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»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Bode
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liegt.
    Diese Lebensmittel-Imitate (sogenannte »Aliuds«) verbindet nur noch wenig mit dem Schinken oder Formfleisch, wie sie in guten Metzgereien angeboten werden. Ihr fehlender Fleischanteil wird durch reichlich Trinkwasser, Binde-, Gelier- und Verdickungsmittel ausgeglichen, zusätzlich werden oft noch fleischfremdes Soja- und Milcheiweiß beigemischt. Diese Masse dient dazu, die kleinen Fleischstücke – sie sind in der Regel Reste der eigentlichen Schinkenherstellung – zu einem Stück zusammenzukleben. In einem Papier des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz heißt es über den »Gel-Schinken«: »Die Erzeugnisse weisen im Vergleich zu Schinken und Vorderschinken eine gummiartige, elastische Konsistenz auf und unterscheiden sich auch hinsichtlich ihres Geruchs und Geschmacks deutlich von den Produkten, die sie ersetzen sollen.« Andere Lebensmittelexperten beschreiben die Konsistenz als »leicht mehlig« und »strukturlos«, als »schwammige Masse« mit einem »leicht süßlichen« Geschmack und »meist ohne Fleischaroma«.
    Hunderttausendtonnenweise landen diese gummiartigen, strukturlos-mehligen und süßlich schmeckenden Schinken-Imitate auf Pizzen, in Salaten oder Nudelgerichten, ohne dass diejenigen, die die Gerichte essen, davon wüssten. Denn sehr viele Gaststätten, Restaurants und Imbissstände verkaufen ihren Gästen »Schinkennudeln«, »Schinkenpizza« oder »Chefsalat mit Schinkenstreifen«, in denen jedoch kein einziges Stückchen Schinken mehr steckt und die deshalb – handelten die Gastwirte gesetzeskonform – auf den Speisekarten und Aushängen korrekterweise so beschrieben werden müssten: »Pizza mit Belag nach Art einer groben Brühwurst« oder »Kochpökelfleisch-Imitat aus Schweinefleischanteilen, zerkleinert und geformt«.
    Von 78 Proben, die bayerische Lebensmittelkontrolleure 2008 in Gaststätten, im Groß- und Einzelhandel sowie bei Herstellern und Metzgereien nahmen, wurden 59 Prozent beanstandet, die meisten, weil sie auf der Speisekarte, auf Verpackungen oder Begleitpapieren falsch gekennzeichnet waren. Nimmt man nur die Imitat-Proben aus EU -Mitgliedsländern, vor allem Belgien, Italien und Polen, lag die Beanstandungsquote bei 100 (!) Prozent. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Bei den echten Schinken-Produkten aus Deutschland hatten die Kontrolleure zwar »nur« bei 33 Prozent Anlass zur Kritik, was für den Verbraucher freilich kein wirklicher Trost sein kann: Denn erstens kann er im Nudelsalat ohnehin kaum noch einen Unterschied feststellen zwischen deutschen und belgischen Schinken-Imitat-Streifen; und zweitens stellt das Bayerische Landesamt fest: »Es gibt vermehrt deutsche Hersteller, die derartige Erzeugnisse (gemeint sind Imitate) anbieten. Und auch diese sind nur in Ausnahmefällen korrekt bezeichnet.«
    Bayern ist überall. Wohin man auch schaut, die Beanstandungsquoten bewegen sich auf einem Niveau, das kein Käufer von Schrauben, Badkacheln oder Katzenfutter je akzeptieren würde. Doch bei einem unserer beliebtesten Lebensmittel ist es fast normal, dass seine Qualität »nur noch in Ausnahmefällen korrekt bezeichnet« wird. Beispiel Hessen: 2006 nahmen die Kontrolleure bei Gastronomen, Herstellern und Händlern 528 Proben – bei einem Drittel davon war der angebliche Schinken nur Mogelschinken; und in den Gaststätten fanden die Kontrolleure anstelle des behaupteten echten Kochschinkens sogar in 68 Prozent der Proben nur das billige »Stärke-Gel mit Fleischstücken«.
    Beispiel Niedersachsen, auch so ein Fleischland wie Bayern. Im Bericht des Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit heißt es: »Bei Untersuchung von 130 Proben Kochschinken und Schinkenerzeugnissen im Jahr 2007 wurden 68,5 Prozent beanstandet. Von 43 Proben in Gastronomiebetrieben wurden lediglich zwei Proben nicht beanstandet, bei allen anderen (95,3 Prozent) handelte es sich um Schinkenimitate, die in den Speisekarten als ›Kochschinken‹ oder ›Vorderschinken‹ bezeichnet waren.«
    Dann schreiben die niedersächsischen Verbraucherschützer einen entscheidenden Satz, der sowohl ihre faktische Ohnmacht wie ihre Tatenlosigkeit entlarvt und den ihre Kollegen in den anderen Bundesländern ausnahmslos unterschreiben müssten: »Obwohl derartige Imitate von den Untersuchungsämtern seit mehreren Jahren regelmäßig und konsequent beanstandet werden, ist weder ein Trend zum Rückgang der Verwendung noch zur korrekten

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