Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
Vom Netzwerk:
konnte er damit überzeugen.

[Menü]  
    Japanische Effizienz beim Lebensmittelrecycling
    Die Millionenstadt Yokohama gehört zum Ballungsraum Tokio. Hier wollen wir morgen drehen. Wir sind in einem Vorort untergebracht – Beton, so weit das Auge reicht. Essen gehen? Am besten im Bahnhofsgebäude, heißt es. Roland, unser Kameramann, ist skeptisch. Doch was wir dann im zweiten Stock des Betonklotzes entdecken, begeistert den Feinschmecker hellauf: ein Restaurant neben dem anderen, alle werben sie mit einem Blick in die Küche, in der die Zutaten frisch zubereitet werden.
    Wir entscheiden uns für ein traditionelles Restaurant, das auf Sashimi spezialisiert ist. Der Kellner empfiehlt uns dazu einen gemischten Salat mit den Worten: »Die Pflanzen wurden heute Morgen auf der Miura-Halbinsel geerntet.« Die Halbinsel liegt keine 50 Kilometer entfernt. Frischer geht es nicht! Und tatsächlich: So etwas Knackiges habe ich selten gegessen, teilweise für uns vollkommen unbekannte Gewächse, asiatische Kohlarten, Daikon-Rettiche und riesige gezackte Blätter der Shiso-Minze. Roland zückt seinen Fotoapparat: Solch ein üppiger Teller, das muss dokumentiert werden.
    Am nächsten Tag steht er hinter der Kamera. Und wir sehen die Kehrseite der Frische-Obsession der Japaner in einem riesigen Supermarkt. Wir betreten das Gebäude durch eine Seitentür. Vor uns ein Verkäufer mit einem Wägelchen. Er macht eine tiefe Verbeugung – aber niemand steht vor ihm. »Mit dieser Verbeugung in Richtung Supermarkt bezeugt er Respekt vor den Kunden und seinem Arbeitgeber«, erklärt unser Übersetzer.
    Der Verkäufer schiebt seinen Wagen weiter und fängt laut an zu rufen: »Frisches Fleisch, gerade angekommen.« Sein alles durchdringender Singsang schallt durch den Supermarkt, und tatsächlich, einige Kunden lassen sich davon anlocken und kommen zum Fleischregal.
    Der Direktor des Supermarkts Hiroshi Goto erklärt: »Für unsere Kunden hat Frische allererste Priorität, vor allem bei Gemüse, Fisch und Fleisch. Dieser Wunsch bestimmt unser Handeln.« Deshalb hat er auch eine eigene Sushiproduktion. Etwa 20 Küchenhilfen schneiden Gemüse und Fisch und wickeln die Reisröllchen in Algenpapier. Fisch wird nach Tempura-Art frittiert und alles akkurat und appetitlich in kleinen Plastikboxen drapiert.
    Das Regal mit den Bento-Boxen ist über 20 Meter lang. Die Etiketten zeigen das Haltbarkeitsdatum nicht nur in Tagen, sondern sogar in Stunden! Eine weltweit wohl einmalige Regelung. Doch was passiert, wenn das Datum abgelaufen ist? Der Supermarkt-Direktor führt uns in das Lager, direkt nebenan.
    Ältere Frauen, alle in Blau gekleidet, holen hier die abgelaufenen Waren aus der Verpackung. Morgens wurden die Sushiröllchen noch fein säuberlich in die Plastikboxen gepackt, jetzt werden die Boxen wieder geöffnet und der Inhalt wird in eine blaue Mülltüte geschüttet. Alles wird fein säuberlich getrennt – im Müllraum gibt es 20 verschiedene Tonnen. Bei der Mülltrennung sind uns die Japaner weit voraus.
    Allerdings auch bei den Müllmengen, wie es scheint: »Ich denke, dass wir in Japan vor allem bei den verarbeiteten Produkten strenger als nötig sind«, sinniert der Supermarktleiter. »Die aufgedruckten Daten haben eine immer kürzere Laufzeit, obwohl es von der Hygiene her gar nicht nötig wäre.«
    Das ist auch ein logistisches Problem: »Unsere Produkte haben maximal zwei verschiedene Haltbarkeitsdaten. So können wir es leichter kontrollieren«, erklärt Hiroshi Goto. »Wenn neue Ware kommt, nehmen wir die Waren mit dem vorletzten Datum raus und werfen sie weg. So können wir sicher sein, dass wir keine abgelaufene Ware im Regal vergessen.«
    Dass dabei auch völlig einwandfreie Lebensmittel im Müll landen, findet er »Mottainai« – was für eine bedauerliche Verschwendung! Japaner haben von klein auf gelernt, jedes Reiskorn in der Schale aufzuessen. Auch der Buddhismus lehrt, nichts zu verschwenden. Und doch zwingt auch hier die Logik der modernen Industriegesellschaft zum tonnenweisen Wegwerfen.
    Die Müllsäcke werden täglich von einem Lkw abgeholt und zu einer Recyclingfabrik in einem Vorort gebracht. Ein einsamer Arbeiter sitzt am Eingang der Fabrikhalle und nimmt sich die noch unsortierten Müllsäcke vor. »Von diesen Säcken fallen hier vielleicht 50 bis 60 pro Tag an«, erzählt er uns, während er die Plastikboxen aufschlitzt und in eine Tonne leert. Masakutsu Kikuta macht sich seine eigenen Gedanken über die

Weitere Kostenlose Bücher