleine Menschengruppe, die die blaue Zeit besuchte. Normalerweise machten sie keinen Ärger.
    Sie sah hoch. Noch ein Schwarm gesellte sich zu der ersten Gruppe. Sie zählte die dunklen, durchsichtigen Gestalten mit einem Blick: vierundzwanzig.
    Dess fing an zu zählen, um ihre Nerven zu beruhigen. „Uno, dos, tres …“ Sie konnte in sechsundzwanzig Sprachen zählen und arbeitete noch an ein paar weiteren. Der rhythmische Klang von Zahlwörtern beruhigte sie, und die vielen verschiedenen Methoden, bei den kniffligen Zehnerschritten die Wörter zu verändern, fand sie immer lustig.
    Nervös ging sie ins Altenglische über. „Ane, twa, thri, feower, fif …“
    Fünfter September. Heute passierte nichts Großes, da

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