Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
zog sich leicht hinkend zum äußersten Ende der Lücke zurück. Er hob eine Pranke hoch und leckte sie. Dann starrten die kalten Indigoaugen Jessica an. Die kalte Intelligenz war immer noch da. Die Katze drehte sich um und trottete aus ihrem Blickfeld.
    Sie suchte nach einem anderen Weg.
    Egal, was der Zaun dem Panther getan hatte, sie war dankbar. Das Biest hätte über den Zaun springen können, der höchstens zwei Meter fünfzig hoch war, aber die blauen Funken hatten es erschreckt.
    Lange würde ihre Zuflucht aber nicht halten. Sie musste sich in Bewegung setzten. Jessica rollte herum und wollte aufstehen.
    Ein zischendes Geräusch kam vor ihr aus dem Boden. Durch das hohe Gras entdeckte sie zwei Purpuraugen, die im Mondlicht blitzten.
    Sie schlug ihre Hand gerade noch rechtzeitig vor ihr Gesicht. Kälte durchzuckte sie von der Handfläche bis zum Ellenbogen, als ob lange Eisnadeln in ihren Arm eingedrungen wären. Jessica sprang auf die Füße und entfernte sich stolpernd von der Stelle, an der sich die Schlange versteckt hatte.
    Voller Angst riss sie die Augen weit auf, als sie auf ihre Hand hinuntersah.
    Die Schlange hing an schwarzen Fasern, die sich um ihre Finger und das Handgelenk wickelten, Kälte hatte ihre Hand ergriffen und breitete sich aus. Die Fasern kamen aus dem Maul der Schlange, als ob sich ihre Zunge in lauter schwarze Fäden zerteilt hätte, die sie fest umwickelten. Die Kälte kroch langsam ihren Arm bis zu ihrer Schulter hoch.
    Ohne nachzudenken, schleuderte Jessica ihren Arm gegen den Zaun. Die Drahtmaschen fingen wieder an zu leuchten, wenn auch nicht so explosiv wie vorher, als ihn die Katze berührt hatte. Blaue Funken schossen auf ihre Hand zu, dann liefen sie an der sich windenden Schlange ab. Die Kreatur qualmte kurz, das schwarze glatte Fell hatte sich aufgestellt. Die Fäden rollten sich ab, und die Schlange fiel leblos zu Boden.
    Jessica lehnte sich erschöpft an den Zaun.
    Das Metall war warm und pulsierte in ihrem Rücken, als ob der Stahl angefangen hätte zu leben. Sie spürte ihren Arm wieder, ein schmerzhaftes Gefühl, wie die eingebildeten Nadelstiche, wenn die Durchblutung wieder in Gang kam, nachdem sie die ganze Nacht daraufgelegen hatte.
    Jessica sackte erleichtert in sich zusammen, ließ sich mit ihrem Gewicht eine Weile vom Zaun auffangen.
    Dann sah sie aus dem Augenwinkel, wie sich etwas bewegte. Unter dem Zaun gab es eine kleine Vertiefung, wie ein Buddelloch von einem Hund. Mehr Schlangen tauchten auf.
    Jessica drehte sich um und rannte.
    Der Hinterhof dieses Hauses war klein, umgeben von einem hohen Zaun. Vor dem Panther mochte sie hier in Sicherheit sein, aber die Schlangen konnten sich überall im ungemähten Gras verstecken. Sie kletterte hinten über das verschlossene Tor und landete in einer schmalen, gepflasterten Gasse.
    Die große Katze hatte die Richtung eingeschlagen, aus der Jessica gekommen war, also rannte sie die Gasse in entgegengesetzter Richtung hinunter. Sie fragte sich, ob sie je zu Hause ankommen würde.
    „Nur ein Traum“, redete sich Jessica zu. Die Worte beruhigten sie überhaupt nicht. Das Adrenalin in ihrem Blut, der stechende Schmerz in ihren Fingern vom Festhalten am Drahtzaun, ihr hämmerndes Herz in der Brust – das ganze Erlebnis fühlte sich absolut real an.
    Die Gasse führte auf eine breite Straße. Ein Straßenschild stand an der nächsten Ecke, und Jess rannte darauf zu, ihre Augen schweiften umher, nach dem Panther Ausschau haltend.
    „Ecke Kerr/Division“, las sie. Das war auf dem Weg zur Schule. So weit weg von zu Hause war sie nicht. „Ich muss bloß an den haarigen Schlangen und dem Riesenwesen vorbeikommen, dann habe ich es geschafft“, murmelte sie. „Kein Problem.“
    Der Mond war inzwischen ganz aufgegangen. Er bewegte sich schneller als die Sonne tagsüber, fiel Jessica auf. Sie glaubte nicht, dass mehr als eine halbe Stunde vergangen war, seit der Traum angefangen hatte. Sie sah, wie gigantisch der Mond inzwischen war. Er füllte fast den ganzen Himmel aus, so dass drumherum nur ein schmaler Streifen am Horizont übrig blieb.
    Dann entdeckte Jessica die Gestalten vor dem Mond.
    „Super“, sagte sie. „Das hat mir gerade noch gefehlt.“
    Es waren irgendwelche fliegenden Viecher. Sie sahen wie Fledermäuse aus, mit durchsichtigen Flügeln aus Haut, die langsam dahinschwebten und nicht mit ihren Flügeln schlugen. Sie waren aber größer als Fledermäuse, mit längeren Körpern, wie ein Rudel Ratten, denen

Weitere Kostenlose Bücher