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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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fixiert.
    Dess wartete auf mehr, Melissa starrte aber nur in den Himmel, lauschte mit all ihren Sinnen, schmeckte die reglose Luft.
    Dess zuckte mit den Schultern und senkte den Blick wieder zu Boden, prüfte die Metallteile, die Rex für sie auf einem Haufen gestapelt hatte. Seiner Meinung nach waren sie alle von nichtmenschlichen Händen unberührt. Wenn er mit der heutigen Nacht recht hatte, dann konnte es ein heftiges Gepolter geben, und sie würde sauberen Stahl brauchen, um damit zu arbeiten.
    Natürlich konnte sich Rex irren. Dess fand die Nacht nicht schlimm. Freitag, 5. September, der fünfte Tag im neunten Monat. Die Kombination aus neun und fünf war nicht besonders schrecklich: aus den Zahlen wurde vier, vierzehn oder vierundfünfzig (wenn man sie subtrahierte, addierte oder multiplizierte), ein recht hübsches Schema, wenn man wie Dess Vieren mochte, und wohl kaum gefährlich. Außerdem bestand „Septemberfünf“ in Worten aus dreizehn Buchstaben, eine sicherere Zahl konnte es kaum geben. Was gab es da zu jammern?
    Rex machte sich trotzdem Sorgen.
    Dess sah auf. Der dunkle Mond sah normal aus, ging wie üblich in gemessenem Tempo auf und verströmte wie immer sein prachtvolles, blassblaues Licht. Bis jetzt hatte Dess noch nichts Großes rumoren gehört. Allzu viele Gleiter hatte sie auch noch nicht gesehen. Nicht einen einzigen, genau genommen, auch nicht aus dem Augenwinkel.
    Das war eigentlich seltsam. Sie sah sich auf dem Schrottplatz um. Es gab verrostete Autos, eine korrodierte Metallhütte, die irgendein Tornado vergangener Zeiten plattgemacht hatte, und einen wirren Haufen mit Reifen – etliche Stellen zum Druntergleiten und Hinausspähen, aber keinerlei Anzeichen von Bewegung. Und selbst wenn man sie nicht sehen konnte, mit ihren Piepsern und Schreien hörte man sie meistens. Aber heute Abend hielt keiner von den kleinen Kerlen Ausschau.
    „Fast ein bisschen zu still“, sagte sie zu sich selbst und legte dabei einen bedrohlichen Unterton in ihre Stimme.
    Melissa auf der anderen Seite des Schrottplatzes stöhnte, und trotz der gleichmäßigen Wärme in der blauen Zeit überkam Dess ein Frösteln.
    Es wurde Zeit, loszulegen.
    Sie bückte sich und begann, die Metallteile zu durchforsten, auf der Suche nach glänzendem Stahl, der noch nicht verrostet
    war. Edelstahl war am besten, unlackiert und glänzend. Verbogene, unregelmäßige Formen spielten bei ihrer Auswahl ebenfalls eine Rolle. Auf der weiten Reise von der Fabrik zum Schrottplatz waren einige Teile bis zu einem gewissen Grad verwittert, kleine Stäbe mit einem eleganten Verhältnis zwischen Länge und Breite, verkratzte Schrauben mit harmonischen Zwischenräumen zwischen ihren Rillen. Erfreut sortierte Dess ihre Fundstücke. Stahl wurde in der blauen Stunde lebendig. Sie sah, wie schillernde Adern im Mondlicht über das Metall streiften und dann verblassten, als ob sich ein Feuerwerk am blassen Himmel über ihnen im Stahl spiegeln würde.
    Jedes Metallteil, das Dess auswählte, führte sie zum Mund und hauchte ihm einen Namen ein.
    „Holdseligkeit.“
    Unter den großen Teilen gab es einige, die schön waren, aber sie musste sie alle problemlos mit sich schleppen könnten, eventuell sogar, während sie um ihr Leben rannte. Sie wählte eine kleine, aber vollkommene Unterlegscheibe, ein schweres Rohrstück ließ sie liegen.
    „Eilfertigkeit“, flüsterte sie ihr zu.
    Worte überschlugen sich in ihrem Kopf, einige, von denen sie nicht einmal wusste, was sie bedeuteten, Sprachfetzen, die sich ihr eingeprägt hatten wegen der Anzahl oder Kombination ihrer Buchstaben. Worte waren eigentlich nicht ihr Ding, es sei denn, sie kollidierten mit Zahlen und Schemata, wie auf einem Scrabblebrett, wo man auf den Bonus für die Dreifachkombination scharf ist.
    Was sie heute Nacht suchte, war ziemlich banal: Worte mit dreizehn Buchstaben, um die Kraft der Stahlteile zu verstärken.
    „Fossilisation“, nannte sie eine lange, dünne Schraube, deren Gewinde sich genau neununddreißig Mal um den Schaft wand.
    Direkt hinter sich hörte sie Rex’ Stiefel knirschen. Sie hatte ihn nicht kommen gehört, so begeistert beschäftigte sie sich mit den Metallteilen.
    „Wenn du ein Gleiter wärst, hättest du mich gebissen“, murmelte sie. Die ekligen kleinen Dinger bissen natürlich nicht wirklich, aber beinahe.
    „Melissa hat sie gefunden“, sagte Rex.
    Dess hob eine alte Radkappe ans Licht. Blaue Feuerblitze kreiselten am äußeren Rand.
    „Na

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