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»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Bode
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bleiben«, oder zur Erholung beitragen, aber statt Tee nur Mini-Mengen Tee-Extrakt und Konservierungsstoffe enthalten. Die angeblichen Wohlfühl-Produkte sind eigentlich nur eines: der Versuch, Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Denn meist sind sie deutlich teurer als herkömmliche Tees oder Softdrinks. Gerade im hart umkämpften Getränkemarkt wimmelt es bei den Tee-Mixgetränken nur so von Wellnessversprechen, die Verbrauchertäuschung in Reinstform repräsentieren. Der »Moment Weißtee und Birne« von Gerolsteiner verspricht in seiner Werbung »eine sanfte Balance aus natürlichem Gerolsteiner Mineralwasser, edlem Tee und fruchtigem Saft«. Doch die »Wellness«-Wirklichkeit sieht armselig aus: Nur 0,02 Prozent Weißtee-Extrakt, aber 4,4 Prozent Zucker, was immer noch halb so viel ist wie in »Sprite«, dazu Aroma und der Konservierungsstoff Kaliumsorbat (E 202).
    Nestlés »Nestea Grüntee Citrus« preist die »wertvollen Inhaltsstoffe aus grünem Tee« sowie Antioxidantien an. Zur »Wellness«-Wirklichkeit des Getränks gehören jedoch Aroma, zahnschädigende Zitronensäure (E 330), 7,2 Prozent Zucker und Tee nur in Form von 0,3 Prozent Grüntee-Extrakt. Antioxidantien werden in der Lebensmittelwerbung wie eine Wunderwaffe angepriesen, doch die allermeisten Verbraucher können mit »Antioxidantien« wohl kaum etwas anfangen. Antioxidantien wird nachgesagt, sogenannte »freie Radikale« unschädlich zu machen, die zum Beispiel bei der Immunabwehr entstehen und die Körperzellen schädigen können. Allerdings sind die positiven Wirkungen von Antioxidantien wissenschaftlich nicht zweifelsfrei belegt. Traurig auch die Realität hinter Volvics Versprechen, mit seinem »Tee/Pfirsich« ein »natürliches Getränk« mit »dem Guten aus Tee« anzubieten: Nur eine winzige Menge undefinierter Tee-Extrakt, 4 Prozent Zucker, Aroma, Zitronensäure (E 330), Konservierungsstoffe Kaliumbenzoat (E 212) und Kaliumsorbat (E 202).
    Auch der US -amerikanische Fruchtsaftproduzent Ocean Spray, seit 1999 in Deutschland präsent, bemüht die Antioxidantien in seinen Säften und behauptet, durch den regelmäßigen Genuss seines Moosbeerensafts (Cranberry) könne man das Risiko einer Blasenentzündung verringern. Und Blasenentzündungen – auch das sei selbstverständlich wissenschaftlich belegt – seien der »Lustkiller Nummer eins in deutschen Betten«: »Zwei von fünf Frauen (39 Prozent) haben deshalb schon mal auf den Geschlechtsverkehr verzichten müssen.« Bei der Europäischen EFSA -Behörde war man zum Glück anderer Meinung: Die Beweislage reiche nicht aus, um einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Konsum von »Ocean Spray Cranberry« Produkten und dem behaupteten Effekt eines geringeren Entzündungsrisikos herzustellen. Urteil der Europäischen Kommission: Health Claim abgelehnt. Solch eine Abfuhr ist auch dem Anti-Aging-Bier der Klosterbrauerei Neuzelle in Brandenburg zu wünschen. Das »Wellness«-Getränk wird als »das Bier der Schönheit und Vitalität« beworben, dem die »natürlichen Stoffe Kurbad-Sole, Spirulina (Algen) und Flavonoide (Quercetin)« zugesetzt sind. Flavonoide, so wird erklärt, schützten vor dem Angriff durch freie Radikale, ihre Wirkung sei antientzündlich, sie schützen vor Arteriosklerose und Bluthochdruck; auch würde den Flavonoiden eine krebspräventive Wirkung nachgesagt. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen und um Klagen wegen Unwirksamkeit vorzubeugen, stellen die Klosterbrauer klar: »Die Uhr des Lebens lässt sich damit nicht anhalten«, was ja im Grunde das Gegenteil von Anti-Aging bedeutet. Dennoch waren die Brauer so versessen von ihrem Getränk, dass sie ihre Sicht der Dinge bis vor das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) brachten, das eine Ausnahmegenehmigung für das Algen-Bier bei der zuständigen Behörde erzwang. Solche Beispiele zeigen: So lächerlich, so nutzlos, so überteuert und so gefährlich das Essen mit dem angeblichen Zusatznutzen für den Verbraucher auch sein kann, so zwingend ist es für viele Unternehmen, dem Gesetz des Marktes nach immer neuen Kreationen zu folgen, auf der Suche nach dem kleinen Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz, das sich eines Tages vielleicht zu einem Blockbuster entwickeln könnte wie der berühmte, aber überflüssige Trinkjoghurt Actimel. Aus ihrer Sicht handeln die Lebensmittelhersteller rational, doch ebenso rational ist es aus Sicht der Verbraucher, den meisten Kreationen der

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