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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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sahen wie die Räder in einem Cartoon aus. Der Gesichtsausdruck der Fahrerin hatte sich nicht verändert, von den seltsamen Dingen, die sich um sie herum ereigneten, bekam sie nichts mit.
    Rex deutete nach oben auf den finsteren Mond. „Und wenn dieser böse Bube untergeht, nimmt es sofort wieder seine normale Geschwindigkeit auf. Kein Grund zur Eile, wie Dess gesagt hat, aber besser, wenn man’s nicht vergisst.“
    Etwas an der Gelassenheit in Rex’ Stimme ging Jessica auf die Nerven. Vermutlich die Tatsache, dass von allem, was er da erzählte, absolut nichts einen Sinn ergab.
    Sie sah noch einmal zum Mond hinauf. Er wanderte noch immer schnell über den Himmel, war inzwischen zur Hälfte untergegangen.
    Die anderen drei stießen einen Schrei aus. Sie senkte den Blick und sah sie an. Sie starrten zurück.
    „Was ist los?“, fragte Jessica gereizt. Sie hatte die Nase voll von ihren Verrücktheiten.
    Das Mädchen, deren Namen sie nicht kannte, trat einen Schritt näher an Jess heran und sah ihr mit erschrockenem Blick direkt ins Gesicht.
    „Deine Augen stimmen nicht“, sagte das Mädchen.

midnighter
    12.00 Uhr Mitternacht
    10
    „Meine Augen tun was ?“
    „Sie sind …“ Das Mädchen kam noch einen Schritt näher, um Jessicas Augen genau zu inspizieren. Jessica hob eine Hand an ihr Gesicht, und das Mädchen zuckte, als ob sie Angst vor einer Berührung hätte, und sah dann mit irritiertem Blick zum Himmel hinauf.
    Als Melissas Augen dem Mond begegneten, schrie Jessica auf. Sie leuchteten indigoblau, genau wie bei dem Panther.
    Jessica trat vor den dreien einen großen Schritt rückwärts. Solche leuchtenden Augen gab es bei Katzen oder Waschbären, Eulen oder Füchsen – Wesen, die in der Dunkelheit jagten. Nicht bei Menschen. Die Augen des Mädchens sahen jetzt normal aus, wirkten aber nach der kurzen Spiegelung nicht mehr ganz menschlich.
    „Melissa hat recht“, sagte Dess.
    Rex brachte die anderen beiden mit einer Geste zum Schweigen. Er kam einen Schritt näher und sah Jessica gelassen, aber eindringlich in die Augen.
    „Jessica“, bat er ruhig, „sieh bitte zum Mond hoch.“ Sie folgte seiner Aufforderung kurz, sah Rex dann aber schnell wieder misstrauisch an.
    „Was hat er für eine Farbe?“, fragte er.
    „Er ist …“ Sie sah wieder hoch, achselzuckend. „Er hat keine Farbe. Und ich kriege davon Kopfschmerzen.“
    „Ihre Augen stimmen nicht“, wiederholte das andere Mädchen, die Dess mit Melissa angeredet hatte.
    Dess trumpfte auf: „Heute hat sie gesagt, dass ihr die Sonne nichts ausmacht. Ich hab euch gesagt, dass sie total daylightmäßig drauf ist. Ohne Sonnenbrille und alles.“
    „Kann mir vielleicht mal jemand verraten, worüber ihr da redet?“, schrie Jessica plötzlich zu ihrer eigenen Überraschung. Sie hatte nicht vorgehabt zu schreien, aber die Worte waren einfach so aus ihr herausgeplatzt.
    Die verblüfften Mienen auf den Gesichtern der anderen waren irgendwie beruhigend.
    „Ich meine …“, stammelte sie, „was geht hier vor? Wovon redet ihr? Und was habt ihr in meinem Traum zu suchen?“
    Rex trat zurück und hob die Hände. Dess kicherte, wandte sich aber leicht verärgert zur Seite. Melissa senkte den Kopf.
    „Tut mir leid“, sagte Rex. „Das hier ist kein Traum.“
    „Aber …“, hob Jessica an, seufzte dann aber, weil sie wusste, dass sie ihm glaubte. Der Schmerz, die Angst, wie ihr Herz in der Brust geklopft hatte, all das war zu wirklich gewesen. Das hier war kein Traum. Sie fühlte sich erleichtert, weil sie sich das nicht mehr einreden musste.
    „Was ist das dann?“
    „Das ist Midnight.“
    „Sag das noch mal.“
    „Midnight“, wiederholte er langsam, „die blaue Zeit. Es ist zwölf Uhr Mitternacht. Seit die Welt ihre Farbe gewechselt hat, ist dies alles hier in einem einzigen Augenblick passiert.“
    „Ein einziger Augenblick …“
    „Die Zeit bleibt für uns um Mitternacht stehen.“
    Jessica spähte durch die Windschutzscheibe und betrachtete die reglose Frau hinter dem Lenkrad. Die konzentrierte Miene auf ihrem Gesicht, die Hände, mit denen sie das Lenkrad fest umklammerte … Sie sah nicht so aus, als ob sie fahren würde, sondern wie in einem erstarrten Augenblick eingefangen.
    Dess meldete sich als Nächstes zu Wort, diesmal ohne den gehässigen Unterton in der Stimme. „Der Tag hat eigentlich keine vierundzwanzig Stunden, Jessica. Es sind fünfundzwanzig. Aber davon ist eine so fest zusammengepresst, dass man sie nicht sehen kann.

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