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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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locker.“
    Er schluckte, ihre Hand hielt er fest im Griff. „Normalerweise springe ich so kurz vor Monduntergang nicht. Es macht keinen Spaß, die Schwerkraft in voller Breitseite abzukriegen, wenn man weit oben ist.“
    „Erzähl mir mehr davon“, meinte Jessica.
    „Tut mir leid.“
    Sie näherten sich dem Zaun. Jetzt sah Jessica den gerollten Stacheldraht mit seinen tückischen Stacheln oben drauf. Das Licht änderte sich allmählich, etwas Farbe kehrte in die Welt zurück.
    „Dauert jetzt nicht mehr lange“, sagte Jonathan.
    Jessica schluckte. Wenn sie geschnappt wurde, während sie sich hier herumtrieb, würden sie ihre Mutter verantwortlich machen. Der neue Job wäre dann im Toaster.
    „Nur noch ein Sprung“, schrie sie. „Los!“
    Sie erhoben sich in die Luft, mindestens sechs Meter über den Stacheldraht.
    „Oh nein“, sagte Jonathan. „Ich glaube, das war vielleicht ein bisschen …“
    „Zu heftig?“, fragte sie.
    Sie segelten weiter aufwärts.
    Der Mond verschwand hinter den Bergen. Vor ihnen in der Ferne wurden die Bäume grün. Jessica fiel auf, dass es wie beim Sonnenaufgang aussah, genau an dem Punkt zwischen Tag und Nacht, wenn sich das Licht von Osten nach Westen über den Planeten bewegte. Monduntergang und normale Zeit – und Gravitation – sausten auf sie zu.
    „Das ist nicht gut“, meinte Jonathan.
    Hilflos flogen sie weiter hoch in den Himmel.
    Jessica dachte fieberhaft nach. Sie brauchten nur etwas, was sie nach unten zog. Wenn sie bloß etwas Schweres …
    Dann fiel es ihr ein. Sie hatten etwas Schweres: sie.
    „Gib mir deine Kette“, befahl sie.
    „Was?“
    „Mach schon!“, schrie sie.
    Jonathan wickelte Hilfeleistung von seinem Handgelenk. Sie riss sie ihm aus der Hand. Die Stahlglieder der Kette sahen stark genug aus. Sie hielt das eine Ende mit der freien Hand fest. „Nimm das andere Ende. Halt fest.“
    Er griff danach.
    Mit der anderen Hand ließ Jessica los.
    „Jess, nein!“
    Sie fiel, riss heftig an der Kette und zog Jonathan hinter sich her nach unten.
    „Jess!“ In seinen Augen stand blanker Horror.
    Wenige Sekunden später fielen sie schnell genug, und sie riss an der Kette, um ihn wieder näher an sich zu ziehen. Panisch packten sie sich wieder an den Händen, und mit der Wärme seines Körpers umfing Jessica die Schwerelosigkeit erneut.
    Der Schwung brachte sie schnell zum Boden, aber mit dem sanften Druck der Mitternachtsgravitation.
    Jonathan umschlang sie mit seinen Armen. Jessica merkte, dass sie zitterte.
    „Ich habe noch nie jemanden fallen gelassen“, sagte er leise. „Und jetzt habe ich dich in einer Nacht zwei Mal fallen gelassen.“
    Das Gras unter ihnen wurde wieder grün. Sie befanden sich auf der Höhe der Baumspitzen, und dann berührten ihre Füße sanft den Boden.
    Normales Gewicht senkte sich nach ein paar Sekunden auf sie herab.
    „Also, beim dritten Mal wird es echt super“, sagte Jessica. Sie zitterte immer noch.
    Sie standen da und sahen sich an.
    Schließlich lösten sie ihre Hände voneinander.
    „Autsch“, sagte er leise.
    Jessica kicherte und rieb sich ihre Hand. „ Autsch trifft die Sache.“
    Jonathan lachte laut auf. „Du hast einen teuflisch festen Griff, Jess. Meine Hand fühlt sich an, als ob sie in eine Tür geraten wäre. So viel zum Thema klebrig.“
    „Ich?“, protestierte sie, ebenfalls lachend. „ Meine Hand fühlt sich an, als ob ein Laster drübergefahren wäre.“
    Sie lachten beide immer noch, als der Polizeiwagen auftauchte.

sperrstunde
    00.01 Uhr morgens
    15
    Der Streifenwagen bog knirschend auf den Seitenstreifen. Kies spritzte unter seinen Reifen auf, als er schlingernd zum Stehen kam.
    Jonathan packte Jessicas Hand und ging instinktiv in die Knie, um abzuspringen, mit einem präzisen Sprung vor Augen, der sie über das Auto auf das nächste Dach auf der anderen Straßenseite in Sicherheit bringen würde. Er sah den exakten Landungswinkel vor sich und wie sie der nächste Sprung über den nächsten Block außer Sichtweite tragen würde. Hinaus in die Freiheit.
    Aber seine Beine gaben unter ihm nach, und Jonathan erinnerte sich, dass er schwer war, beladen, erdverbunden. Ende der Flugzeit.
    Jonathans erschöpfte Beinmuskeln schafften es kaum, ihn wieder in den aufrechten Stand zu heben. Er zweifelte sogar daran, dass es zum Wegrennen reichen würde. In den nächsten Minuten würde sich sein Körper wie ein Stein anfühlen, so lange, bis er sich allmählich wieder an das normale Gewicht gewöhnt

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